Sechster Teil unserer Reise von Portugal über Madeira zu den Kanarischen Inseln vom 22. September bis 10. Oktober 2007.
Samstag, 22. September 2007: Portimao – Atlantik 102,5 sm
Endlich geht es los! Die Sonne strahlt vom Himmel herunter und zum ersten Mal seit Tagen ist auch wieder das Monchique-Gebirge im Hintergrund zu sehen. Bisher hatte es sich immer in dicken Wolken verhüllt. Allerdings scheint der versprochene Wind mal wieder auf sich warten zu lassen. Egal, wir wollen los und hoffen, dass wir auf hoher See mehr Glück mit dem Wind haben, als hier unter Landschutz. So machen wir nach einem anständigen Frühstück und nachdem wir die Wassertanks noch einmal gefüllt haben endlich unsere Leinen los und verlassen Portimao. Für die ersten 15 Seemeilen müssen wir allerdings noch unsere Dieselgenua bemühen. Das Meer liegt spiegelglatt da und Axel ist schon ein wenig genervt über den fehlenden Wind. Zur Entschädigung gibt es daher erst einmal eine große Portion Nudelsalat. Und – wie so oft – kaum das das Essen auf dem Tisch steht, fängt der Wind an zu wehen. Wir futtern schnell auf und setzen unsere Segel. Am Cabo Sao Vincente geht es mit Rauschefahrt vorbei und wir werfen noch einen letzten, wehmütigen Blick zurück. Immerhin ist es der letzte Teil von Festlandeuropa, den wir so zu sehen bekommen. Der Wind nimmt derweil immer mehr zu. Statt der angesagten 4 bis 5 Beaufort haben wir schließlich gute 6 Windstärken. Für Hello World ist das zum Glück kein Problem. Sie zieht einfach weiter unverdrossen ihre Bahn. Da der Wind aus Nordwest kommt, haben wir allerdings eine ziemlich blöde, querlaufende Welle. Leider sucht sich die eine oder andere davon auch ihren Weg über das Deck und ins Cockpit. Während wir uns noch freuen, dass wir davon hinter der schützenden Sprayhood nicht viel abbekommen, macht es unter Deck plötzlich ein Geräusch, dass wir nun wirklich gar nicht gerne hören. Splash! Wasserfallartig schießen ca. 50 l Meerwasser aus der Decke, auf den Salontisch, die Polster und die Stühle. Wir bekommen einen gehörigen Schreck, können das Problem aber zum Glück schnell lösen. War doch die Decksluke an Steuerbord einen halben Zentimeter weit aufgeblieben. An irgendeinem der letzten Tage mussten wir sie wohl geöffnet und nicht wieder völlig geschlossen haben. Alle anderen Luken hatte ich vor der Abfahrt routinemäßig überprüft. Nur diese eine Luke hatte ich irgendwie nicht als „geöffnet gewesen“ auf der Liste. Nun ja, man hat ja auf so langen Seepassagen eh nicht viel zu tun. So hocken wir eine Weile unter Deck und legen alles wieder Trocken. Nur die Polster, die müssen erstmal so bleiben wie sie sind. Die müssen wir irgendwann mal kräftig mit Süßwasser spülen. Der Nachteil an Salz ist nämlich, dass es die Feuchtigkeit regelrecht anzieht. Wenn man die Sachen nicht ordentlich mit Süßwasser spült, werden sie immer wieder feucht werden und irgendwann zu gammeln anfangen. Nachdem wir den Schaden unter Deck beseitigt haben, müssen wir uns erst mal ein wenig im Cockpit erholen. Es ist gar nicht so einfach auf einem schwankenden Schiff auf Knien über den Boden zu rutschen, mit der einen Hand den Lappen wedeln und mit der anderen Hand den Eimer mit Wasser festzuhalten. Da fehlt einfach die dritte Hand, um sich ordentlich festzuhalten. Aber einen Segler ohne blaue Flecken, den gibt es wohl sowieso nicht. Mit zunehmender Geschwindigkeit queren wir schließlich das Verkehrstrennungsgebiet (VTG) von Cabo Sao Vicente. Dabei handelt es sich um eine Art „Autobahn für Schiffe“. Die großen Tanker und Frachter fahren hier streng nach Richtungen getrennt. Während man als Segler normalerweise Vorfahrt gegenüber diesen riesigen Gefährten hat, müssen wir beim Queren des VTGs diesen unbedingt ausweichen. So ändern wir ein paar Mal unseren Generalkurs und lassen die Riesen passieren. Außerdem verringern wir unsere Segelfläche Step by Step. Zwar macht es unheimlichen Spaß die Geschwindigkeitsanzeige von 8 auf 9 und schließlich auf über 10 kn springen zu sehen, doch gleichzeitig nimmt auch die Krängung und die Bewegung des Schiffes zu. Sprich, es wird immer ungemütlicher. Wir reffen also zunächst das Groß ein wenig, dann folgt die Genua. Als wir schließlich das Großsegel noch ein wenig weiter wegrollen wollen, folgt der zweite Schock des Tages. Beim Lösen der Niederholerleine knallt es plötzlich und das Großsegel schlägt wild im Wind. Was war das jetzt wieder? Die erste Befürchtung, dass die Einrollleine gerissen sein könnte, bestätigt sich zum Glück nicht. Allerdings hat es die Befestigung eines Umlenkblocks einfach aus dem Baum gerissen. Nun heißt es schnell eine Notreparatur durchzuführen. Axel sichert den Block mit einem Stück Leine am Baum und innerhalb kürzester Zeit ist unser Groß wieder „reffbar“. Da wir uns nicht trauen mit dieser Konstruktion durch die herannahende Nacht zu segeln, rollen wir unser Groß anschließend lieber ganz weg. So laufen wir nur unter Genua nur noch mit 6 bis 7 Knoten in Richtung Madeira. Schade, denn so verschiebt sich unsere erwartete Ankunftszeit von Montag- auf Dienstagvormittag. Gegen 20.30 Uhr schleicht sich dann plötzlich die Nacht heran. Da wir schon recht weit im Süden sind, versinkt die Sonne innerhalb kürzester Zeit hinter dem Horizont. Zum Glück ist es nur leicht bewölkt und der fast volle Mond erhellt die Nacht für uns. Während Axel sich in die Koje begibt, übernehme ich die erste Wache von 21 Uhr bis Mitternacht. Dabei beobachte ich die vorbeiziehenden Frachter und Tanker über unseren Kartenplotter, genieße den sternklaren Himmel und werfe alle zehn Minuten einen Rundumblick, damit ich nicht irgendwelche Segler oder Fischer übersehe.
Sonnenuntergang auf See
Sonntag, 23. September 2007: Atlantik 166,2 sm
Um Mitternacht löst mich ein ziemlich unausgeschlafener Axel ab und ich verschwinde in die Achterkabine. Bevor ich mich in die Koje lege, werfe ich noch schnell einen Blick aus der Luke am Heck. Dabei stelle ich fest, dass sich einer unser Kugelfender bereits ein Stück vom Schiff entfernt hat und droht ganz abzuhauen. Also geht es schnell noch einmal raus und Axel nimmt vorsichtshalber gleich alle Fender an Deck. So können sie auf keinen Fall mehr abhauen. Das Schlafen gestalten sich dann allerdings als weitaus schwieriger. Hello World wird in den querlaufenden Wellen ziemlich hin und her gerollt. Entsprechend kugelt man auch unter Deck von einer auf die andere Seite. Schließlich lege ich mir quer zur Fahrrichtung in die Koje und liege wenigstens etwas ruhiger. Schade nur, dass es dann auch schon Zeit für meine zweite Wache ist. Ziemlich müde sitze ich dann von drei bis sechs Uhr im Cockpit. Der Mond ist inzwischen untergegangen, doch die Nacht ist weiterhin recht hell. Zahllose Sterne erleuchten das Firmament und außerdem ist hinter uns ein riesig heller Planet aufgegangen. Venus oder Mars? Ich weiß es nicht. Ich