Donnerstag, 27. Juli 2006: Lulea – Mellerstön 28,2 sm
Nachdem wir vormittags noch einmal den nahen Supermarkt nutzen um unsere Bordvorräte wieder auszustocken. Außerdem wird noch schnell die Bordwaschmaschine – eine umfunktioniere Plastikkiste – gefüllt und kann so beim Schaukeln des Bootes für saubere Wäsche sorgen. Irgendwie waren uns doch tatsächlich die Unterhosen ausgegangen. Dann geht es weiter Richtung Süden. Obwohl der Wetterbericht einen dazu passenden Nordwestwind angesagt hat, weht es mit 4 Windstärken aus Süd. Das passt so gar nicht zu unserer Route. Wir fahren innerhalb der Schären und können wegen der links und rechts liegenden Steine nicht wirklich kreuzen. Also bleibt mal wieder nur motoren. Da wir heute mal wieder Ankern wollen, wird auch die Wahl des Ankerplatzes schwierig. Bleibt jetzt der Wind aus Süd, oder dreht er doch noch wie angesagt auf Nord? Am Ende entscheiden wir uns dem aktuellen Wind zu vertrauen und gehen vor der Insel Mellerstön in einer wunderbar geschützten Bucht vor Anker. Traumhaft! Wir haben diese Idylle ganz für uns alleine und machen mit dem Schlauchboot einen kurzen Ausflug auf die Insel. Weit kommt man zwar nicht, aber es gibt alles was man so braucht. Sauna, Trocken-WC und Grillplatz. Der Rest der Insel bleibt wild bewuchert und somit für uns unzugänglich. Wir gehen wieder an Bord und werfen mal wieder den Bordgrill an. Während wir so vor uns hin grillen, wird es auf einmal voll in „unserer“ Bucht. Am Ende liegen sechs schwedische Boote an dem kleinen Steg und bevölkern Sauna und Grillplatz. Scheint sich wohl rum gesprochen zu haben, dass es hier ganz nett ist.
Freitag, 28. Juli 2006: Mellerstön – Bjuröklubb 58,1 sm
Bevor der Anker auf geht, nehmen wir noch schnell die letzte Wäsche von der Leine. Alles ist vom Schaukeln auf See schön sauber geworden und von dem leichten Wind gut getrocknet. Beim Heraufholen des Ankers stellen wir dann fest, dass der Grund unserer Bucht scheinbar mit einer ganz hartnäckigen Seegrasart bewachsen ist. Wir haben einen dicken Klumpen am Anker hängen, den wir nur unter Zuhilfenahme eines Messers abbekommen. Da auch heute wieder Südwind herrscht, obwohl der Wetterbericht was von Nord bis Nordwest redet, entscheiden wir uns heute außerhalb der Schären entlang zu fahren. So müssen wir zwar auch ein Stück motoren, können aber den Großteil der Reise unter Segeln zurück legen. Für heute haben wir uns die Halbinsel Bjuröklubb als Ziel ausgesucht. Hier soll es einen schönen Anleger mit 4 m Wassertiefe, eine alte Wetterstation, ein Leuchtfeuer und natürlich die obligatorische Sauna geben. Irgendwie ist es auch mal wieder ein gutes Gefühl ins „Büro“ zu gehen. Jedenfalls ist Axel den ganzen Tag nicht davon abzubringen abends in den „Büroklub“ zu gehen. Als wir am Hafen ankommen, zeigt sich jedoch, dass die Wassertiefe im Hafenführer wohl erstens etwas zu großzügig angegeben wurde und zweitens für unsere Hafenwahl auch kaum entscheidend ist. Der Hafen ist kurz gesagt „niedlich“. Er ist bereits mit zwei kleinen Yachten überfüllt und wir schaffen es mit unserem Tiefgang noch nicht mal bis zur Einfahrt. Davon abgesehen würden wir wohl auch in der Einfahrt einfach stecken bleiben. Na gut, dann holen wir halt einfach wieder den Anker raus. Auf der Seekarte sind zwei unerklärliche Punkte m Wasser eingezeichnet, die in der Realität jedoch keine Entsprechung finden. Wir halten uns von beiden frei und legen uns einfach dazwischen vor Anker. Am Abend schauen wir uns Achim Reichel auf DVD an, genießen einen spektakulären Sonnenuntergang und finden das Leben einfach nur toll. Leider ist es in den letzten Tagen empfindlich kalt geworden. Tagsüber erreichen wir gerade mal 16,5°C und das Wasser lädt auch nicht mehr wirklich zum Baden ein. Nur gut, dass trotz allem die Sonne dabei scheint.
