Neunter Teil unserer Reise von La Gomera über den mächtigen Atlantik nach Barbados vom 1. bis 17. Dezember 2007.
Samstag, 1. Dezember 2007: San Sebastian de La Gomera – Atlantik Etmal 70,8 sm, Gesamt 70,8 sm
Heute ist es nun so weit! Wir wagen das große Abenteuer und wagen uns hinaus auf den Atlantik. Doch nicht zu schnell. Erstmal schlafen wir schön aus und frühstücken in aller Ruhe. Anschließende kommen die beiden Andys (von Andy’s Motorenservice und von DiveArt) vorbei und lassen sich von uns für ihre erbrachten Leistungen entlohnen. Man soll ja schließlich nicht mit Schulden in die neue Welt aufbrechen. Dann füllt Axel noch schnell die Wassertanks mit Frischwasser bevor wir uns gemeinsam auf den Weg zum Markt machen. Im Schlepptau unsere Sackkarre und die große Klappkiste. Nach und nach wandern dort Äpfel, Zitronen, Birnen, Orangen, Mangos, Paprika, Möhren, Avocados, Kartoffeln, Champignons und Bananen hinein. Außerdem noch frisches Brötchen und Baguette, sowie ein paar „frische“ Zeitschriften für die Überfahrt. Auf dem Rückweg halten wir noch kurz beim Marinaoffice, wo wir unsere Ausklarierungformulare erhalten und die Hafengebühren bezahlen. Zurück an Bord werden die Einkäufe dann erstmal vorsichtig gewaschen und so von möglichen Plagegeistern, wie z.B. Kakerlakeneiern befreit. Dann wandern sie in Obst- und Gemüsenetze, die wir im Salon und in der Vorschiffskoje aufgehängt haben. Nebenbei bereite ich noch einen leckeren Brokkolisalat, den wir vor Abfahrt erstmal zur Stärkung einnehmen. Außerdem gelingt es mir heute die Internetseiten zu aktualisieren und den Newsletter zu verschicken. Ja, und dann sind wir irgendwann tatsächlich startklar. Um 14.15 Uhr lösen wir die Leinen und fahren aus dem Hafen hinaus. Nachdem alle Fender und Leinen verstaut sind, kommt das Segel heraus und wir versuchen ein wenig zu Segeln. Allerdings spielt der liebe Wind nicht ganz so mit, wie wir das gerne hätten. In der Accelerationzone von La Gomera geht es gerade noch so, aber im Windschatten der Insel läuft erstmal gar nix mehr. Wir müssen motoren. Na, dass fängt ja gut an! Da hilft auch der Schluck Sherry, den wir mal wieder an Rasmus, die alte Rübensau, opfern, wenig. Dafür werden wir mit dem Anblick von Dutzenden Pilotwalen entschädigt. In mehreren Gruppen schwimmen sie um das Boot herum und tauchen friedlich mal dicht bei uns, mal weiter entfernt auf und ab. Toll!!! Nur leider gelingt es mir mal wieder nicht ein Foto von den Tieren zu machen. Jede Menge Wasser oder wahlweise blauer Himmel landet auf dem Foto, aber kein einziger Wal. Irgendwann sind wir dann zum Glück aus dem Windschatten von La Gomera heraus und können bei schönen 5-6 Beaufort aus Nordnordost schön segeln. Hello World saust gerade zu in Richtung Süden voran. La Gomera und El Hierro bleiben so nach und nach im Abendlicht zurück. Parallel zu uns fahren auch einige andere Yachten in unsere Richtung. Im Abendlicht und der Dunkelheit sind sie gut zu sehen und halten zum Glück einigen Abstand zu uns. Zur Feier des Tages dürfen wir heute auch das erste Türchen an unserem „Haribo-Atlantikkalender“ öffnen. Eigentlich handelt es sich natürlich um einen stinknormalen Adventskalender, doch wir haben ihn einfach umgewidmet und dürfen nun für jeden Tag auf See ein Türchen öffnen. Mehr als 24 Tage dürfen wir dann natürlich nicht brauchen! Sonst müssen wir wieder umdrehen. Am Abend verspeisen wir noch ein paar Reste des Brokkolisalats und treten schließlich um 21 Uhr unser gewohntes Wachsystem an. Axel übernimmt die Wachen von 21 bis 24 Uhr und von 3 bis 6 Uhr, ich darf von 0 bis 3 Uhr und von 6 bis 9 Uhr ran. Übernachtet wird diesmal übrigens nicht in unserer Achterkabine, sondern im Salon. Dort haben wir zwischen Sofa und Tisch ein so genanntes Leesegel gespannt, so dass man dort bei jeder Lage sicher liegen kann. Trotzdem fällt es mal wieder nicht ganz so einfach in den Schlaf zu finden. Zu groß ist die Aufregung über den Beginn der Atlantiküberquerung und zu laut sind die ungewohnten Geräusche des Schiffes. Überall knarzt und klackt es, scheppert und dröhnt es. Die Dinge in den Schränke und Schapps müssen halt erstmal wieder ihre endgültige Lage finden und im Zweifelsfall mit Handtüchern und ähnlichem stumm geschaltet werden.
Axel opfert Rasmus einen Schluck Sherry, damit er uns guten Wind bringt
Sonntag, 2. Dezember 2007: Atlantik Etmal 185,4 sm, Gesamt 256,2 sm
Etwas unausgeschlafen löse ich Axel um Mitternacht ab und übernehme Hello World ohne große Vorkommnisse. Lediglich um 2.30 Uhr muss ich Axel vorzeitig wechseln, da der Wind immer östlicher gedreht hat und wir nun eher in Richtung Florida als auf die Kap Verden zu laufen. Da wollen wir nicht hin und so muss gehalst werden. Weiter geht es auf Steuerbordbug und ich darf mich um 3 Uhr in die Salonkoje verziehen. Diesmal klappt es mit dem Schlafen schon etwas besser. Die Müdigkeit ist einfach zu groß, als dass man sich noch um lästige Geräusche kümmern könnte. Um 6 Uhr morgens darf ich aber auch schon wieder raus aus den Federn und überlasse Axel das gut vorgewärmte Bett. Schon eine halbe Stunde später zeigt sich die erste Dämmerung am Horizont und bald kann ich einen wunderschönen Sonnenaufgang genießen. Als Axel schließlich gegen Neun aus der Koje gekrabbelt kommt, segeln wir mit schönen 8-9 kn bei herrlichem Sonnenwetter. Da heute Sonntag ist und man mit alten Traditionen bekanntlich nicht brechen soll, gibt es auch auf See heute ein Ei zum Frühstück. Außerdem zur Feier des Tage auch noch Brötchen mit Krabbensalat. Das sind allerdings auch schon die ganzen Highlights des Tages. Denn wirklich viel passiert heute nicht. Wir bemühen uns, uns an die Schiffsbewegungen zu gewöhnen, dösen im Cockpit, um ein wenig Schlafmangel auszugleichen, Lesen, versenden Emails per Funk und bringen schließlich auch noch unseren Schleppgenerator aus. Der macht allerdings mehr Lärm als Strom und wird die Hälfte der Zeit aus dem Wasser heraus gezogen. Wir sind einfach zu schnell! Macht ja im Prinzip auch nichts. So rückt schließlich Barbados in Riesenschritten näher. Obwohl sich das auf unserem Atlantikübersegler noch nicht so merken lässt. Winzig klein ist dort der Abstand zwischen La Gomera und unserer heutigen Mittagsposition. Und dass, obwohl wir zwischen 7 bis 9 kn segeln. Den Kurs halten wir derzeit bei 230°, also etwas westlicher als die Inselgruppe der Kap Verden. Dort wollen wir möglichst nicht zu nah heran kommen, da es in den letzten Tagen mal wieder Berichte über Flüchtlingsboote und Übergriffe auf Yachten gegeben hat. Wettertechnisch scheint der Passat jedenfalls auch hier bereits relativ stabil zu sein. Wir wollen entsprechend dem Wetterbericht noch bis ca. 22° Breite nach Süden segeln und dann den Kurs Richtung Westen auf Barbados absetzen. So dürften wir in den nächsten Tagen optimalen Wind haben und entsprechend schnell voran kommen. Am Nachmittag bekommen wir Besuch von einer Gruppe Delfine, die uns lustig springend über mehr als eine Stunde begleiten. Abends bereite ich uns heute mal einen Thunfisch-Reis-Salat, den wir direkt aus der Salatschüssel löffelnd im Cockpit einnehmen. Danach wird noch ein wenig versucht zu funken, bevor wir unseren allnächtlichen Wachrhythmus starten. Axel ist mal wieder als Erster dran und verbringt eine recht ruhige Wache.