freue mich einfach nur, dass er uns so schön den Weg ausleuchtet. Währenddessen nimmt der Wind immer weiter ab. Die Geschwindigkeit geht auf 5 bis 6 Knoten zurück und das Schiff rollt etwas weniger. So kann Axel unter Deck ein wenig besser Schlafen. Um sechs Uhr wechseln wir uns wieder ab und ich klettere in die vorgewärmte Koje. Doch irgendwie gelingt es mir nicht richtig abzuschalten und einzuschlafen. Und es gibt fast nichts Schlimmeres als völlig übermüdet zu sein und nicht einschlafen zu können. Entsprechend müde stehe ich am Morgen auf. Zum Frühstück gibt es dann erst einmal einen belebenden Kaffee und ein paar Schokobrötchen. Mmmhh, das hilft! Da der Wind weiter abgenommen und östlicher gedreht hat, läuft das Schiff inzwischen deutlich ruhiger. Wir können unser Groß wieder voll setzen und der Speed geht entsprechend wieder hoch. Vielleicht können wir es ja doch noch bis Montagabend nach Porto Santo schaffen!? Zwei statt drei Nächte auf See, dass hätte schon was. Doch der Wind lässt sich bekanntlich nicht beeinflussen und macht was er will. Nicht nur dass er beständig weniger wird, nein, er dreht auch noch immer östlicher, so dass wir unseren Kurs schließlich nicht mehr halten können. Den zweiten Tag auf See verbringen wir mit Dösen, Lesen, Schlafen und Essen. Zwischendurch bringt Axel noch unseren Schleppgenerator aus. So können wir neben Sonne und Wind auch noch das Wasser als Energiequelle nutzen. Wir passieren am Tage noch ein paar Frachter, doch ansonsten ist um uns herum nicht viel los. Wir sehen weder Delfine, noch Wale, noch andere Segelboote. Zum Mittagessen bereiten wir uns heute einmal gebratene Pimientos mit groben Meersalz. Lecker und leicht. Abends gibt es gebratenes Hähnchenbrustfilet auf Brot. Auch nicht schlecht, wenn auch das Hähnchen eigentlich in einen Salat wandern sollte. Doch zum Schnibbeln von Paprika und Tomate sind wir heute einfach zu faul. Schneller als gedacht, ist es dann auch schon wieder Abend. Da der Wind abgenommen hat und wir inzwischen mehr Vertrauen in unsere Reparatur haben, lassen wir das Groß heute über Nacht stehen und laufen weiterhin mit 6 bis 7 Knoten. Außerdem übernimmt Axel heute mal die erste Wache und ich verschwinde um 20 Uhr völlig übermüdet in meine Koje.
Axel bringt den Schleppgenerator aus
Montag, 24. September 2007: Atlantik 176,9 sm
Zum Glück ist die Nacht etwas ruhiger als die letzte. So kann ich bis Mitternacht ein wenig Schlafen und starte recht ausgeruht in meine Wache. Wieder scheint der Mond und erhellt die Nacht. Das ist allerdings auch das Einzige was passiert. Weit und breit sind keine anderen Schiffe zu sehen. Entsprechend ruhig verläuft die Wache. Um drei Uhr löst mit Axel ab und ich kann mich wieder quer in die vorgewärmte Koje legen. Der nächste Wachwechsel folgt um sechs Uhr und ich sitze wieder im Cockpit. Langsam färbt sich der Horizont hellgrau und schließlich kommt die Sonne über den Horizont hervor. Ich koche mir einen leckeren Aufwachkaffee und esse ein wenig Joghurt zum Frühstück, während Axel den Luxus genießt bis zehn Uhr auszuschlafen. Als er schließlich im Cockpit auftaucht, fahren wir erst einmal eine Halse auf Steuerbordbug. Unser Kurs nach Porto Santo liegt leider genau vor dem Wind. Doch bei der relativ hohen Atlantikwelle ist es nicht möglich genau vor dem Wind zu segeln. In jeder Welle schlägt das Groß auf die andere Seite. Auch wenn der Baum durch einen so genannten