Samstag, 29. Juli 2006: Bjuröklubb – Ratan 40,4 sm
Während Axel noch schnell mit dem Schlauchboot an Land fährt, widme ich mich den täglichen Abwasch- und Aufräumarbeiten. Auf Bjuröklubb soll erstens unser Müll entsorgt werden und zweitens möchte Axel noch die Wetterstation und das Leuchtfeuer erkundigen. Das dabei drittens natürlich auch noch ein paar schöne Fotos gemacht werden, versteht sich ja wohl von selbst. Wir sind heute extra früh aufgestanden, damit wir in unserem ausgewählten Zielhafen mal wieder schön essen gehen können. In Ratan soll es einen netten Gasthof geben und außerdem haben wir auch Hoffnung dort unseren Wassertank mal wieder auffüllen zu können. Seit Vaasa und der letzten Füllung ist ja doch schon eine Woche vergangen und irgendwann sind auch 750 l einmal geleert. So machen wir uns denn nach Axels Rückkehr schnell daran den Anker aufzuholen um bereits um 10 Uhr die Segel setzen zu können. Doch Pustekuchen! Wie üblich bediene ich die Ankerwinsch am Bug und Axel steht am Steuer. Doch noch bevor unsere 12 m Marke an der Kette erscheint, gibt die Ankerwinsch auf. Nicht das sie kaputt wäre. Nein, sie schafft es den Bug tatsächlich so weit unter Wasser zu ziehen, dass die Entwässerungsauslässe vom Ankerkasten unter Wasser kommen. Wir haben also ein Problem! Irgendetwas hängt an unserem Anker und wir bekommen ihn nicht mehr an Bord. Vorwärtsfahren, Rückwärtsfahren, Aufholen, Ablassen. All das hilft nichts! Das Ding sitzt fest. Da hilft nur noch die Tauchausrüstung. Während Axel sich in sein Neopren schmeißt, suche ich alle notwendigen Sachen zusammen. Mit Hilfe unseres Tiefschnorchelgerätes FreeDiver geht Axel dann auf Tiefe. Doch leider scheint das Ding heute nicht richtig zu funktionieren. Axel bekommt schon nach wenigen Atemzügen keine Luft mehr geliefert und kann nur kurze Zeit unter Wasser bleiben. Das einzige was er herausfindet, ist dass der Anker bis zum Schaft eingegraben ist. Dabei lässt er sich jedoch leicht hin und her bewegen. Ein Stein kann es also schon mal nicht sein, der uns am Weiterfahren hindert. Aber was sollte das auch für ein Stein sein, der 20 t Schiff unter Wasser ziehen kann? Bleibt also nur noch ein Kabel oder eine Ankerkette in die wir uns verfangen haben könnten. Nur, was tun? Während Axel zum wiederholten Male unter Wasser verschwindet, fährt hinter uns ein Schlauchboot entlang. Eine Gruppe Taucher kehrt vom Wracktauchen zurück. Das wäre doch eine Lösung. Die können sicher lange genug unter Wasser bleiben und unseren Anker befreien. Kaum ist Axel wieder oben, wird das Schlauchboot klar gemacht und fährt den Tauchern hinterher. Die sind auch willens und bereit uns zu helfen und kommen direkt mit angefahren. Ein Taucher geht ins Wasser und bastelt etwa 20 Minuten am Anker herum. Als er wieder herauf kommt, hat sich die Lage leider auch nicht verbessert. Der Anker scheint sich in einer anderen Ankerkette verfangen zu haben. Dabei hat er sich wohl derart verfangen und verhakt, dass er kaum noch zu retten scheint. Nun wissen wir auch nicht mehr weiter. Hilft eigentlich nur noch der Wantenschneider. Doch die Taucher geben noch nicht so schnell auf. Der Schlauchbootskipper will noch einmal mit einem anderen Taucher zurück kommen. Der erste Taucher muss leider erstmal die vorgeschriebene Pause machen. Während wir an Bord sitzen und auf die Rückkehr unserer Retter warten, sinkt die Stimmung. Wenn wir den Anker aufgeben müssen, können wir die schönen Ankertage erstmal abhaken. So schnell bekommen wir wohl keinen neuen Bügelanker. Wir haben es ja bisher noch nicht mal geschafft einen geeigneten Heckanker zu finden. Wie sollen wir da einen großen Hauptanker bekommen? Zwar haben wir noch einen Zweitanker an Bord, doch der lässt sich nicht in unserer Ankervorrichtung fahren. Die Gefahr sich Schäden im Rumpf einzuhandeln, wenn der Anker über oder an Bord geholt werden würde, wären groß. Doch schließlich kommen unsere Taucherfreunde wieder zurück. Wir diskutieren kurz die Möglichkeiten und nach ein paar kurzen Tauchgängen haben wir schließlich eine Tripleine am Anker befestigt. Unser Zweitanker wird ausgebracht, um den Druck von der Kette des Hauptankers zu nehmen. Nun gibt unser Tauchschlauchbootkapitän Gas und zieht den Anker an der Tripleine nach vorne unter der Kette heraus und wir sind nach 2 1/2 Stunden endlich frei!!! Wir wissen gar nicht, wie wir uns bei unseren Rettern bedanken sollen und spenden schließlich 200 Euro und eine Palette Becks Bier. Damit sind die Taucher glücklich und wir noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen. Man muss schon richtig Glück im Unglück haben, wenn man den Anker unter einer faustdicken Kette zu liegen hat, in mitten der schwedischen Einsamkeit liegt und dann eine Gruppe Taucher vorbei kommt! Vom „Büro“ haben wir jedenfalls erstmal wieder die Schnauze voll. Da gehen wir doch wirklich lieber segeln als uns mit alten Hinterlassenschaften herum zu ärgern. Weiter geht es also wieder Richtung Süden. Heute kommt der Wind auch endlich mal aus der vorhergesagten Richtung, nämlich aus Nordost und wir können schön vor dem Wind segeln. Die Genua wird ausgebaumt und das Groß mit einer Bullentalje gesichert. So kommen wir um acht Uhr doch endlich noch in Ratan an. Die Freude ist groß, als wir hier auch noch einen schönen Längsseitsliegeplatz bekommen. Strom und Wasser gibt es auch noch. Was für ein herrlicher Hafen. Das wir auch noch inmitten schwedischer Holzhausidylle liegen, bessert den Tag doch erheblich auf. Am Abend kommen auch unsere Taucher mit ihrem Boot im Hafen an und wir unterhalten uns noch ein wenig über Tauchen im allgemeinen und die Rettung von Ankern im besonderen.