Herrliches Passatsegeln
Montag, 3. Dezember 2007: Atlantik Etmal 186,2 sm, Gesamt 442,4 sm
Auch die weitere Nacht verläuft im großen und ganzen sehr ruhig und wir gewöhnen uns so langsam an den neuen Schlafrhythmus. Den Tag verbringen wir wieder mit Lesen, Dösen und Funken und schon ist es im Nu wieder Abend. Ziemlich langweilig eigentlich. Aber trotzdem kommt kein Gefühl der Langeweile auf. Wir genießen es einfach und von Hello World rasend schnell durch die Wellen segeln zu lassen. Natürlich holen wir auch heute wieder den aktuellen Wetterbericht per Funk ein. Schließlich wollen wir mitten auf dem Atlantik nicht irgendwelche Überraschungen erleben. Soweit sieht allerdings alles ganz gut aus. Für die nächsten Tage ist ein starker Passat vorhergesagt und wir können wohl tatsächlich schon Morgen auf Westkurs gehen. Außerdem entschließen wir uns den Schleppgenerator wieder einzuholen. Da er mehr Lärm macht, als Strom bringt, verzichten wir lieber erstmal auf seine Hilfe. Strom kommt zur Genüge auch aus den Solarpaneln und dem Windgenerator, ergänzt durch eine Stunde Dieselgeneratorlaufzeit pro Tag. Zum Abendessen gibt es heute mal vor gekochten Möhreneintopf. Die Wellen werden mit der Zeit immer höher und ich bin einigermaßen froh, dass ich heute mal nicht mit herumfliegendem Gemüse kämpfen muss. Anschließend lauscht Axel erstmals der Funkrunde von Southbound 2. Ein pensionierter Meteorologe aus Kanada hat es sich zur Aufgabe gemacht, uns Blauwassersegler mit fein abgestimmten Wetterinformationen zu versorgen. Und das Ganze auch noch kostenlos. Leider gelingt es Axel heute nicht einen Kontakt zu der Funkrunde herzustellen, so dass wir erstmal mit unseren eigenen Vorhersagen Vorlieb nehmen müssen. Ich verschwinde heute bereits um 19.30 Uhr in die Koje. Auch wenn man eigentlich nicht viel macht, ist so ein Tag auf See doch ganz schön anstrengend. Außerdem plagt mich meine Erkältung mal wieder etwas mehr. Husten und Nasennebenhöhlenbeschwerden wollen einfach nicht verschwinden. Axel übernimmt wie gewohnt die erste Wache und kann in Ruhe im Cockpit vor sich hin dösen.
Wir segeln der Nacht entgegen
Dienstag, 4. Dezember 2007: Atlantik Etmal 174,4 sm, Gesamt 616,8 sm
Zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens sitze ich im Cockpit, döse vor mich hin und schaue ab und zu mal in die Runde. Allerdings ist weit und breit kein anderes Schiff zu sehen. Das Schiff läuft recht ruhig und der Wind hat deutlich nachgelassen. So können wir die Genua wieder ausreffen und segeln wieder ein wenig schneller durch den Ozean. Axel übernimmt ab 3 Uhr die Wache und verbringt eine ebenso unaufregende Zeit. Er lässt mich freundlicherweise sogar bis 6.30 Uhr schlafen und ich kann etwas ausgeschlafener meine Wache übernehmen. Inzwischen hat sich der Wachrhythmus auch ganz gut eingespielt. Man ist zur gewünschten Zeit relativ wach und schläft in den dazwischen liegenden Stunden relativ schnell ein. Relativ bedeutet dabei, dass man auch während seiner Wache durchaus mehr döst, als wach ist. Lediglich alle 15 bis 20 Minuten wird kontrolliert, ob sich auch keine anderen Schiffe genähert haben. Relativ bedeutet auch, dass man sich beim Einschlafen immer noch auf die Geräusche des Schiffes erst einstellen muss. Es klappert und quietscht an den verschiedensten Stellen. Manches lässt sich durch gezielten Einsatz von Küchenpapier, Servietten und Handtüchern beseitigen, manches klappert einfach lästig weiter. Außerdem scheint sich in unserer Bilge eine ganze Basstrommel-Combo aufzuhalten. Die dort befindlichen Diesel- und Wassertanks verursachen durch die Bewegung der Flüssigkeiten gegen die Stahlwände eine derart laute Geräuschkulisse, die man einfach schwer ignorieren kann. Nach einer ruhigen Nacht, haben wir uns mal etwas besonderes zum Frühstück verdient. Es gibt Spiegelei auf Toast mit Speckwürfelchen. Letztere starten kurz vor Ablage des Eis auf ihnen allerdings einen ziemlich unverschämten Fluchtversuch und landen zu großen Teilen auf dem Fußboden. Mist! Aber so ist das halt an Bord. Was man nicht festhält, macht sich innerhalb kürzester Zeit von alleine auf die Reise. Bei vielen Dingen hilft der Einsatz von Anti-Rutsch-Matte, doch die Speckwürfelchen, die kann man derart natürlich nicht sichern. Nach dem Frühstück baumen wir unsere Genua an Backbord aus und setzen endlich Kurs ab auf Barbados. Nun laufen wir mit Kurs 260° „platt vorm Laken“, wie man so schön sagt. Dabei rollt das Schiff ganz schön von einer Seite auf die andere hin und her. Allerdings nicht ganz so schlimm, wie ich es mir bis dato vorgestellt hatte. Stabilisiert wird das Schiff nämlich zum Glück durch die ausgebaumte Genua. Das Wetter ist sonnig und warm. Am Himmel zeigen sich die typischen Passat-„Puff“-Wölkchen. Der Wetterbericht sagt für heute noch Ost 5-6 vorher, während es ab morgen voraussichtlich erstmal weniger Wind geben wird. Auf hoher See begegnen wir dann doch tatsächlich einer anderen Segelyacht. Wir stellen Funkkontakt über UKW mit dem Katamaran „Lady Dakar“ her, der sich auf dem Weg nach Martinique befindet. Das ist allerdings auch schon das einzig spannende, was den ganzen Tag über passiert. Am Abend will ich uns eigentlich ein leckeres Thunfischgulasch kochen, doch angesichts des leicht muffigen Geruchs und der zartgrünen Farbe des Thunfischfilets, wird es dann doch ein Gemüsegulasch. Da war wohl jemand etwas zu lange aus der Kühlung heraus. Egal, Gemüsegulasch schmeckt ja schließlich auch ganz gut. Auch heute versucht Axel mal wieder Kontakt zu Funkrunde Southbound 2 zu bekommen und schafft es diesmal auch. Er bekommt eine tolle Wetterberatung von Herb und wir können noch entspannter auf die Wetterentwicklung der nächsten Tage blicken. Die nächsten zwei Tage soll der Passat noch ordentlich stark wehen, danach flaut es dann angeblich ein wenig ab. Ich gehe auch heute wieder leicht angeschlagen früh ins Bett, werde allerdings gegen zwanzig nach Acht unsanft geweckt. Erst gibt es eine starke Krängung nach Backbord, dann einen lauten Knall und schließlich den Schrei „Mausbär, komm mal schnell hoch!“. Erschrocken stellen wir fest, dass unsere Genua wilde am Vorstag flattert und der Spibaum nicht mehr am Mast befestigt ist. Gesichert mit Rettungsweste und Lifebelt geht Axel aufs Vordeck und versucht den ganzen Kram zu klarieren. Dabei stellt er fest, dass die Glocke, mit der der Spinnakerbaum am Mast befestigt wird, einfach weg gebrochen zu sein scheint. Warum das bei relativ moderaten Bedingungen allerdings passiert ist, können wir nicht heraus finden. Das verbleibende Stück, welches wir noch an Bord finden, sieht jedenfalls etwas komisch aus. Das Metall hat zwei verschiedene Farbtöne in der Legierung und auch noch einen zweiten Riss. Wer weiß, ob da vielleicht ein Materialfehler vorliegt, oder ob einfach nur der Druck auf den Beschlag zu groß geworden war. Nachdem die Genua geborgen und der Spinnakerbaum sicher an der Reling festgelascht ist, fahren wir nun nur unter gerefftem Groß weiter. Auch so sind wir noch mit schönen 7 kn unterwegs. Allerding ist es ziemlich großer Mist, dass wir unseren Spinnakerbaum für den Rest der Atlantikpassage nicht mehr benutzen können. Nicht nur, dass wir so die Genua nicht mehr ausbaumen können, auch den Spinnaker können wir nun nur noch frei fliegend fahren. Nach diesem kleinen Zwischenfall lege ich mich wieder zurück in die Koje, kann aber nicht so recht mehr in den Schlaf hinein finden. Zu viele Gedanken schweben im Kopf herum.