Bullenstander auf der richtigen Seite gehalten wird, schlägt das Segel dabei jedes Mal gegen die Salinge. Da wir unserem Segel diese Belastung nicht zumuten möchten, immerhin soll es ja noch ein paar Jahre halten, fahren wir lieber einen klaren Raumschotskurs. So wird die Strecke zwar länger, aber wir kommen Materialschonender ans Ziel. Bei den Vorbereitungen zur Halse sehe ich, dass wir über Nacht einen blinden Passagier an Bord genommen haben. Wir hatten ja schon gehört, dass man auf der Transatlantikpassage schon mal den einen oder anderen Fliegenden Fisch an Bord bekommt. Aber ein fliegender Tintenfisch? Irgendwie hat sich der kleine Kerl jedenfalls an Bord gemogelt. Wahrscheinlich hat ihn einfach eine Welle an Deck gespült. Leider hat er seinen abenteuerlichen Ausflug jedoch mit dem Leben bezahlen müssen. So ganz frisch sieht er leider auch nicht mehr aus, so dass wir ihn schließlich feierlich wieder an die See zurück übergeben. Nach Halse und Seebestattung genießen wir dann einen wunderbaren Luxus an Bord. Wir setzen unsere Heckdusche in Gang und genießen eine warme Dusche auf dem Heck. Wunderbar erfrischend! Und wer außer uns hat schon so ein riesiges Badezimmer? Das Meerwasser hat eine wundervolle blaue Farbe, die man eigentlich nicht wirklich mit Worten beschreiben kann. Tiefdunkeblau in den Wellentälern und aquamarin in den Spitzen. Man kann sich gar nicht an der Farbe satt sehen. Die Sonne wärmt und trocknet uns und wir gehen erfrischt in den dritten Tag auf See. Wie am Vortag verbringen wir auch heute die Zeit mit Lesen, Dösen, Essen und zwischendurch noch zwei Halsen. Mittags gibt es noch mal die Reste vom gebratenen Hähnchen und abends kommt das vorbereitete Hühnerfrikassee zum Einsatz. Sehr lecker, auch wenn man höllisch aufpassen muss, dass es einem nicht aus der Suppenschüssel entfleucht. Unsere ETA (Estimated Time of Arrival) auf Porto Santo liegt inzwischen bei drei Uhr nachts. Da wir mit der gestrigen Wacheinteilung Beide ganz gut zurecht gekommen sind, übernimmt Axel auch heute wieder die erste Wache. Um 23.30 Uhr werde ich ein wenig frühzeitiger geweckt, da wir mal wieder eine Halse fahren müssen. Axel verschwindet anschließend in die Koje und ich warte gespannt auf die ersten Anzeichen einer Insel.
Blinder Passagier an Bord
Dienstag, 25. September 2007: Atlantik – Madeira 59,1 sm
Als Erstes taucht am Horizont ein funkelndes Licht auf. Es kristallisiert sich schließlich als das Leuchtfeuer von der Ilheu de Cima heraus. Auch wenn man auf dem Kartenplotter genau gesehen hat, dass man die Insel direkt voraus hat, ist man doch froh, wenn man dann auch tatsächlich die optische Bestätigung dafür bekommt. Im Mondlicht erscheinen dann nach und nach die Umrisse von Porto Santo am Horizont. Die ersten Lichter von Dörfern und Städten tauchen auf und ich wecke schließlich Axel, damit wir die Ansteuerung gemeinsam machen können. Während wir in den letzten drei Tagen nicht einen anderen Segler gesehen haben, tauchen nun plötzlich diverse Yachten neben uns auf. Ein paar davon scheinen zur 6.50 Transat Regatta zu gehören. Jedenfalls bewegen sie sich rasend schnell unter Gennaker durch die Nacht und sind nur spärlich beleuchtet. Die Regatta geht von La Rochelle nach Funchal auf Madeira und wird Einhand auf 6,50 m langen Booten gesegelt. Der Hafen von Funchal ist für die über hundert Teilnehmer deswegen für die nächsten Wochen gesperrt. Da wir aber sowieso in eine