Sonntag, 30. Juli 2006: Ratan 0 sm
Nach dem Stress von gestern gönnen wir uns heute mal wieder einen Hafentag. Wir wollen uns den Restaurantbesuch einfach nicht nehmen lassen und außerdem verspricht die Schäre Rataskär einen interessanten Landausflug. Rataskär liegt unserem Liegeplatz gegenüber und war seinerzeit ein großer Handelshafen. Hier gab es eine Zollstation, Lotsen und ein Leuchtfeuer. Alle Waren wurden hier erstmal von den Schiffen entladen, eingelagert, gezählt und schließlich verzollt. Die Lotsen waren nicht nur für die sichere Ankunft der Schiffe zuständig, sondern jagten gleichzeitig auch die zahlreich vorhandenen Schmuggler. Auf der Schäre befinden sich außerdem noch Reste von Fischerdörfern von vor mehreren tausend Jahren. Erhalten geblieben sind außerdem einige Steinlabyrinthe, mit denen die Menschen vor Urzeiten die Götter bestechen wollten und gute Fangergebnisse erbaten. Wir fahren mit dem Schlauchboot rüber und erkunden die Insel zu Fuß. Ein zwar gut beschilderter, nichts desto trotz sehr eingewucherter Wanderweg führt von einer Sehenswürdigkeit zu nächsten. Überall stehen Schilder mit Erklärungen. Am Ende kommen wir an einer alten Wasserstandsmarke aus dem Jahre 1774 vorbei. Die Marke befindet sich bestimmt 2 m über dem heutigen Meeresspiegel und zeigt deutlich das Ergebnis der Landhebung an. Nach dem Abschmelzen der Gletscher aus der letzten Eiszeit ist ein großer Druck vom Land genommen und nun hebt es sich langsam – etwa 0,9 cm pro Jahr – wieder an. Da kommt in zweihundert Jahren schon so einiges zusammen. Während wir so über die Insel streunen, wird unsere Bordwäsche in der Servicestation für Gästesegler mal wieder so richtig rein gewaschen. Gegen Einwurf kleiner Münzen (4 x 5 Kronen um genau zu sein) können wir die öffentliche Waschmaschine benutzen. Nur der Trockner versagt leider seinen Dienst, so dass wir nach unserer Rückkehr von der Schäre mal wieder eine Wäscheleine auf dem Vorschiff spannen müssen. Doch dank der schönen Sonne und dem leichten Wind wird alles bis zum Abend schön trocken. Heute können wir uns auch den ersehnten Besuch im Restaurant Tullgarden erfüllen. Hier genießen wir leckeren Fisch und Schweinefilet und sind dabei quasi die einzigen Gäste. Die Bedienung spricht deutsch und ist eigentlich Geographielehrer. Er hilft hier nur bei Freunden aus. Das merkt man zwar auch ein wenig am ungeübten Service, doch die Freundlichkeit macht das auch gleich wieder gut. Zurück an Bord wird noch schnell das Deck gewaschen, Staub gesaugt und gebügelt. So sind wir dann wieder völlig rein und sauber, die Tanks und Batterien gut gefüllt. Nun können wir auch wieder eine Woche ohne Zivilisation auskommen.
Montag, 31. Juli 2006: Ratan – Norrbyskär 45,7 sm
Nach einem schnellen Müslifrühstück machen wir uns heute mal wie geplant früh auf den Weg. Leider herrscht bleierne Flaute und wir müssen bis halb zwei die Dieselgenua bemühen. Danach kommt wenigstens etwas Wind auf und wir schleichen zunächst mit 4-5 kn dahin. Dabei kommt der Wind freundlicherweise aus Südost und wir können einen schönen Anlieger fahren. Für heute haben wir uns die Insel Norrbyskär als Ziel ausgesucht. Im Buch „Auszeit unter Segeln“ wurde sie empfohlen und auch ein Prospekt, den wir in Ratan gefunden haben, verspricht ein interessantes Ziel. Kurz nach fünf erreichen wir dann auch den Hafen, der scheinbar gerade in dieser Saison neu gemacht wurde. Vor uns liegt ein neuer Schwimmsteg mit brandneuen, noch teilweise mit Verpackungsmaterial versehenen Heckbojen. Wir legen als zweites Schiff neben dem deutschen „Seefalken“ an und machen uns direkt auf den Weg zum Inselrundgang. Norrbyskär beherbergte früher das größte Holzsägewerk Schwedens und die Überreste davon sind auch heute noch an allen Ecken und Enden zu sehen. Überall am Wasser liegen riesige Holzstapel und befinden sich Überreste von stabilen Verladepiers. Unser Steg befindet sich direkt vor dem örtlichen Hotel und Restaurant, welches früher das Haus des Sägewerksverwalters war. Zu dem Komplex gehörte auch eine eigene Kegelbahn, die auch heute noch besichtigt werden kann. Aufgrund des hohen Alters von über hundert Jahren, wird hier jedoch nur noch zu ganz besonderen Anlässen gekegelt. Das örtliche Inselmuseum hat leider schon geschlossen, so dass wir nicht mehr über die bewegte Geschichte des Insel erfahren können. Zurück an Bord werfen wir mal wieder den Grill an, genießen die Abendsonne im Cockpit und trinken dazu ein Gläschen Wein.
Dienstag, 1. August 2006: Norrbyskär – Trysunda 49,8 sm
Heute wollen wir gleich zwei Tipps von Charly und Gesche nachgehen. Erstens befindet sich unweit von Norrbyskär eine Schäre mit Robben und zweiten wollen wir an der Höga Kusten das Örtchen Trysunda besuchen. Beides sind laut Charly „ein unbedingtes Muss“. Da auch heute wieder Flaute herrscht, motoren wir erstmal die knapp 10 sm bis zur Robbenschäre. Axel will eigentlich schon wieder abdrehen, da aus einer halben Meile Entfernung noch keine einzige Robbe zu sehen ist. Doch je näher wir an die Felsen heran kommen, desto mehr Robben werden sichtbar. Schließlich wimmelt es im Wasser nur noch so vor planschenden Tieren. Wir fahren langsam und mit gutem Abstand um das Inselchen herum und schießen ein Foto nach dem anderen. Die Robben lassen sich dabei keineswegs von uns aus dem Konzept bringen. Einige sind sogar ganz mutig und kommen bis auf 10 m an uns heran geschwommen. Derweil hat auch der Wind etwas aufgefrischt und wir können nach diesem ersten Erlebnis die Segel setzen. Da es auch heute nicht mehr als 2-3 Windstärken sind, mühen wir uns ein wenig in Richtung Trysunda. Als wir 10 sm vor der Insel dann wieder in der altbekannten Flaute sitzen, muss der Motor wieder ran. Leider muss es woanders mächtig geweht haben, denn es steht eine ekelige Dünung quer zu unserem Kurs. So werden wir ganz schön hin und her geschaukelt. Am Ende lohnt jedoch das Ziel die Anreise tausendfach. Charly und Gesche haben uns nicht zu viel versprochen. Trysunda ist „das“ idyllische, schwedische Örtchen schlechthin. Wir ergattern einen schönen Liegeplatz vor Heckanker und sind mal wieder größtes Schiff im Hafen. Hello World wird von allen bestaunt und von allen Seiten beguckt. Wir machen mal wieder einen Inselrundgang und bestaunen unsererseits die netten Häuser in Schwedenrot. Die rote Farbe muss so etwas wie Glückshormone enthalten. Jedenfalls kommt man nicht umhin bei dem Anblick der roten Holzhäuser in der Abendsonne glücklich zu sein. Mit unseren Nachbarn kommen wir anschließend ins Gespräch und unterhalten uns nett über Schweden, Weltumsegeln und das Leben allgemein.