Begegnung auf hoher See
Mittwoch, 5. Dezember 2007: Atlantik Etmal 165,4 sm, Gesamt 782,2 sm
Wie immer gibt es um Mitternacht den ersten Wachwechsel. Im Gegensatz zu den Vortagen schaffe ich es heute jedoch nicht zwischen meinen Rundumblicken ein wenig zu dösen. Wie gebannt starre ich stattdessen auf die Windanzeige, um nur keinen blöden Winddreher zu übersehen. Nachdem der Spinnakerbaum nicht mehr einsetzbar ist, schweben mir Bilder vom gebrochenen Großbaum im Kopf herum, die sich einfach nicht vertreiben lassen wollen. Ab drei Uhr ist Axel dann wieder dran und ich wälze mich erneut im Salon hin und her. Zu allem Überfluss macht sich meine gerade verdaute Erkältung wieder bemerkbar. Ich habe Probleme mit den Nasennebenhöhlen und mein Ohr tut weg. So ein Schiet aber auch! Umso mehr genieße ich es, dass Axel mich ein halbes Stündchen länger in der Koje liegen lässt und ich erst um 6.30 Uhr geweckt werde. So bin ich pünktlich zum Sonnenaufgang im Cockpit und kann das Farbspiel in allen Zügen genießen. Außerdem kommt mit der Sonne zum Glück auch ein wenig Wärme zurück. In der Nacht ist es nämlich ziemlich bitter kalt an Bord. Zwar messen wir auch nachts durchaus noch 25°C, doch durch die 20 kn Wind, die genau ins Cockpit stehen, kommt einem das Ganze vielleicht noch wie 19-20°C vor. So sitzen wir mit langen Hosen, Fleecejacken und Decken da. Außerdem haben wir uns so komische Tütchen an die Füße gebunden, von denen wir gar nicht mehr genau wussten, wozu man sie eigentlich braucht. Ich glaube sie heißen Schlocken, oder so. Die gibt es wohl auch noch als Großtütchen, welche dann Schlumpfhosen heißen. Oder erinnere ich mich da falsch? Auf jeden Fall ist es ein ungewohntes Gefühl an den Füßen. Aber wir waren ja auch von Anfang an auf der Wollsocken- und nicht der Barfußroute unterwegs, oder? Heute haben wir übrigens beschlossen mal unsere Bordzeit um eine Zeitzone zu ändern. Wir wechseln auf UTC-1, sind nun also zwei Stunden hinter der Zeit in Deutschland zurück. Insgesamt müssen wir vier Zeitzonen bis Barbados überbrücken, also etwa alle 15 Längengrade eine Stunde abziehen. Nachmittags haben wir mal wieder eine Begegnung auf hoher See. Der Tanker „Astro Challenge“ ist auf dem Weg nach Point Tupper (ja, gibt’s denn sowas?) in Kanada. Zu unserem Erschrecken sehen wir ihn zwar auf unserem Plotter mit seinem AIS-Signal, doch unser Radarwarner spricht überhaupt nicht auf ihn an. Wenn die dicken Pötte auf hoher See ihr Radar ausschalten, was nützen einem denn dann so tolle Dinge wie aktiver Radarreflektor und ein Radarwarner? Die Gefahr unbemerkt von so einem Frachter überlaufen zu werden, ist also nicht ganz von der Hand zu weisen. Da wir eigentlich immer gut Ausguck gehen, sollten wir dieser Gefahr eigentlich ausweichen können. Doch was machen Einhandsegler, die ja nicht 24 Stunden am Stück wach sein können, in solchen fällen? Außerdem haben wir noch einen netten Funkkontakt über UKW mit der Segelyacht „Blitz“. Sie ist ein paar Meilen hinter uns unterwegs und ebenfalls auf dem Weg nach Barbados. Allerdings rechnet man bei ihnen an Bord erst mit einer Ankunft dort um Weihnachten herum. Bei ihnen an Bord ist wohl alles ok, allerdings schleppt man bereits Leinen hinter sich her, um nicht allzu sehr ins surfen zu kommen. Außerdem berichtet man von einer aufgegebenen Yacht, die ein paar hundert Meilen vor uns im Weg treiben könnte. Wir markieren den Ort der Havarie auf unserer Seekarte und hoffen, dass wir ihr nicht allzu nahe kommen müssen. Der Wind weht derweil kräftig mit 5-6 Windstärken aus Ostsüdost. Vorsichtshalber reffen wir das Großsegel für die Nacht noch ein wenig mehr weg. Es ist ganz schön böig und die Wellenhöhe ist auch nicht zu unterschätzen. Hello World geigt dabei ganz schön und es ist ziemlich anstrengend sich an Bord zu bewegen. Da fehlt einfach das stützende ausgebaumte Vorsegel. Wir haben jedenfalls schon eine beträchtliche Anzahl blauer Flecken am Körper. Zum Abendessen serviere ich heute Hühnerfrikassee mit Reis, welches wir wie gewohnt im Cockpit einnehmen. Währenddessen verirrt sich doch tatsächlich der erste fliegende Fisch auf unser Deck und landet auf unserem Steuerbordseitendeck. Ich versuche noch ihn mit dem Pfannenwender wieder über Bord zu werfen, doch das Dummerle flieht stattdessen unter mein Kayak, wo sein Zappeln langsam weniger wird. Das hat er nun davon! Irgendwann kommt jedoch eine gnädige Welle und wäscht ihn wieder von Bord. Ob er bis dahin allerdings überlebt hat, wage ich einmal arg zu bezweifeln. Axel übernimmt schließlich um 21 Uhr die erste Wache, während ich mich hinab in den Salon begebe, um ein paar Stunden Schlaf zu ergattern.