andere Marina wollen, stört uns der ganze Rummel nicht weiter. Doch bevor wir die Insel Madeira Grande anlaufen, wollen wir erst einmal die Insel Porto Santo besuchen. Neben den Islas Selvagem und Islas Desertas gehört sie zum Madeira Archipel und liegt etwas nordöstlich von Madeira Grande. Porto Santo zeigt sich in der Nacht mit beeindruckend hohen Felsen. Wir nehmen schließlich in Lee der kleinen, vorgelagerten Ilheu da Cima die Segel weg und motoren das restliche Stück in den Hafen von Porto Santo. Die Marina ist in einen größeren Industriehafen integriert und die Einfahrt gelingt recht problemlos. Allerdings sehen wir auf den ersten Blick keinen freien Platz für uns. So beschließen wir erstmal vor dem Hafen zu Ankern und vielleicht am nächsten Tag einen Liegeplatz im Hafen zu erfragen. Gegen 4 Uhr fällt der Anker westliche der Hafenmole und wir sind froh endlich angekommen zu sein. Zur Feier des Tages genießen wir noch ein Glas Wein im Cockpit, bevor wir uns schließlich gemeinsam und in richtiger Richtung in unsere Kojen begeben. Der Atlantikschwell lässt Hello World zwar auch vor Anker mächtig in und her rollen, doch das kann uns heute nicht mehr stören. Wir schlafen friedlich bis 9 Uhr morgens und riskieren erst mal einen ersten Blick auf Porto Santo. Der Anblick enttäuscht uns allerdings ein wenig. Die Insel ist ziemlich karg und der Hafen befindet sich recht weit vom nächsten Ort entfernt. Mmh, so hatten wir uns das irgendwie nicht vorgestellt. Auch der Schwell und die einfallenden Fallböen machen den Ankerplatz nicht wirklich zur ersten Wahl. Eine SMS von Tim und Steffie von der Apelia bringt dann eine schnelle Entscheidung. Die Beiden liegen seit Mitternacht in der Quinta do Lorde Marina auf Madeira und sind ganz begeistert von dem Hafen. Tja, dann fahren wir doch einfach direkt wieder weiter! Doch zunächst wird erstmal in Ruhe gefrühstückt. Anschließend kommen wir nicht umhin ein Bad im Meer zu nehmen. Das Wasser ist kristallklar und türkisgrün. Wir packen Schnorchel und Flossen aus und schwimmen eine Runde ums Schiff. Hello World hängt wie schwerelos über dem Sandgrund. Bei einer Sicht von mindestens zwanzig Metern sind Ruder, Propeller, Kiel und Anker glasklar zu erkennen. Neben unserem Kiel haben sich scheinbar zwei Fische wohnlich eingerichtet. Ein faszinierender Anblick! Und was für ein Unterschied zu der bescheidenen Sicht an der Algarve. Auf Madeira müssen wir jedenfalls unbedingt Tauchen gehen. Schließlich geht der Anker auf (und er hängt zum Glück auch noch an der Kette dran!) und wir setzen Kurs ab auf Madeira. Da wir in den letzten Tagen nicht einen Delfin gesehen habe, sage ich aus Spaß zu Axel, dass ich für heute „Große Delfinshow“ bestellt habe. Wir witzeln eine Weile darüber hin und her, was das jetzt wieder Kosten mag und was denn eigentlich bei so einer großen Delfinshow geboten wird, als es auch schon los geht. Plötzlich sind überall um uns herum Delfine zu sehen. Nach langer Zeit auch mal wieder nicht die kleineren Gewöhnlichen Delfine, sondern große Tümmler. Pfeilschnell schießen sie durchs Wasser, spielen um unseren Bug, springen in die Luft und klatschen mit den Schwanzflossen aufs Wasser. Es müssen mindestens einhundert Tiere sein. Immer wieder kommen von vorne oder von der Seite neue Gruppen hinzu und lösen sich gegenseitig an unserem Bug ab. Tolle Show! Ich schieße ein Foto nach dem anderen und feuere die Tiere übermütig vom