Mittwoch, 2. August 2006: Trysunda – Mjältön 10,1 sm
Nach einem weiteren Inselrundgang zu dem feinen Sandstrand im Westen und den tollen Kieselsteinstrand im Osten, geht es weiter an der Höga Kusten entlang. Für heute steht mit Mjältön ein weiterer Geheimtipp von Charly auf dem Programm. Die Insel Mjältön ist mit 236 m Höhe über dem Meeresspiegel nicht nur die höchste Insel der Ostsee, sie bietet außerdem noch eine lauschige Ankerbucht inmitten hoher bewaldeter Hänge. Nach einem kurzen Seeschlag erreichen wir früh nachmittags die Bucht. Die dort vorhandenen Schwimmstege sind schon gut gefüllt und wir hängen uns schließlich in die Mitte der Bucht vor Anker. Bei dem herrlichen Sommersonnenwetter bleiben uns heute nur noch drei Möglichkeiten: Baden, Sonnen und Grillen. Zu weiteren Schandtaten können wir uns nicht mehr aufraffen, so dass die Gummisau heute erstmal nicht zum Einsatz kommt.
Donnerstag, 3. August 2006: Mjältön – Ulvön – Bönhamn 14,5 sm
Schon vor acht Uhr morgens geht es heute los. Wir lassen das Beiboot zu Wasser und paddeln an Land. Ganze 2,1 km sind bis zum Gipfel von Mjältön zurück zu legen. Schließlich können wir diese Insel nicht verlassen, ohne einmal auf der höchsten Insel der Ostsee gewesen zu sein und einen Stein oben auf gelegt zu haben. Der Weg führt erst über wunderbar weichen Waldboden, geht jedoch dann ziemlich schnell in felsigen Untergrund über. Wir kraxeln was das Zeug hält und sind trotz der frühen Tageszeit schon bald ziemlich verschwitzt. Als Segler ist man ja bekanntlich kein Fußgänger und alpine Anforderungen sind wir schon mal gar nicht gewohnt. Am Ende erreichen wir nach etwa einer Stunde den Gipfel und genießen die herrliche Aussicht auf das unter uns ausgebreitete Inselreich. Natürlich legen wir auch unsere mitgebrachten Steine auf den bereits ziemlich hohen Steinhaufen. Auf dem Weg nach unten machen wir noch schnell einen Abstecher zu einer kleinen Grotte. Schon erstaunlich, dass die Landhebung es geschafft hat eine Meereshöhle auf 200 m über den Meeresboden anzuheben! Zurück an Bord geht es erstmal zur Erfrischung ins Wasser. Das tut gut! Wir holen den Anker auf und machen uns auf das kurze Stück nach Ulvön. Hier wollen wir versuchen ein wenig Geld zu bekommen. Irgendwie sind uns doch tatsächlich die Schwedenkronen ausgegangen. Wir legen mit Hello World direkt vor einem Restaurant an und haben so ziemlich viele Zuschauer bei unserem Manöver. Doch zum Glück klappt alles wie geplant und Hello World liegt sicher an der Heckboje fest. Wir machen uns auf den Weg in die „City“, müssen jedoch bald feststellen, dass es hier keine Geldautomaten gibt. Doch freundlicherweise ist man im örtlichen Hotel bereit uns auf Kreditkarte einige Scheine zu verkaufen. Schnell noch ein Bummel zum Lebensmittelladen auf der anderen Seite des Örtchens und schon geht es wieder weiter. Wir bummeln die nächsten 10 sm bis nach Bönhamn nur unter Genua ab und erwischen auch hier mal wieder einen netten Liegeplatz vor Heckanker. Bönhamn sieht mal wieder aus wie das „typische, schwedische“ Fischerdörfchen. Es gibt ausreichend Platz für uns Yachties und auch noch zwei nette Cafes. Wir genießen die weiterhin sommerlichen Temperaturen an Bord und gehen abends in Arnes Sjöbod mal wieder zur Abwechslung aushäusig essen. Mit 95 Punkten hat dieses schnuckelige, wenn auch recht einfache Restaurant als Bestes bei der Bewertung der schwedischen Segler abgeschlossen. Und wir können diesem Urteil nur zustimmen. Während Axel leckeren mit Feta gefüllten Lachs verspeist, genieße ich einen Eintopf mit Krabben, Fisch und Miesmuscheln. Lecker!!! Anschließend beobachten wir noch ein wenig das Treiben im Hafen und fallen schließlich bereits um 22:30 Uhr in die Kojen. Der Gang auf den Gipfel von Mjältön war doch irgendwie recht anstrengend 😉
Freitag, 4. August 2006: Bönhamn – Härnösand 27,6 sm
Heute schlafen wir mal so richtig schön wieder aus. Immerhin ist ja auch Sonntag! Ach ne, eigentlich ja erst Freitag. Macht aber nichts! Nach sonnigem Frühstück im Cockpit legen wir aus dem wunderschönen Bönhamn ab und fahren weiter nach Süden. Die tägliche Flaute löst sich zum Glück bald auf und wir segeln bei Südost 3 wunderbar am Wind. Nur ein kleiner Kreuzschlag tut Not und schon haben wir nach vier Stunden unser Tagesziel Härnösand erreicht. Beim Einlaufen weisen uns freundliche Motorbootfahrer einen Platz zu, der eigentlich für Seetaxis reserviert ist. Wenn wir nicht länger als zwei Tage bleiben, könnten wir da ruhig liegen. Gemacht getan und so liegen wir schön längsseits statt vor Heckanker. Der obligatorische Gang ins Stadtzentrum bringt uns einen gut gefüllten Rucksack mit Proviant und die Erkenntnis, dass es im gegenüber liegenden Hotel endlich mal wieder mal einen Internetanschluss gibt. Für 24 Stunden surfen im Glück werden wir zwar umgerechnet 12 Euro los, aber so können wir wenigstens endlich mal diese Seiten aktualisieren. Da Ihr Euch ja inzwischen auch bis hier durch gearbeitet habt, wisst Ihr ja, wie schwer es in den letzten Wochen war einen Internetanschluss zu finden. Hoffentlich wird das besser, je weiter wir nach Süden kommen. Ansonsten bitten wir hiermit jetzt schon mal um Entschuldigung, falls es mal wieder etwas länger dauert, mit den Berichten. Ach ja, und die Fotos sind keineswegs retuschiert oder nachbearbeitet. Wir haben tatsächlich irgendwie immer Sonnenwetter. Aber in Deutschland scheint es diesen Sommer ja auch nicht allzu schlecht zu sein. Nach zwei Stunden Internetten kochen wir uns am Abend dann noch ein schönes 3-Gänge-Menü. Gestartet wird mit einer kleinen Tapas-Platte, danach gibt es Hähnchenbrustfilet auf Kräutertomaten und zum Abschluss Vanille-Eis mit lauwarmen Cognac-Pflaumen. Dazu ein netter Sonnenuntergang, was will man mehr? Außer natürlich, dass wir heute eigentlich auch gerne in Bremen gewesen wären. So verpassen wir leider Hedis Geburtstagsfeier. Herzlichen Glückwunsch noch mal an dieser Stelle! Telefonisch war leider kein Durchkommen.