Axel bereitet sich schon mal auf die Ankunft in Barbados vor
Donnerstag, 6. Dezember 2007: Atlantik Etmal 177,0 sm, Gesamt 959,2 sm
Um Mitternacht übernehme ich mal wieder die Wache. Leider ist das Etmal von gestern nicht ganz so gut wie gewohnt. Ohne Spibaum lies sich der gute Speed der letzten Tage einfach nicht halten. Der Wind ist nach wie vor ziemlich stark und böig und ich bin froh, als ich um 3 Uhr endlich wieder in die Salonkoje schlüpfen kann. Da heute Seemannssonntag ist, gibt es zum Frühstück natürlich mal wieder ein Ei. Dies ist allerdings gar nicht so einfach zu essen. Alles was nicht festgehalten wird, fliegt unaufhaltsam durch die Gegend. So auch Ei, Salz, Eierbecher und Löffel. Hier könnte man definitiv noch ein oder zwei Hände mehr gebrauchen. In unserem Atlantikkalender ist heute nicht wie sonst eine Tüte Gummibären oder sonstiges Haribozeug sondern ein kleiner, güldener Goldbärenpin enthalten. Na klar, es ist ja auch Nikolaus heute. Ansonsten hat das Stiefelrausstellen leider nicht viel gebracht. Wir waren wohl einfach zu weit weg für den Nikolaus. Auch tagsüber bleibt der Wind ziemlich stark und weht mit 6 bis 7 Beaufort aus Osten. Wir machen uns heute mal einen Spaß und telefonieren mit Judith und Sönke von der Hippopotamus per Iridium-Satellitentelefon. Die beiden sind ca. 600 sm vor uns und unterwegs nach St. Lucia. Wir bekommen von ihnen noch ein paar weitere Informationen über die verlassene Segelyacht. Außerdem gibt es noch zwei weitere Yachten, die ebenfalls hier in der Gegend herum treiben. Da wollen wir mal lieber einen weiten Abstand zu halten. Schließlich könnte eine Kollision mit einer anderen Yacht durchaus auch das Ende von Hello World bedeuten. Mittags macht Axel eine Avocado-Mojo und nimmt sie diesmal als Dip zu Möhrchen. Auch nicht unlecker und so gesund. Wir sausen derweil weiter durch die Wellen. Wir schätzen mal, dass die Wellen inzwischen durchaus eine Höhe von 4 bis 5 m erreichen. Ganz schön beeindruckend. Insbesondere wenn Hello World die Wellen hinab surft und dabei einen Geschwindigkeit von is zu 12,6 kn erreicht. Nur gut, dass wir so ein großes, schnelles Schiff haben. Für andere dürften die Bedingungen heute nicht mehr allzu schön sein. Leider stellen wir am Nachmittag fest, dass Ruderlager schon wieder undicht ist. So ein Mist! Axel schickt direkt eine Email an Herrn Mohr von Sunbeam mit der Bitte um Lösungsvorschläge. Auf jeden Fall muss Hello World wohl nun in Kürze noch mal aus dem Wasser, damit das Ruderlager erneut ausgetauscht werden kann. Außerdem geht es mir inzwischen leider gar nicht mehr so gut. Mein Husten quält mich inzwischen ziemlich und ich bin völlig abgeschlagen. Irgendwie einfach nur krank. Wahrscheinlich tragen Nachtwachen in der Kälte und die allgemeine Anstrengung an Bord nicht unbedingt dazu bei meine Erkältung auszukurieren. Abends wird dann auch noch das Wetter immer schlechter. Zusätzlich zu dem starken Grundwind haben wir nun auch noch so genannte Squalls, Schauerböen, die mit 35 bis 40 kn Wind über uns herfallen. Einzig erfreulich dabei ist, dass sich eine Gruppe Delfine einen großen Spaß daraus macht vor der surfenden Hello World hin und her zu flitzen. Hauptsache, die wissen, was sie da machen. Nicht das wir noch irgendwann einen springenden Delfin an Deck haben. Abends klinkt sich Axel mal wieder in das Funknetz von Southbound 2 ein. Allerdings kann uns Meteorologe Herb auch nur erzählen, dass voraussichtlich erst morgen Abend eine Wetterbesserung in Sicht ist. Zum Abendessen gibt es heute mal leckeres Pfirsichcurry. Allerdings habe ich absolut keinen Appetit und bekomme nur ein paar Bissen herunter. So reicht es wohl auch noch für ein zweites Mal. Da der Wind etwas östlicher zu drehen scheint, halsen wir im Anschluss noch auf Steuerbordbug. Danach bin ich allerdings völlig KO und begebe mich ohne Umwege in meine Koje. Dort Schlaf zu finden, ist allerdings eine fast unmögliche Sache. Durch die Halse fahren wir nun quer zu den Wellen und Hello World wird ziemlich hin- und hergeschaukelt. Ich kuller trotz Leesegel von einer Seite zur anderen und finde einfach keinen ruhigen (und erholsamen) Schlaf.
Axel bereitet Avocado-Mojo
Freitag, 7. Dezember 2007: Atlantik Etmal 167 sm, Gesamt 1.126,2 sm
Axel hält tapfer draußen aus und übernimmt auch meine Nachtwache mit, während ich hustend, schwitzend und gleichzeitig frierend in der Koje liege. So ein Mist aber auch. Die Erkältung hätte sich keinen besseren Zeitpunkt aussuchen können. Und dann muss Axel auch noch ziemlich heftige Schauerböen mit bis zu 40 kn Wind über sich ergehen lassen. Dazu gibt es einen horizontal fliegenden Platzregen, der jede Ecke vom Cockpit gut durchnässt. Hello World stören die Schauerböen zum Glück überhaupt nicht. Sie segelt einfach mit 10 kn schnurgeradeaus weiter. Was haben wir doch für ein gutes Schiff! Um 5.30 Uhr erlöse ich Axel endlich und übernehme die nächste Wache. Dank etwas zusätzlichem Schlaf und mit der Hilfe von ein paar Medikamenten geht es mit etwas besser als am Vorabend. So kann ich den herrlichen Sonnenaufgang auch entsprechend genießen. Das Wetter scheint auch wieder etwas stabiler zu sein. Auf jeden Fall sind den ganzen Vormittag keine Squalls weit und breit zu sehen. Heute führen wir auch mal wieder einen Zeitzonenwechsel durch. Wir stellen die Uhr auf UTC-2 und sind damit drei Stunden hinter der aktuellen Winterzeit in Deutschland zurück. Auf unserem Vordeck finden wir heute mal einen bereits ziemlich angetrockneten fliegenden Fisch. Der muss sich wohl in der Nacht an Deck verirrt haben. Axel gönnt sich schließlich noch eine Dusche auf dem Achterdeck. Ich lasse dies heute lieber mal bleiben, da ich nicht sicher bin, ob ich mich bei dem Geschwanke dort heute ordentlich festhalten könnte. Waschlappen und Seife tun es ja zur Not auch mal. Am Nachmittag kommen dann leider auch die ersten Squalls wieder in Sichtweite. Während die ersten zwar ordentlich Regen, aber kaum Wind mit sich bringen, haben wir gegen 18 Uhr mal wieder 6-7 Windstärken mit Böen von 35 kn. Angesichts dessen beschäftigen wir uns daher beständig mit Segelreffen, bergen und setzen. Abends gibt es noch mal die Reste vom gestrigen Pfirsichcurry. Axel hört sich im Anschluss noch die Wetterfunkrunde von Southbound 2 an, während ich mich auch heute wieder ziemlich früh in die Koje begebe. Auch wenn die Erkältung inzwischen deutlich besser geworden ist, bin ich doch noch ziemlich mitgenommen. Lange darf ich dort allerdings nicht liegen bleiben, denn die nächste Squallarmada nähert sich und wir müssen die Segel mal wieder reffen. Schließlich fahren wir nur noch unter Groß mit ersten Reff und lassen die Schauer über uns ergehen. Plötzlich gibt es jedoch einen lauten Knall und unser Baum steigt ein wenig. Ein Blick ins Rigg zeigt, dass die Befestigung unseres Baumniederholers am Großbaum abgebrochen ist. Massives Metall hat sich hier einfach mal eben in seine Einzelteile zerlegt. Wie kann das nur angehen? Auf jeden Fall bergen wir nun lieber erstmal das Groß und segeln schließlich unter gereffter Genua weiter.
Fliegenden Fisch gefunden
Samstag, 8. Dezember 2007: Atlantik Etmal 152 sm, Gesamt 1.278,2 sm
Um Mitternacht übernehme ich heute wieder die Wache von Axel. Ich bin zwar aber immer noch ziemlich groggy, aber zwei Nächte Dauerwache kann ich Axel nun auch nicht zumuten. Der Schlaf unter Deck war bisher nicht sehr erholsam, da Hello World unter Genua ziemlich rollt. Das hat was von Hardcore-Schiffschaukeling. Zum Glück hat sich das Wetter wieder etwas beruhigt und ich brauche keine Squalls über mich ergehen lassen. Der Rest der Nacht vergeht entsprechend ruhig und mit der normalen Wachroutine. Bei 5-6 Windstärken aus Ostsüdost fahren wir den ganzen Tag nur unter Genua. Ich liege die meiste Zeit in der Koje und versuche endlich wieder gesund zu werden. Axel passt derweil draußen auf und überlegt sich eine Lösung für die Reparatur des Niederholers. Ohne Reparatur wird es nämlich schwierig auf Vorwind- oder Raumschotskursen mit dem Groß zu segeln. Und die Aussicht bis Barbados nur unter Genuar zu fahren, ist nun wirklich nicht die Schönste. Abends wärmen wir uns einen leckeren Schnittbohneneintopf auf und löffeln ihn im Cockpit aus großen Tassen heraus. Tiefe Teller oder Schälchen kommen heute nicht in Frage. Da würde der Eintopf im Nu heraus geflogen kommen. Anschließend hört Axel wie immer Herb von Southbound 2 zu. Angeblich soll der Wind nun bald weniger werden und endlich auf Nordost drehen. Aber das sagt Herb nun auch schon seit ein paar Tagen. Und wir haben trotzdem immer Ostsüdostwind mit 5-7 Beaufort. Wo bleibt nur endlich der berühmte Nordost-Passat? Axel beginnt mal wieder mit der ersten Wache, während ich versuche mich in der Koje in den Schlaf rollen zu lassen.