Bugkorb aus an. Schließlich ist die Show vorbei und ich gehe wieder zurück zum Cockpit. Dummerweise habe ich dabei meine Kamera schon ausgestellt. Das ist umso ärgerlicher als just in diesem Moment eine Meeresschildkröte ca. 1 m neben dem Schiff auftaucht. Wahnsinn! So etwas hätte ich hier nun wirklich nicht erwartet. Während wir anfangs noch mit schönem Speed gesegelt sind, lässt der Wind mit der Zeit immer mehr nach und wir fahren nur noch mit 5 Knoten auf Madeira zu. So brauchen wir für die gerade mal 35 sm viel länger als gedacht. Kaum zu glauben, dass man nach so einer langen Etappe wie in den letzten Tagen, bei einer so kurzen Etappe so ungeduldig werden kann. Außerdem bewölkt sich der Himmel zunehmend und schließlich fängt es sogar ein wenig an zu nieseln. Erst sehr spät kommt Madeira in Sicht. Die hohen Berge sind wolkenverhangen und kaum zu erkennen. Doch das was man sieht, erscheint verheißungsvoll. Grün bewaldete Hänge, zackige Felsen und rotes Lavagestein. In Lee der östlichen Landspitze von Madeira verlässt uns der Wind dann völlig. Wir bergen die Segel und motoren den Rest zum Hafen mal wieder. Die Quinta do Lorde Marina liegt im Nordosten der Insel und wurde uns sehr von Eva und Rüdiger von der Solagracia empfohlen. Bereits ein gutes Stück vor dem Hafen kommt uns der Hafenmeister in einem Schlauchboot entgegen. Er gibt uns Anweisungen an welcher Seite wir Leinen und Fender ausbringen sollen, wie hoch die Fender hängen müssen und bittet uns ihm zu folgen. Machen wir! Wir steuern langsam durch die schmale Hafeneinfahrt und werden an einem Kopfsteg vom Hafenmeister erwartet. Er nimmt uns die Leinen ab und im Nu haben wir festgemacht. Überschwänglich reicht er uns die Hand und wünscht uns ein herzliches Willkommen auf Madeira. So viel Freundlichkeit haben wir ja noch nie erlebt! Wenn wir mit allem fertig wären, sollten wir doch bitte so freundlich sein und ins Office kommen. Dort würden wir dann alles Nährere erklärt bekommen. Nachdem wir an Deck alles aufgeklart haben, begeben wir uns dann auch wunschgemäß ins Office. Auf dem Weg dorthin werden wir vom Hafenmeister aufgesammelt und er fährt uns das kurze Stück im Golfwägelchen. Die Freundlichkeit nimmt kein Ende und wir werden von Cátia in der Rezeption genauso überschwänglich und mit Handschlag begrüßt. Etwas erschlagen von so viel Gastfreundschaft nehmen wir erstmal Platz und lassen die obligatorischen Formalitäten über uns ergehen. Nebenbei bekommen wir erzählt, dass sie gerne einen Leihwagen für uns organisiert, wir als Mitglieder von Trans Ocean 20% Rabatt bekommen und sie uns am nächsten Tag gerne noch ein paar Tipps für Touren auf der Insel geben würde. Jau, es war wohl eine ganz gute Entscheidung direkt hier her zu fahren! Beeindruckt von Freundlichkeit und Service wandern wir zurück zum Schiff. Am gleichen Steg liegt auch die Apelia, doch Tim und Steffi sind im Moment nicht an Bord. Die Beiden kommen erst eine Stunde später von einem ausgedehnten Spaziergang zurück und wir freuen uns unheimlich sie wieder zu sehen. Am Abend gehen wir gemeinsam in das Restaurant am Hafen und lassen uns Thunfischsteak, Schweinelendchen, Rinderfilet und Tiger Prawns munden. Das Essen ist sehr lecker und nicht so teuer, wie das Ambiente des Restaurants vermuten lassen würde. Zum Abschluss des Tages gibt es noch einen leckeren Portwein an Bord von Hello World bevor wir allesamt völlig müde in unsere Kojen fallen.