Samstag, 5. August 2006: Härnösand – Mellanfjärden 54,6 sm
Während ich morgens noch mal schnell im Hotel nebenan meine Emails checke und die neusten Bilder ins Internet stelle, bringt Axel das Schiff auf Vordermann. Die Wassertanks werden gefüllt, Müll entsorgt und einige Ringsplinte abgetapet. Als ich zurück komme, sitzt er allerdings fröhlich klönend mit dem Schweizer Pärchen von der „Johanna“ an Deck und bräunt sich dabei den Pelz. Die beiden haben Probleme mit ihrem Motor und wollen noch einen Tag in Härnösand bleiben. Mal schauen, ob wir sie noch mal wieder treffen. Immerhin haben wir irgendwie ja doch den gleichen Weg nach Süden. Schließlich machen wir uns dann doch endlich auf den Weg. Leider können wir dabei nicht den schmalen Sund zwischen Härnö und Festland nehmen. Durch die zwei Klappbrücken wären wir zwar durch gekommen, doch auf halber Strecke hat irgend jemand ein Stromkabel in 20 m Höhe gespannt. Da wollen wir uns lieber nicht mit anlegen. Bei ca. 25 m Masthöhe könnte man zwar eventuell an der Seite noch durchkommen, aber wer will das schon riskieren. So geht es außen entlang und auf die offene See hinaus. Der Wind will heute natürlich mal wieder nicht so wie wir es gerne hätten. Die Wettervorhersage hat uns zwar leichten Wind aus Nord versprochen, doch gekommen ist Schwachwind aus Süd, Südwest und Südsüdost. So üben wir uns den ganzen Tag in Segel setzen, bergen und Motor anschalten. Am Ende erreichen wir abends Mellanfjärden. Wir wollen mal wieder Ankern und gehen so nicht in den Hafen, sondern versuchen unser Glück in der Bucht davor. Obwohl diese in der Seekarte als Ankerbucht ausgeschrieben ist, schaffen wir es jedoch nicht unseren Anker dort fest einzufahren. Jedes mal ziehen wir den Anker mit einem Knoten durch den Schlick. Scheint kein guter Ankergrund für den Bügelanker zu sein. Letztes Mal, dass wir solch einen Grund hatten, hat er ja auch nur an einer versunkenen Kette gehalten. Also geben wir den Versuch letztendlich auf und fahren doch noch in den Hafen. Vielleicht war es ja Vorsehung, denn so können wir noch den netten Laden direkt am Anleger besuchen. Für Axel ist es Liebe auf den ersten Blick und auch ich bin schlichtweg begeistert. Ein riesiger, roter Fisch aus Glas steht dort und den müssen wir einfach haben. Zwar wissen wir noch nicht wirklich, wo wir ihn lassen zukünftig hinstellen wollen, doch der muss einfach mit. Gut eingepackt wandert er also an Bord und wird dort sicher verstaut. Das kleine Örtchen, welches beim Anlegen noch menschenleer war, wird plötzlich mit Leuten überschwemmt. Direkt am Hafen gibt es ein Theater und alle Besucher strömen in der Pause auf die Pier hinaus. Mindestens jeder zweite schießt dabei auch noch ein Foto von Hello World. Wir sind also mal wieder die Attraktion im Hafen. Zum Glück ist der Trubel mit Beginn des zweiten Aktes wieder vorbei und wir trauen uns wieder an Bord. Beim Bezahlen treffen wir dann doch tatsächlich noch auf deutsche Touristen an diesem Ort. Die nette Familie aus Rendsburg macht dank des vor 50 Jahren ausgewanderten Onkels Urlaub in Mellanfjärden. Sonst hätte man wohl auch nicht hierher gefunden. Wir unterhalten uns nett über dieses und jenes bis es uns schließlich zu dunkel und kalt draußen wird. Hier wird es doch wirklich erschreckend früh wieder dunkel! Man kann gar nicht mehr bis Mitternacht in der Sonne sitzen. So ein Mist!! Gerade hatten wir uns an das nächtliche Hell gewohnt.