Axel hört bei der Wetterfunkrunde „Southbound 2“ rein
Sonntag, 9. Dezember 2007: Atlantik Etmal 142,2 sm, Gesamt 1.420,4 sm
Meine Wache von 0 bis 3 verläuft so ziemlich ereignislos. Erst Axel hat wieder mit ein paar Regenschauern zu kämpfen, diesmal allerdings zum Glück ohne viel Wind. Der Morgen bringt schließlich einen ziemlich bewölkten Himmel und etwas nachlassenden Wind. Schon vor dem Frühstück repariert Axel notdürftig mit einem Stück Festmacher unseren Niederholer. Nun können wir das Groß wieder setzen, auch wenn wir uns zunächst nur trauen es gerefft zu fahren. Außerdem setzen wir bei östlichen Winden um 3-4 zusätzlich etwas Genua und können so mit schönen 7-8 kn segeln. Anschließend gibt es ein leckeres Frühstück mit Sonntagsei und Joghurt. Zur Feier des Tages gönnen wir uns auch mal wieder eine Dusche auf dem Achterdeck. Denn immerhin können wir heute Bergfest feiern. Es gibt ein Gläschen Sekt im Cockpit und unser Käpt’n Blaubär darf auch mal wieder ein wenig Frischluft schnuppern. Die Hälfte der Strecke nach Barbados liegt nun hinter uns. Allerdings sind wir inzwischen ziemlich langsam unterwegs. Zwar können wir inzwischen das Groß wieder nutzen, aber eigentlich müsste man zusätzlich noch die Genua dazu ausbaumen. Den Spinnaker trauen wir uns angesichts der grauen Wolkenwand hinter uns nicht zu setzen. Außerdem weht der Wind auch schon wieder bei 5-6 Bft. aus Ostsüdost. Daher bergen wir schließlich auch wieder die Genua und segeln wieder nur unter gerefftem Groß. Der Speed ist dabei mit 6-7 kn noch annehmbar, doch der Kurs bringt uns viel zu weit südlich von unserer Idealkurslinie. Abends gibt es heute mal Fertigware, nämlich Hähnchennuggets mit Erbs-Wurz-Gemüse. Im Gegensatz zu der selbst gekochten Tiefkühlkost, schmecken die Nuggets allerdings ziemlich widerlich. Formfleisch der übelsten Art! Man sollte doch lieber selber kochen. Nach der obligatorischen Funkrunde mit Herb von Southbound 2 gehe ich mal wieder früh ins Bett, während Axel seine erste Wache aufnimmt.
Brit, Käpt’n Blaubär und Axel feiern Bergfest
Montag, 10. Dezember 2007: Atlantik Etmal 165,9 sm, Gesamt 1.586,3 sm
Die Nacht verläuft ruhig, es gibt keine Squalls oder ähnliche Überraschungen. Der Himmel ist sternenklar und wir können uns kaum satt sehen an den vielen Sternen am Himmel. Nur der Mond lässt sich derzeit nicht blicken. Ich sehe einige Sternschnuppen und wünsche mir ruhiges Wetter, keine weiteren Schäden und eine baldige Ankunft auf Barbados. Vielleicht hilft das ja. Um 6 Uhr früh halsen wir auf Backbordbug und können nun Barbados mit Kurs 270° fast anlegen. Gegen 9 Uhr nehmen wir ein leckeres Frühstück bei schönem Sonnenschein im Cockpit ein. So langsam wird es endlich wärmer! Im Anschluss erfolgt die Reparatur des Tages. Unser Herd/Backofen droht sich an der linken Seite aus der Halterung zu lösen und heraus zu fallen. Da dies im Zweifelsfall nicht nur einen immensen Schaden an unserer Inneneinrichtung, sondern auch zu Verbrennungen und Verbrühungen bei uns selbst führen könnte, muss hier dringend eine Lösung her. Wir bauen das gute Stück erstmal vorsichtig aus und stellen es gut abgepolstert auf dem Küchenfußboden ab. Dann nimmt sich Axel die Halterung mit ein wenig Pattex Powerkleber vor und setzt das gute Stück wieder fest ein. Das sollte auf jeden Fall bis zum Ende der Atlantiküberquerung halten. Nach ein paar Stunden trocknen lassen, setzen wir den Herd schließlich wieder an seinen gewohnten Platz zurück. Hello World segelt derweil bei östlichen Winden um 5-6 Beaufort unter gerefftem Groß mit 6-7 kn in Richtung Westen. Mittags holen wir mal wieder unsere Funkemails ab und freuen uns über die vielen Nachrichten. Einige sind auch von Yachten, die relativ parallel zu uns unterwegs sind. So ist die Hippopotamus mit Judith und Sönke an Bord bereits bis auf 600 sm an St. Lucia heran gekommen. Die Baros von Wolfgang ist etwa 150 sm südlich von uns und ebenfalls wie wir auf dem Weg nach Barbados. Außerdem stehen wir noch mit Manfred Schöchl von Sunbeam in Kontakt, der sich um unsere Probleme mit den Beschlägen und dem Ruderlager nun persönlich kümmert. Nachmittags telefoniert Axel noch mit Wolfgang von der Baros via Iridium-Satellitentelefon. Von Iridium zu Iridium ist das zum Glück gar nicht so teuer, so dass man sich den Spaß schon mal erlauben kann. Außerdem gönnt er sich noch einen Kurzanruf bei seinen Eltern zu Hause. Da gehen für drei Sätze aber auch schon mal locker 10 Euro bei drauf. Ansonsten verleben wir einen ruhigen, sonnigen Tag. Abends schaut Axel wie immer bei seiner Wetterfunkrunde vorbei, während ich in der Zwischenzeit Rote Bohnen-Kartoffel-Salat als Abendessen bereite. Der schmeckt auf jeden Fall viel, viel besser als das Dosenzeug von gestern. Wie gewohnt verschwinde ich dann um 20 Uhr mal wieder in meine Koje, während Axel sich für die erste Nachtwache rüstet.
Axel repariert die Herdhalterung
Dienstag, 11. Dezember 2007: Atlantik Etmal 161,3 sm, Gesamt 1.747,6 sm
Auch heute sind in meiner 0-3 Wache wieder haufenweise Sterne am Himmel zu sehen. Auch Sternschnuppen sind wieder unterwegs und so wird mein Wunschzettel auch langsam abgearbeitet. Außerdem passiert uns in der Zeit ein Frachter in 15 sm Entfernung, der auf dem Weg nach New York ist. Axel muss ich heute ausnahmsweise schon einmal 15 Minuten früher wecken, da pünktlich zum Wachwechsel mal wieder ein Squall aufzieht. Er bringt neben viel Regen auch wieder 35 kn Wind und wir sitzen die Geschichte lieber gemeinsam im Cockpit aus. Hello World stört der Squall mal wieder wenig. Sie beschleunigt einfach ein wenig das Tempo und fährt ansonsten einfach geradeaus weiter. Nach dem Squall ist wie üblich der Wind weg und kommt außerdem noch aus der falschen Richtung. Aber nach einer halben Stunde ist wieder alles wie vorher. Axel hält bis 6 Uhr morgens durch und ich übernehme im Anschluss wieder. Schnell geht die Sonne auf und der Wind nimmt von 5 auf 6 Beaufort zu. Hello World läuft nun mit direktem Kurs auf Barbados und 7-8 kn Geschwindigkeit. Und das immer noch nur unter gerefftem Groß. Heute haben wir mal wieder eine besondere Marke erreicht. Es sind nur noch weniger als 1.000 sm bis Barbados! Wir haben nach wie vor schönes Wetter mit viel Sonnenschein und nur leichter Bewölkung. Heute gönnen wir uns auch mal wieder eine Dusche auf dem Achterdeck. Dabei muss man sich allerdings ganz schön gut festhalten. Aber die Aussicht aus unserem „Badezimmer“ und die Erfrischung sind einfach einmalig. Danach rufen wir wie üblich unsere Emails und die aktuellen Wetterdaten ab. Der Wetterbericht sagt für die nächsten Tage Wind aus Ost bis Nordost mit 20-25 kn voraus. Also schein alles beim Alten zu bleiben. Wenn das bis zum Wochenende durchhält, haben wir vielleicht doch noch eine schnelle Reise. Unsere ETA – Estimated Time of Arrival – liegt auf jeden Fall zur Zeit bei irgendwann zwischen Sonntag und Montag. Mittags gibt es die Reste vom gestrigen Salat und den Nachmittag verbringen wir mit wohligem Herumgedöse im Cockpit. Während Axel sich mal wieder seiner Wetterfunkrunde widmet, ziehen hinter uns leider dicke Wolkenberge auf. Der erste Squall erreicht uns denn auch am frühen Abend und bringt uns einen Winddreher auf Südost. Wir reffen und entreffen munter unser Groß und schaffen es in der Zwischenzeit auch noch ein wenig Zitronenhähnchen mit Schafskäse zu essen. Allerdings ist es viel zu sauer und schmeckt uns diesmal nicht wirklich gut. Vielleicht ist es durch das Einfrieren und wieder Auftauen so sauer geworden? Beim Kochen schmeckte es jedenfalls noch ganz gut. Zwischendurch müssen wir auch noch den Gasfernschalter in der Backbordbackskiste ausbauen. Der scheint schon wieder kaputt zu sein. Und dabei hatten wir den doch erst auf Lanzarote neu eingebaut. Vielleicht hängt das ja mit unserer Funkanlage zusammen? Axel übernimmt wie üblich die erste Wache und darf sich mit weiterem Regen und Schauerböen herum ärgern. Das Schiff rollt dabei durch eine quer stehende See übel hin und her. Unter Deck ist es nicht möglich in den Schlaf zu kommen. Man wird hin und her gerollt, es scheppert und kracht in den Schränken und man fühlt sich wie in der Trommel einer Waschmaschine. Erst Waschen, dann schleudern und pünktlich um Mitternacht bin ich fertig und kann raus.