Großer Tümmler
Mittwoch, 26. September 2007: Madeira 0 sm
Nach dem ausgiebigen Essen von Gestern gibt es heute zum Frühstück mal wieder nur einen Joghurt. Anschließend begeben wir uns erneut zum Office der Marina. Innerhalb von ein paar Minuten hat uns Cátia ein Auto für 25 Euro pro Tag organisiert, welches durch Zufall auch schon direkt auf dem Parkplatz der Marina steht. Während Axel zur Übergabe der Autoschlüssel eilt, lasse ich mir von Cátia noch ein paar Tipps für Touren auf Madeira geben. So wie es sich anhört, müsste man eigentlich mindestens zwei Monate auf der Insel verbringen. Es gibt so viel zu sehen! Mal schaun wie viel wir davon abarbeiten können. Zurück an Bord wäscht Axel erst einmal die dicke Salzkruste vom Deck. Es ist erstaunlich in wie kurzer Zeit sich mehrere Millimeter große Salzkörner bilden können. Eigentlich sollte man das gute Meersalz einsammeln und zum Kochen verwenden. So rein wie mitten auf dem Atlantik wird es wahrscheinlich woanders nicht sein. Ich sitze derweil unter Deck und kann Dank WLAN mal wieder ein paar aufgelaufene eMails beantworten. Schön, dass so viele Leute zu Hause an uns denken und uns immer wieder nette eMails schreiben. Am Nachmittag setzen wir uns dann mit Tim und Steffi zusammen ins Auto und fahren in Richtung Westen. Die Straßenführung ist bei der Fahrt schon das erste Erlebnis. Tunnel reiht sich an Tunnel und Brücke an Brücke. Dabei gibt es immer wieder spektakuläre Blicke auf das Meer auf der einen und die steilen Berghänge auf der anderen Seite. Die Landschaft ist einfach genial! Auch hat man hier nicht den Fehler gemacht und die Landschaft mit hässlichen Hochhäusern voll gestopft. Stattdessen gibt es jede Menge Häuser in traditioneller Architektur zu bewundern, die sich eindrucksvoll an die Hänge schmiegen. Unseren ersten Stopp legen wir in Canico ein. Im Internet haben wir die Tauchbasis von Manta Diving ausfindig gemacht, wo wir uns nun für ein paar Tauchgänge anmelden wollen. Die Basis liegt am Fuße einer steilen Klippe und ist durch einen Aufzug zu erreichen. Getaucht wird direkt vor der Haustür in einem Unterwassernaturpark. Klingt soweit alles ganz gut. Lediglich, dass einer der Taucher, die gerade wieder aus dem Wasser kommen, von einer Robbe gebissen worden ist, klingt für uns doch etwas befremdlich. Egal, wir buchen für Freitag erstmal einen Tauchgang und genießen zwischendurch noch einen kleine Snack im nahe gelegenen Bistro. Weiter geht es in Richtung Funchal. Mit unserem kleine Auto kurven wir die engen Straßen entlang und hoffen nur, dass die Bremsen nicht plötzlich ihren Geist aufgeben. Die Steigung ist teilweise doch recht beängstigend und mit Sicherheit nichts für Fahranfänger. Wer hier Anfahren am Berg üben muss… In Funchal angekommen, stellen wir unser Auto erst mal im von Cátia empfohlenen Parkhaus ab. Zu Fuß geht es die Strandpromenade entlang in Richtung Hafen. Wohin sollte es einen Segler auch sonst zuerst ziehen. In der Marina können wir ausgiebig die Flotte der 6.50 Transat Regatta begutachten. Schon verrückt, auf was für kleinen Booten die Teilnehmer über den Atlantik fahren. Und dann auch noch Einhand! Die erste Etappe von La Rochelle nach Funchal hat übrigens eine Frau gewonnen. Respekt! Wir bummeln schließlich weiter durch die Stadt, wo eifrig Vorbereitungen für den morgigen „Tag des Touristen“ getätigt werden. An einem Obststand in der Innenstadt erstehen wir eine stattliche 365 g Birne für Axel und einige Kaktusfeigen. Da wir alle nicht wissen, wie diese Früchte schmecken, wollen wir es mal auf einen Versuch ankommen