Sonntag, 6. August 2006: Mellanfjärden – Agön 42,2 sm
Nachdem wir morgens noch ein paar Tipps für den Stockholmer Schärengarten von Perka von der nebenan liegenden Aphrodite 42 bekommen, geht es auch schon wieder weiter. Auch heute scheinen wir mal wieder einen Flautentag erwischt zu haben. Doch dann kommt plötzlich eine nette Brise auf und wir setzen Segel. Auch wenn der Wind noch so manches Mal droht einzuschlafen, halten wir doch durch und erreichen so nachmittags die Insel Agön. Auch dieses Ziel geht mal wieder auf einen Tipp von Charly und Gesche zurück. Empfohlen wurde nicht nur der Liegeplatz im Storhamn, sondern auch noch der Weg zum alten Fischerhafen. Obwohl Storhamn seinem Namen nicht ganz gerecht wird, liegen wir hier schön geschützt vor Heckanker. Der Hafen besteht eigentlich nur aus einem Schwimmsteg. Einen Hafenmeister gibt es nicht, dafür kann man sein Hafengeld einfach in einen Briefkasten einwerfen. Auf so lästige Details, wie für welches Boot eigentlich gezahlt wird, verzichtet man dabei. Wir haben das Hafengeld von 20 SEK, also umgerechnet 2 Euro, leider nicht passend und werfen dafür einfach den nächst passenden Schein ein. Wird ja auch nicht schaden, wenn wir mal etwas mehr als gefordert zahlen. Vor allem, wenn einem dafür eine solch tolle Bucht geboten wird. Kaum das wir Hello World fest haben, machen wir uns auch schon auf die Wanderschaft. 2 km sollen es immerhin bis Agön Fiskehamn sein und die wollen wir möglichst vor dem abendlichen Ausschwärmen der Mücken hinter uns bringen. Durch einen netten Waldweg geht es zunächst Richtung Inselmitte. An jeder Ecke steht dabei eine Tafel mit Erklärungen zu Flora und Fauna. Doch dann ändert sich das Bild plötzlich drastisch. Am 12. August 1997 wurde Agön von einem Waldbrand heimgesucht und auch heute noch, immerhin fast neun Jahre nach dem Brand, hat sich die Natur noch nicht vollständig erholt. Man sieht noch heute verkohlte Baumstämme und die Vegetation beschränkt sich auf Sträucher, Moose und Flechten. Nur ab und an streift man eine junge Konifere. Nach einigem gekraxel über die verbliebenen Baumstümpfe kommen wir jedoch wieder in unberührtes Gebiet. An einem hübschen Tümpel vorbei und über Unmengen von Baumwurzeln geht es weiter. Schließlich erreichen wir den Hafen und können mal wieder Schwedenidylle in Reinnatur erleben. Hier ist der Tourismus noch weit entfernt und das Örtchen hat seine Ursprünglichkeit noch weitgehend erhalten. Wir stöbern ein wenig durch die Gassen und machen uns dann doch lieber wieder schnell auf den Rückweg. Die Mücken wollen wir ja nun doch nicht herausfordern. An Bord angekommen bereiten wir noch schnell einen mexikanischen Auflauf mit Hack, Tacos, Chilibohnen und Guacamole. Danach müssen wir nur noch den netten Sonnenuntergang genießen und den einsam schnaufenden Seehund beobachten, der kurz hinter unserem Schiff auf der Jagd nach Fischen ist.
Montag, 7. August 2006: Agön – Granskär 53,1 sm
Da wir eine lange Strecke vor uns haben, geht es diesmal mal wieder recht früh los. Da der Wind wie gewohnt zu so früher Stunde allerdings noch nicht wach ist, müssen wir mal wieder ein wenig motoren. Dafür herrschen ideale Robbenbeobachtungsbedingungen. Vor Agön gibt es ein Robbenschutzegebiet und wir können einige im Wasser und auf den Felsen liegend beobachten. Nach zwei Stunden können dann auch endlich die Segel gesetzt werden und es wird mal wieder ein optimaler Segeltag. Ausreichend Wind, viel Sonne und ein Amwindkurs mit einem leichten Schrick in den Schoten. Unser Ziel heißt heute Gävle. Dass heißt, eigentlich nicht Gävle, sondern eine kleine Schäre in der Bucht davor. Wir müssen nicht proviantieren und haben auch keine Lust auf einen Tag Sightseeing in der Universitätsstadt. So suchen wir uns aus dem Hafenhandbuch einen netten kleinen Vereinhafen auf der Schäre Granskär aus. Die Beschreibung verspricht einen guten Schutz und außerdem auch noch Elektrizität. Beides wird bei unserer Ankunft auch direkt bestätigt. Wir legen vor Heckboje an und bekommen dabei auch direkt Hilfe von einem netten Schweden. Von ihm erfahren wir, dass es hier auch eine Sauna gibt und man auf die andere Seite der Insel wandern könnte. Das Hafengeld könnten wir einfach in dem Kasten an Land lassen. Gesagt getan. Wir schultern den gewohnten „Landgangssack“ mit Geld, Mückenschutzmittel und Fotoapparat und schon geht es los. Das mit dem Geld klappt dann aber erstmal nicht. Wir haben die 50 Kronen mal wieder nicht passend. Man kann zwar auch mit Euro bezahlen, aber die sind leider an Bord geblieben. Also verschieben wir das Bezahlen erstmal auf später. Weiter geht es mit dem Gang auf die andere Inselseite. Kein Schild zeigt die Entfernung an und Axel argwöhnt schon wieder einen zweistündigen Querfeldeinmarsch. Doch nein, nach fünf Minuten sind wir schon am Ziel. Die Insel ist kleiner als gedacht und wir blicken auf das Vereinshaus, einen wild ausschauenden Rocker mit dickem Hund und eine badende Familie. Nicht ganz vergleichbar mit dem Blick von gestern, aber auch recht nett. Wir drehen um und erkunden noch schnell die Inselsauna. Leider ist die abgeschlossen, doch es ist ja eh mal wieder viel zu warm so etwas. Also wieder zurück zum Schiff und die Euros für die Hafengebühr geholt. Während Axel an Bord bleibt, springe ich wieder an Land und werde mit einem fröhlichen „Hallo, wie kommt Ihr den so weit nach Norden?“ begrüßt. Die badende Familie von der anderen Inselseite scheint doch tatsächlich aus Deutschland zu kommen. Wir unterhalten uns kurz und erfahren, dass sie aus Deutschland kommt und vor 12 Jahren nach Schweden ausgewandert ist. Ihr man ist Schwede und der Sohn ist mit einem Freund dabei. Man bewundert Hello World und wir sind mal wieder stolz wie Oskar auf unser schickes Schiff. Tauschen mit ihrem offenen Angelboot wollen wir dann allerdings doch nicht. Wäre vielleicht auch nicht ganz das richtige Gefährt für den Atlantik, oder? Schließlich wird Axel noch zum abendlichen Saunagang der männlichen Vereinsbesatzung eingeladen, doch gutes Essen an Bord und die sommerlichen Temperaturen lassen ihn davon doch lieber Abstand nehmen. So wird es mal wieder ein netter Abend im Cockpit, mit leuchtenden Farben vom Sonnenuntergang und einem schönen Glas Chardonnay.