So sehen Squalls auf dem Radar aus! Das lilafarbene ist Regen.
Mittwoch, 12. Dezember 2007: Atlantik Etmal 160,9 sm, Gesamt 1.908,5 sm
Meine heutige Mitternachtswache verläuft sehr unruhig. Ständig dreht der Wind und der Kurs muss angepasst werden. Wir fahren inzwischen 290° und sind damit also wieder auf dem Weg nach Norden. Fast die ganze Strecke Süd, die wir gestern gemacht haben, geht dabei leider drauf. Axel übernimmt um 3 Uhr genauso unausgeschlafen wie ich zuvor. Ich versuche noch einmal einen Schonwaschgang und schaffe es tatsächlich um viertel vor sechs ein wenig einzuschlafen. So weckt mich Axel allerdings um sechs genau in der Tiefschlafphase und inmitten eines Traumes. Da fällt es unheimlich schwer ganz wach zu werden. Es sind auch immer noch Squalls unterwegs und der Wind weht weiterhin aus der falschen Richtung. Aber immerhin geht die Sonne langsam auf. Gegen 7.30 Uhr dreht der Wind endlich wieder auf Ost und wir können auf den alten Kurs zurück gehen. Mit 7 kn sind wir dabei auch gut unterwegs. Beim Frühstück im Cockpit sehen wir Beide allerdings ziemlich müde aus. Anschließend werden mal wieder Emails gecheckt, Wetterdaten abgeholt und Emails beantwortet. Wolfgang von der Baros hatte anscheinend eine noch schlimmere Nacht als wir. Die Hippos dagegen hatten „die“ perfekte Nacht überhaupt. So kann’s gehen! Ich schreibe mal wieder an unserem Internetlogbuch und trage die Mittagsposition in unseren Übersegler ein. So langsam kommt darauf endlich die Karibik näher. Immerhin sind wir schon beim Mittelatlantischen Rücken angekommen. Auch nachmittags quält uns heute wieder ein Squall nach dem anderen. Dabei haben wir zusätzlich mit Winddrehern um bis zu 90° zu kämpfen. Abends lässt sich Axel wie immer mit den neusten Wetterdaten von Herb versorgen. Danach gibt es dann leckere mediterrane Gemüsepfanne mit Putenstreifen. Gegen 20 Uhr haben wir einen netten UKW-Funkkontakt mit der Segelyacht „Jaywalker“, die ebenfalls auf dem Weg nach Barbados ist. Außerdem meldet sich der Frachter Celestian auf dem Weg nach Antigua und bittet seine Hilfe an, falls wir irgendetwas benötigen. Kurz danach verschwinde ich mal wieder in meine Koje. Doch bevor ich richtig einschlafen kann, bekommen wir plötzlich Probleme mit unserem Autopiloten. Er schaltet sich immer wieder von alleine ab und lässt das Schiff steuerlos in den Wind schießen. Bei 6 Windstärken und einer ziemlich hohen Welle ist das nicht wirklich gut. Zunächst lässt er sich danach immer wieder einschalten, doch schließlich versagt er ganz seinen Dienst. Damit erfüllt sich eines der Horrorszenarios, die man nie, nie im Leben haben will. Erst wollen wir es natürlich nicht wahr haben, reden uns ein, dass der Motor vielleicht nur ein wenig überhitzt ist, dass es gleich schon wieder alles funktionieren wird. Doch mit der Zeit wird klar, dass wir ein ernsthaftes Problem haben. Der Autopilot ist kaputt und bleibt es auch. Eine Lösung muss schnellst möglich her! Wir bergen zunächst einmal das Großsegel und setzen nur einen ganz kleine Zipfel Genua. So verringern wir die Geschwindigkeit und können Hello World etwas leichter von Hand durch die Wellen steuern. Zunächst steuert Axel eine Zeitlang, was nicht ganz leicht ist bei den durchziehenden Squalls mit Starkwind und waagerecht fliegendem Regen. Zum Glück haben wir alle möglichen Ersatzteile für den Autopiloten an Bord, so dass wir eigentlich in der Lage sein sollten, ihn auf hoher See wieder in Gang zu bekommen. Ich begebe mich daher in unserer Steuerbordkabine auf die Suche nach dem Ersatzcomputer, da uns am wahrscheinlichsten scheint, dass dieser kaputt gegangen ist.
Kaum ist das Obst alle, wird die Hängematte auch schon neu besetzt
Donnerstag, 13. Dezember 2007: Atlantik Etmal 139,4 sm, Gesamt 2.047,9 sm
Erstaunlich, wie in solchen Situationen die Zeit dahin zu fliegen scheint. Inzwischen ist Mitternacht vorbei und ich übernehme das Steuer. Nachdem ich mich eine Weile an das ungewohnte Steuern in der Dunkelheit gewöhnt habe, baut Axel schließlich den alten Computer aus und den Neuen wieder ein. Währenddessen muss ich Hello World nur nach Kompass und ohne Blick auf die Windinstrumente steuern, da die Instrumente für den Umbau abgeschaltet werden müssen. Winddreher kann ich so nur herausfinden, indem ich auf die veränderten Umgebungsgeräusche achte. Wenn das Bimini anfängt zu klappern, fällt der Wind vorlicher ein, fängt der Windgenerator an zu sausen, war das mal wieder eine Böe. Der Umbau des Computers ist außerdem mit einem gewissen Risiko verbunden. Eigentlich muss das Gerät nämlich erst umständlich im Hafen und bei einer ruhigen Fahrt angelernt werden. Aber vielleicht funktioniert es ja auch ohne diesen ganzen Firlefanz. Schließlich ist das neue Gerät angeschlossen und ich drücke die Auto-Taste am Autopiloten. Es zeigt sich jedoch keinerlei Reaktion. Der verdammte Autopilot funktioniert immer noch nicht wieder. So ein Sch…!!! Also ist vielleicht doch der Motor vom Autopiloten kaputt? Der sollte doch eigentlich einer der besten und stabilsten überhaupt sein. Jeder hatte uns abgeraten dieses Teil als Ersatz mit an Bord zu nehmen, da es angeblich nie kaputt geht und vor allem schweineteuer ist. Doch zum Glück haben wir uns davon nicht beirren lassen und haben auch den Motor als Ersatzteil mit an Bord. Während Axel wieder das Steuer übernimmt, grabe ich das Teil aus unserer Steuerbordkabine hervor. Der Motor ist natürlich ganz unter untergebracht und ich bin schweißgebadet, als ich ihn endlich unter den ganzen Kästen hervor gezaubert habe. In den nächsten Stunden versucht Axel den alten Motor auszubauen, aber daran scheitert es dann auch bereits. Nachdem alle Befestigungsschrauben gelöst sind, lässt sich das Ding einfach nicht von der Antriebswelle ziehen. Selbst der Einsatz von Hammer, Schraubenzieher und Kuhfuß bringen nichts. Um 4.45 Uhr sind wir schließlich so kaputt und fertig, dass wir uns entschließen beizudrehen. Bei diesem Manöver unter backstehender Genua und offenem Groß liegt das Schiff erstmal relativ stabil und ruhig. Die Squalls pfeifen uns derweil weiter um die Ohren. Wenn’s schon kommt, dann gleich Dicke. Wir sind inzwischen ziemlich verzweifelt und wissen nicht mehr, was wir noch tun sollen. Wir haben noch ca. fünf Tage bis nach Barbados. Können wir die tatsächlich zu Zweit durchsteuern? Wie soll das gehen? Wie lange kann man am Stück steuern? Die Aussicht ist ziemlich erdrückend. Wir müssen eine andere Lösung finden! Irgendwie muss das Ding sich doch austauschen lassen. Erst einmal hilft es aber nichts, wir müssen uns erstmal ein wenig erholen. Nach zwei Stunden Erholung segeln wir schließlich weiter. Es dämmert bereits und so wird das Steuern ein wenig leichter. Bevor wir weitersegeln, schickt Axel noch schnell eine Email an Manfred Schöchl mit der Bitte um Hilfe. Dann steuert er die nächste zwei Stunden, während ich im Salon ein wenig schlafen kann. Um 8.30 gibt es erstmal einen Kaffee zur Aufmunterung. Unser sonntägliches Frühstücksei fällt dagegen heute leider aus. Dann rufen wir per Satellitentelefon bei Sunbeam in Mattsee und erreichen auf diese Weise schließlich Manfred Schöchl. Es folgt eine tolle „Rettungsaktion“ per Satellitentelefon und Funkemail. Am Ende gelingt es Axel endlich mit Hilfe eines Tricks den alten Motor auszubauen. Doch schon folgt der nächste Schock. Die Verbindungsstücke von altem und neuem Motor sind nicht identisch. Was nun? Wieder gibt es telefonische Hilfe von Schöchl. Die Verbindungsstücke können ausgetauscht werden. Dazu müssen allerdings die beiden Motoren erst einmal komplett auseinander genommen werden. Während ich bei schönem Sonnenschein und nicht allzu starkem Wind im Cockpit sitze und steuere, verwandelt Axel unser Salonsofa in Werkbank. Überall woanders würden die Sachen bei dem heftigen Geschaukel einfach nur herumfliegen. Schließlich gelingt es ihm die Teile auszutauschen und den neuen Motor passend für die Antriebswelle wieder zusammen zu bauen. Schweißgebadet und mit etlichen neuen blauen Flecken versehen, vermeldet er schließlich den Abschluss der Einbauarbeiten an unserem neuen Autopilotenmotor. Nach knapp drei Stunden steuern am Stück bin ich inzwischen auch ziemlich fertig. Umso zittriger bin ich, als ich erneut den Auto-Knopf drücke. Wir starren beide gebannt auf das Steuerrad und siehe da, es beginnt sich wie von Geisterhand zu drehen. Der neue Motor arbeitet! Die Spannung der letzten Stunden fällt nun gnadenlos von uns ab. Wir können es kaum glauben und sind fix und fertig mit den Nerven. Mir laufen die Freudentränen die Wangen hinunter und Axel ist einfach nur noch sprachlos. Die Alternative von fünf Tagen Dauersteuern, wäre schon ziemlich hart geworden. Aber wahrscheinlich hätte man das auch irgendwie bewältigen können. Zur Not hätte man halt jede Nacht für ein paar Stunden beidrehen müssen, um an den notwendigen Schlaf und etwas Erholung zu kommen. Nun heißt es erstmal ein wenig Schlaf nachholen. Während Axel im Cockpit döst, liege ich im Salon und schlafe tief und fest. Nach zwei Stunden darf Axel in die vorgewärmte Koje und ich döse im Cockpit weiter. Zwischendurch spülen wir auch noch ein wenig von der Müdigkeit mit einer erfrischenden Dusche ab. Allerdings diesmal nicht im großen Außenbadezimmer, sondern sicherheitstechnisch lieber drinnen. Den Rest des Tages ist nicht viel mit uns anzufangen. Selbst zum Kochen oder Essen sind wir zu müde. Trotzdem halten wir an unserem alten Wachsystem fest. Axel übernimmt ab 20 Uhr und verbringt eine eigentlich ruhige Wache. Allerdings schläft er dabei wohl tief und fest ein und wird erst durch den Sturz von der Cockpitbank auf den Boden etwas schmerzhaft geweckt.
Brit als Ersatz-Autopilot
Freitag, 14. Dezember 2007: Atlantik Etmal 167,3 sm, Gesamt 2.215,2 sm
Ich habe inzwischen gut Schlaf nachgeholt und kann um Mitternacht relativ ausgeruht meine Wache beginnen. Die ersten anderthalb Stunden kann ich dabei auch schön im Wechsel dösen und Ausguck halten. Dann jedoch ziehen mal wieder Squalls hinter uns auf, die zum Glück aber heute mal nur wenig Wind und kaum Regen mit sich bringen. Als Axel um drei Uhr dran ist, haben sie sich auch schon wieder verzogen. Während Axels Wache passiert mal wieder gar nichts und erst als ich um 6 Uhr wieder übernehme, kommen aus die Squalls wieder. Diesmal bringen sie zur Abwechslung mal viel Wind und dafür keinen Tropfen Regen. Während ich vor ein paar Tagen noch unheimlich Schiss vor diesen Begegnungen hatte, kann mich so was jetzt überhaupt nicht mehr aufregen. Morgens um 9 Uhr gibt es mal wieder ein leckeres Frühstück im Cockpit. Ausnahmsweise heute auch mal mit Frühstücksei. Das haben wir uns verdient! Danach kommen wie üblich die Funkemails und unser Positionsbericht an die Reihe. Der Wind weht derweil mit 5-6 Beaufort aus Ost. Leider könenn wir so Barbados immer noch nicht direkt ansteuern. Ohne Spibaum und ausgebaumte Genua ist es uns einfach nicht möglich direkt vor dem Wind zu steuern. So müssen wir vor dem Wind kreuzen und unsere Strecke wird dadurch deutlich länger. Heute machen wir daher eine gute Strecke nach Süden, aber nur sehr wenig nach Westen gut. Insgesamt ist es ein herrlicher Segeltag. So könnte es eigentlich immer sein! Nachmittags widmet sich Axel mal wieder der Funkrunde Southbound 2 mit unserem Freund Herb. Ab Sonntag soll der Wind nun endlich weniger werden. Da sind wir ja mal gespannt! Bisher warten wir eigentlich vergeblich auf weniger Wind und vor allem Wind aus Nordost. Abends wärme ich uns Provenzialischen Fischtopf auf. Sehr lecker! Nur gut, dass ich so viel vorgekocht habe. Das Kochen bei dem derzeit herrschenden Geschwanke und Geschaukle wäre wirklich ganz schön anstrengend. Anschließend schleichen sich mal wieder ein paar abendliche Squalls an, die sich aber nicht weiter tragisch auswirken. Ich verschwinde wie gewohnt um 20 Uhr in die Koje und Axel tritt seine Wache im Cockpit an.
Gut gesichert schläft es sich besser
Samstag, 15. Dezember 2007: Atlantik Etmal 168,3 sm, Gesamt 2.383,5 sm
Die Nacht verläuft erfreulicherweise angenehm ruhig. Keine anderen Schiffe, keine Squalls, keine Winddreher, keine Aufregung. Nur ein paar Sternschnuppen kann ich heute mal wieder beobachten. Doch wünschen tue ich mir diesmal lieber nichts mehr. Bei den letzten Wünschen ist das Ganze jedenfalls irgendwie fürchterlich nach hinten los gegangen. Vielleicht klappt das mit der Wunscherfüllung ja auch nur bei den europäischen Sternschnuppen. Morgens um 6.30 Uhr halsen wir auf Backbordbug und können nun Barbados bei Kurs 275° bis auf knapp 5° anliegen. Wir setzen das Groß voll und bergen die Genua bei schwächer werdendem Wind. Allerdings ist unserer provisorischen Niederholerhalterung diese Belastung dann doch zu groß und sie reißt mit einem lauten Knall. Inzwischen wissen wir ja aber, wie sich so etwas schnell wieder beheben lässt. Axel nimmt eine neue Leine und flux ist unser Niederholer wieder einigermaßen einsatzbereit. Leider bekommen wir den Baum damit jedoch nicht so weit nieder geholt, wie es mit dem Original machbar war. Der Baum steigt daher zu hoch und das Segel ist im oberen Bereich viel zu offen. So wickelt es sich nach vorne um die Salinge und schlägt viel zu häufig dagegen. Nicht sehr Material schonend leider. Wir luven also ein wenig an und schonen das Segel dadurch ein wenig mehr. Bei schönen 5-6 Windstärken aus Ost saust Hello World nun wieder mit 7-8 kn durch den Atlantik. Barbados kommt immer näher! Auch ansonsten können wir uns über den Segeltag nicht im mindesten beschweren. Die Sonne scheint, es ist 28°C warm und der Wind kommt auch immerhin fast aus der richtigen Richtung. Nachmittags entdecken wir auch noch eine andere Segelyacht am Horizont. Wir nehmen Funkkontakt per UKW mit ihr auf, allerdings erweist sich der Italiener am anderen Ende der Leitung als nichts sehr gesprächsfreudig. Außerdem kreuzt noch ein riesiger Tanker unseren Weg, bleibt aber mit 10 sm Abstand schön auf Distanz. Zu Axels großer Enttäuschung gibt es heute ausnahmsweise mal keine Wetterfunkrunde mit Herb. Der hat doch tatsächlich seit ungefähr 20 Jahren heute seinen ersten freien Tag! Zum Abendessen bereiten wir uns heute einmal asiatisches Erdnusshähnchen. Danach plaudern wir noch ein wenig im Cockpit, genießen den warmen Dezemberabend und bewundern den Mond, der sich nach tagelanger Abstinenz heute endlich mal wieder hell strahlend am Himmel zeigt. Schließlich verziehe ich mich wie gewohnt in die Koje und träume einen ziemlich komischen Traum. Irgendwas mit Blaubär und Midatlantic Hilton. Aber schau doch einfach mal beim Käpt’n Blaubär vorbei, um zu lesen, was ich so geträumt habe.