Dienstag, 8. August 2006: Granskär – Grisslehamn 68,3 sm
Oh je, ganz so geschützt wie geglaubt, ist der Anleger wohl doch nicht. Na gut, vielleicht hört es sich auch schlimmer an, als es eigentlich ist. Gegen halb sechs weckt uns ein stetiges und lautes Geklopfe am Heck. Das kann nur zweierlei bedeuten: der Wind hat auf Nord gedreht und dabei auch noch gut zugenommen. Während in den letzten Tagen doch eher Leichtwind herrschte, scheinen jetzt mal wieder gute 4 Beaufort angesagt zu sein. Das das Ganze aus Nord kommt, stand eigentlich auch ganz oben auf unserer Wunschliste für heute. Aber muss denn das so früh sein? Wie dem auch sei, wir packen die Gelegenheit beim Schopfe und stehe heute noch früher auf. Bereits vor Acht sind wir auf dem Weg und machen gut Strecke auf dem Weg nach Süden. Der Weg zu unserem Zielhafen Grisslehamn ist weit, so dass wir uns über die 9,5 kn ziemlich freuen. Zu dumm nur, dass der Wind dann doch irgendwann wieder nachlässt. Wir holen irgendwann den Blister raus, der seit langer Zeit schon ein tristes Dasein in unserer Segellast pflegt. So können wir unsere Geschwindigkeit zum Glück wieder verdoppeln (also von 3 auf 6 kn). Doch auch jetzt ärgert uns der Wind mal wieder. Kaum das der Blister eine halbe Stunde lang steht, dreht der Wind auf Südost und wir müssen Amwind Segeln. Der Blister kommt also wieder runter und wir können die sechs Knoten auch mit der Genua erreichen. An der Insel Gräddö geht es nun dicht unter Land vorbei. Hier erwarten uns Winddreher und Änderungen der Windstärke, wie wir es sonst eigentlich nur von der Flensburger Förde kennen. Am Ende schaffen wir es aber doch noch bis Grisslehamn, wo wir gegen sechs Uhr abends im Fischereihafen festmachen. Zu Belohnung für den anstrengenden Segeltag geht es heute mal ins Restaurant Halvboden, vor dessen Toren wir nicht ganz unbewusst festgemacht haben. Die Vorspeise aus verschiedenen Fischspezialitäten mundet dann auch sehr gut. Während Axel mit seinem Hauptgang bestehend aus Kalbsfilet an Bohnen und Kartoffelsalat sehr zufrieden ist, muss ich bei meinem Heringsgericht leider passen. Das Ganze schwimmt dermaßen in Butter, dass ich schon nach zwei Bissen nicht mehr kann. Da muss an Bord dringend ein Glas Grappa zum Verdauen her. (Einen kleinen Dank an dieser Stelle noch mal an Jörg für dieses herrliche Gesöff. Davon müssen wir unbedingt noch mehr haben!)
Mittwoch, 9. August 2006: Grisslehamn – Mariehamn 39,7 sm
Nach dem opulenten Mahl von gestern gibt es heute zum Frühstück mal wieder nur Müsli. Während Axel noch schnell zum örtlichen Fischhändler wandert, klare ich unter Deck alles auf und dann geht es auch schon wieder los. An der Fähre nach Eckerö vorbei fahren wir aus dem Hafen heraus und landen mal wieder in der Flaute. Leider bleibt es dann bis zum Ende auch bei 0 bis 1 Windstärken und wir müssen die gesamte Strecke nach Mariehamn motoren. Doch dann haben wir es endlich geschafft. Nachdem wir mit Blue Noot es im Jahre 2000 aufgrund einer defekten Brücke in Stockholm nicht bis hierher geschafft hatten, sind wir nun endlich in der Hauptstadt der Alands angelangt. Wir bekommen einen schönen Platz am ersten Steg im Westhafen und genießen mal wieder herrlichen Sonnenschein (was auch sonst?). Ein kurzer Stadtbummel bringt ein paar Einkäufe aus dem Supermarkt und die Erkenntnis, dass morgen doch lieber die Fahrräder rausgeholt werden müssen. Wir sind trotz der leckeren Scholle im Kühlschrank heute mal zu faul zum kochen und begnügen uns mit einer kleinen Käseplatte im Cockpit. Dabei haben wir einen guten Blick auf die übliche Mittwochsabendregatta, die aufgrund der immer noch herrschenden Flaute jedoch relativ unspektakulär verläuft.
Donnerstag, 10. August 2006: Mariehamn 0 sm
Früh um 6:45 Uhr geht heute der Wecker. Wir haben uns für die Waschmaschinen im Hafen eingetragen und leider vergessen, dass hier mal wieder Osteuropazeit gilt. Dass heißt, während unsere Borduhren noch 7 Uhr anzeigen, ist es hier schon 8 Uhr. Dafür haben wir am Ende aber drei Maschinen frisch duftende und hervorragend getrocknete Wäsche zurück an Bord. Da ich im Reiseführer gelesen habe, dass es außerhalb der Stadt zwei tolle Supermärkte geben soll, machen wir uns nach dem Frühstück dann mit unseren Fahrrädern und einem Rucksack bewaffnet auf den Weg. Zu unserem Leidwesen ist allerdings Mariehamn doch irgendwie größer als gedacht und die Sonne brennt mal wieder heiß vom Himmel. Wir sind jedenfalls schweißgebadet, als wir endlich bei der Sparhallen ankommen. Das Sortiment ist dafür entsprechend reichhaltig und wir bekommen alle Sachen auf unserer Einkaufsliste. Schwer bepackt geht es zurück zum Schiff, wo Axel erstmal zur Abkühlung ins Hafenbecken springt. Danach geht es noch mal wieder los, diesmal zum Sjökvateret – einer Traditionsschiffswerft mit angeschlossenem Museum – und in die Innenstadt. Völlig geschafft heißt es dann zurück an Bord auch noch „Schiff schrubben“. Während Axel oben an Deck mit viel Wasser rumwirbelt, schwinge ich unter Deck Staublappen und Sauger. Am Ende sieht alles wieder blitzblank aus und wir sind mit unserer Arbeit hoch zufrieden. Zur Belohnung gehen wir heute in das ASS-Vereinsrestaurant am Hafen und gönnen uns ein hervorragendes 3-Gänge-Menü. Nach delikatem Krebssüppchen mit Lachstartar genießt Axel Lammfilet mit Gemüserolle und ich ein schönes Rinderfiletsteak mit Rotweinsauce. Zum Nachtisch locken Creme Bruleè mit Grapefruitsorbet und hausgemachtes Vanilleeis mit Schokoladensauce. Den Verdauungsschnaps gibt es dann aus Kostengründen aber doch lieber wieder an Bord. Aber, wer jemals nach Mariehamn kommt, dem können wir das hübsche Restaurant am Westhafen nur ausdrücklich ans Herz legen.
Freitag, 11. August 2006: Mariehamn 0 sm
Da werden wir heute doch tatsächlich von Gewitterdonnern geweckt! Und dann fängt es doch tatsächlich auch noch an zu regnen!!! Wann gab es dann denn eigentlich zum letzten Mal? Wir bleiben einfach noch ein wenig länger in den Kojen und als wir dann gegen 10 Uhr aufstehen, ist der Spuk auch schon wieder vorbei. Das Deck ist bereits in der Sonne getrocknet und die Temperatur zeigt schon wieder über 20°C an. Wir haben beschlossen auch heute noch einen Tag in Mariehamn zu bleiben. Zwar sollte es eigentlich heute weiter zur Insel Föglö gehen, doch wir haben nach zwei Tagen Serveruntätigkeit heute endlich den versprochenen Internetzugang bekommen. So sitzen wir denn mit unseren Laptops am Tisch und surfen bzw. aktualisieren mal wieder nach Herzenslust. Man glaubt gar nicht, wie einem das Internet und die Möglichkeit Emails zu verschicken fehlen können. Zwischendurch machen wir noch einen schönen Ausflug zur 4-Mast-Bark Pommern, einem Schwesterschiff der in Warnemünde liegenden Passat. In einer schönen Ausstellung bekommt man einen guten Überblick über das Leben der Seeleute an Bord. Die mussten damals doch einige harte Zeiten durchstehen. Bequem sehen die Quartiere jedenfalls nicht wirklich aus. Weiter geht es zum Seefahrtsmuseum ums Eck. Hier finden sich hunderte Schiffsmodelle und maritime Gemälde aus alter Zeit. Zurück an Bord wird weiter gesurft und nett im Cockpit gesonnt.
Samstag, 12. August 2006: Mariehamn – Käringsund 20,9 sm
Nach dem Frühstück fahren wir noch schnell an die Tankstelle nebenan, um uns unseren Dieselvorrat zu den günstigen finnischen Preisen noch einmal aufzufüllen. 98 Cent kostet hier der Liter! Wir schaffen es auf knapp 450 l die wir in unseren Tank bekommen und sollten so im Zweifelsfalls auch bis nach Deutschland zurück motoren können. Bei anfangs nettem Segelwind fahren wir dann in Richtung Westen um mit Käringsund auf der Insel Eckerö den westlichsten Hafen Finnlands zu besuchen. Leider verlässt uns der Wind auf halber Strecke mal wieder, so dass wir auf unsere frisch gefüllten Vorräte zurückgreifen müssen. Die Einfahrt nach Käringsund ist zwar etwas eng, doch am Ende finden wir einen schönen Liegeplatz vor Heckboje. Der lange Steg ist um diese Jahreszeit nur spärlich mit Booten gefüllt, doch man kann sich gut vorstellen, wie voll es hier zur Hochsaison sein kann. Nachmittags bekommen wir eine nette Regatta mit alten Fischerbooten direkt hinter unserem Heck geboten. Mit viel Elan und gleichzeitigem Segeln und Rudern liefern sich etwa 10 Oldtimer ein Rennen zwischen den Schären. Der übliche Landrundgang bringt dagegen nicht viel Aufregendes: ein Cafe, ein geschlossenes Fischereimuseum, ein geschlossener Wildpark und ein wenig belegter Campingplatz. Dazwischen jede Menge nette Holzhäuser und Felsen. Anschließend genießen wir die sommerliche Stimmung und schauen den Finnen, Schweden und Aländern beim Baden zu. Die Wassertemperatur zeigt hier immerhin sage und schreibe 23,8°C. Kein Wunder also, dass alle umliegenden Felsen mit Sonnenanbetern und Badewütigen belegt sind.
Sonntag, 13. August 2006: Käringsund – Arholma 29,2 sm
Bei herrlichem Sonnenschein machen wir in Käringsund los. Das Wetter ist heute jedoch mal so ganz anders als gewohnt. Kaum sind wir auf See ziehen dicke Wolkenberge auf und der Himmel verdunkelt sich bedrohlich. Da muss man doch tatsächlich mal die lange Hose rausholen. Kurz vor Ende der Reise fängt es dann auch tatsächlich noch an zu regnen. Völlig ungewohnt! Wo hatten wir denn noch gleich das Ölzeug untergebracht? Der Wind ist dafür heute gerade recht. Wir sausen mit einem schönen Ostwind in Stärke 5 bis 6 nach Südwesten und erreichen endlich mal wieder die 10 kn Marke. So kommen wir nach 3 1/2 Stunden bereits bei unserem Ziel Arholma an. Eigentlich wollten wir zwar die schöne Ankerbucht auf der Ostseite nehmen, doch angesichts der Wettervorhersag entscheiden wir uns kurzfristig um. Bei vorhergesagten 7-8 Bft. aus Ost wollen wir uns nicht in eine Legerwallsituation zwischen die unbetonnten Steine begeben und so laufen wir den Steg an der Westseite der Insel an. Hier bekommen wir auch direkt einen schönen Platz und liegen windgeschützt vor Heckanker. Vor dem einsetzenden Dauerregen schaffen wir es gerade noch einmal ins „Stadtzentrum“ und zum Inselkaufmann. Danach bleiben wir doch lieber unter Deck und lauschen dem prasselnden Regen. Gegen Abend kommen dann auch unsere Nachbarn vom Vormittag an und sind ziemlich geschafft von der Überfahrt. Mit zwei Kindern an Bord macht so eine stürmischer Segeltag auch wirklich keinen Spaß.