Antritt zur Wache
Sonntag, 16. Dezember 2007: Atlantik Etmal 184,2 sm, Gesamt 2.567,7 sm
Schon wieder eine ruhige Nacht! Da kann man sich ja regelrecht dran gewöhnen. Nur das lästige Geschwanke ist heute mal wieder besonders arg. Entsprechend wenig Schlaf bekommen wir während unserer wachfreien Zeiten. Da heute Sonntag ist, gibt es zum Frühstück mal wieder ein Ei. Und zwar die Letzten! Nun müssen wir aber auch bald da sein. Es geht ja schließlich nicht, dass wir am nächste Dienstag auf unser Frühstücksei verzichten müssten. Auch die Obstvorräte haben sich inzwischen bedrohlich dem Ende genähert. Die letzten vier Orangen wandern nachmittags in unsere Mägen. Nun droht womöglich Skorbut oder Schlimmeres!? Aber Barbados nähert sich zum Glück auch mit riesigen Schritten. Der Wind tut außerdem sein Bestes, um uns möglichst schnell dorthin zu bringen. Statt wie vorhergesagt endlich mal nachzulassen, weht er heute allerdings mal wieder kräftig mit 6-7 Windstärken. Wir fahren mit Kurs 275° immer noch relativ gut auf Barbados zu und brauchen den ganzen Tag über nichts an Segelstellung, Segelfläche oder ähnlichem zu verändern. Lediglich ein paar Fliegende Fische verlangen danach vom Deck abgesammelt zu werden. Ansonsten haben wir einen ruhigen Tag und können uns von der schaukeligen Nacht erholen. Nach Herbs Wetterfunkrunde und leckerem Chili con carne wechseln wir mal wieder den Bug und fahren eine Halse. Nun können wir mit 250° die Südspitze von Barbados ansteuern. Danach ist auch schon wieder Bettzeit angesagt.
Chili con Carne
Montag, 17. Dezember 2007: Atlantik – Bridgetown/Barbados Etmal 166,4 sm, Gesamt 2.734,1 sm
Ja, man kann sich wirklich dran gewöhnen. Jetzt wo wir fast da sind, beschert uns der Atlantik perfektes Segelwetter. Ausreichend Wind, keine Squalls und herrlicher Sonnenschein. Unsere Nachtwachen verlaufen ereignislos und wir sind am Morgen entsprechend relativ gut ausgeruht. Einzig unsere Amateurfunkantenne verlangt heute nach einem Einsatz. Sie hat sich klammheimlich aus ihrer Halterung gelöst und läst sich nun gemächlich durchs Wasser mitschleppen. Das wirkt sich natürlich nicht wirklich positiv auf unsere Funkübertragungsraten aus. Also muss sie wieder aus dem Wasser gefischt und provisorisch an ihrer Halterung fest gelascht werden. Kein fünf Minuten Sache. Bei östlichen Winden von anfangs 5-6 Beaufort auf nachmittags abnehmend 4 Beaufort, segeln wir unaufhaltsam auf Barbados zu. Wir haben uns entschlossen die Insel von Süden her anzulaufen. Hier gibt es zwar ein relativ gefährliches, da sehr langes Riff, doch mit genügend Abstand sollte das kein Problem für uns geben. Um 17.30 Uhr ist dann nach 16 Tagen endlich soweit: Land in Sicht! Erst schemenhaft, dann immer deutlicher erscheint am Horizont eine Insel. Was für ein Moment! Doch es dauert noch bis 21.30 Uhr, bis wir endlich tatsächlich auf Barbados angekommen sind. Wir nehmen Funkkontakt zu den Hafenbehörden auf und werden gebeten im Tiefwasserhafen festzumachen. Das ist allerdings gar nicht so einfach, da die Kaimauer recht hoch und außerdem noch durch einige dicke Abweiseplatten geschützt ist. Doch an Land steht schon Hilfe bereit und so machen wir direkt vor dem Customsgebäude fest. Axel verschwindet mit unseren Papieren an Land und ich fange schon mal an das Schiff zu klarieren. Unter anderem wandern erst einmal 5 Säcke Müll an Deck, die sich während der letzten Tage angesammelt haben. Zum Glück kann Axel sie auch direkt entsorgen, so dass wir sie später nicht erst mühsam mit dem Schlauchboot durch die Gegend kutschieren müssen. Nach einer knappen Stunde ist Axel durch die Einklarierungsformalitäten durch und wir dürfen nun auch offiziell den Boden von Barbados betreten. Da der Tiefwasserhafen definitiv nicht für einen längeren Aufenthalt geeignet ist, lösen wir schnell unsere Leinen und fahren ein Stück zurück in die Carlisle Bay. Hier liegt bereits Wolfgang mit der Baros, der uns freundlicherweise über Funk und mit Lichtsignalen zu seinem Ankerplatz lotst. Schließlich fällt der Anker auf 15 m Wassertiefe und wir sind glücklich und froh endlich angekommen zu sein. Und auch wenn es inzwischen schon ziemlich spät ist, darf jetzt natürlich ein Glas Champagner nicht fehlen. So sitzen wir noch eine Weile mit Moet Chandon im Cockpit und lassen die Fahrt Revue passieren. Trotz der Probleme die wir hatten, muss man sagen, dass es eigentlich Spaß gemacht hat. Man braucht zwar eine Weile, um sich an die Bedingungen auf dem Ozean zu gewöhnen. Doch am Ende könnte man tatsächlich immer so weiter segeln. Mit unserer Reisezeit sind wir eigentlich auch sehr zufrieden. Eigentlich deshalb, weil wir mit funktionierendem Spinnakerbaum und Niederholer sicherlich noch ein bis zwei Tage früher hätten da sein können. Doch hätte und wenn hilft bekanntlich wenig. In 16 Tagen 11 Stunden und 15 Minuten von San Sebastian de la Gomera nach Bridgetown/Barbados zu segeln, ist sicherlich nicht die schlechteste Zeit. Und damit liegen wir auch genau in den 15 bis 18 Tagen, die wir vor Beginn der Reise geschätzt hatten. Abgesehen von den paar technischen Ausfällen muss man außerdem sagen, dass sich Hello World hervorragend bewährt hat. Wir hatten nie und zu keiner Zeit das Gefühl, dass wir uns auf unser Schiff nicht verlassen könnten. Jede noch so hohe Welle, jede noch so starke Böe hat Hello World meisterhaft pariert. Vielen Dank an dieser Stelle noch einmal an Manfred Schöchl und das Team von Sunbeam Yachten. Erstens für den Bau dieses stabilen Schiffes und zweitens für die unkomplizierte Hilfe, die sie uns mitten auf dem Atlantik zur Verfügung gestellt haben. Die nächsten Tage freuen wir uns jetzt erstmal auf die Erkundigung von Barbados. Natürlich an Land und auch unter Wasser.
Letzter Sonnenaufgang der Atlantiküberquerung