lassen. Geschmacklich sind wir dann allerdings alle nicht von der Kaktusfeige zu überzeugen. Sie schmeckt recht süß und nichts sagend und hat ziemlich viele, kleine, harte Kerne. Nun gut, einen Versuch war’s wert. Schließlich kommen wir wieder bei unserem Autochen an und fahren bei einsetzendem Nieselregen zurück nach Osten. Bevor wir in die Marina zurück fahren, wollen wir allerdings noch schnell einkaufen gehen. Wir klappern die Ort Cancale und Machico nach einem Supermarkt ab und werden schließlich in Machico fündig. Hier gibt es einen recht guten Pingu Doce Supermarkt und wir können unsere Vorräte mal wieder aufstocken. Zurück in der Marina passiert mir dann dummerweise mal wieder ein kleines Ungeschick. Irgendwie neigen wir in letzter Zeit wohl dazu. Ich will schwer beladen mit Einkaufskörbchen in der einen und Plastikflasche in der anderen Hand über eine niedrige Absperrkette hinüber steigen. Dabei bleibe ich mit meinem linken Hosenbein in der Kette hängen, die schwingt hoch und ich bekomme den Fuß nicht rechtzeitig mehr angehoben. Wie in Zeitlupe und ohne mich abstützen zu können. Schlage ich lang auf dem Kopfsteinpflaster auf. Sch…!!! Nicht nur, dass es natürlich ordentlich weh tut und ich mir die Knie aufschlage. Nein, auch eine unserer frisch erstandenen Weinflaschen überlebt den Sturz nicht und zerplatzt auf den Steinen. Schnell sind die anderen bei mir, helfen mir auf und sammeln die verstreuten Sachen auf. Zum Glück ist nicht viel passiert, außer das meine Knie aufgeschlagen sind und ein wenig bluten. Aber immerhin ist die Hose heil geblieben. An dieser Stelle zeigt sich auch erneut die Aufmerksamkeit und der Service des Marinapersonals. Kaum dass ich wieder stehe, steht ein Mitarbeiter mit seinem Golfwägelchen neben mir, stellt unsere Einkäufe auf die Ladefläche und fährt mich schließlich zu unserem Steg. Vielen Dank! Am Abend veranstalten wir mit Tim und Steffi zusammen mal wieder ein gemeinsames Abendessen. Wir stellen Raum und Induktionskochplatte und Tim und Steffi bekochen uns. Zur Vorspeise gibt es eine leckere Flädlesuppe und als Hauptgang Couscous mit einer Art Curry aus Aubergine, Pfirsisch, Mandeln und Zwiebeln. Sehr lecker! Die Seefahrt der letzten Tage steckt uns immer noch ein wenig in den Knochen und so lösen wir auch heute wieder relativ früh die Versammlung auf und verschwinden in unseren Kojen.
Die Flotte der 6.50 Transat Regatta mit AidaDiva im Hintergrund
Donnerstag, 27. September 2007: Madeira 0 sm
Kaum zu glauben – es regnet! Da hätten wir nun wirklich nicht mit gerechnet. Da fällt unser geplanter Wander- und Ausflugstag buchstäblich ins Wasser. Statt dessen machen wir uns mal wieder einen netten Bastel- und Arbeitstag an Bord. Axel repariert ein paar Dinge, zieht ein paar Schrauben nach und werkelt hier und da. Ich sitze vorm Laptop, lade Fotos auf den Server und schreibe unsere Logbucheinträge. Am Nachmittag machen wir noch einen kurzen Marinarundgang mit Tim und Steffi, werden jedoch vom einsetzenden Regen wieder ins Schiff zurück getrieben. Innerhalb kürzester Zeit bringt man so den Tag herum und muss sich schon wieder mit dem Gedanken an Abendessen beschäftigen. Wir beschließen noch einmal faul zu sein und das gute Essen im Marinarestaurant zu genießen. Im „Lord’s“ kann man übrigens getrost auf die Vorspeise verzichten. Für gerade einmal 3,50 Euro pro Person bekommt man das so genannte Couvert gereicht. Dabei handelt es sich in diesem Fall um eine kleine Auswahl an Pulposalat, Käsehäppchen, Baguette mit Tapenade, frische Brötchen, Thunfischpaste, heiße Salami und Blutwurst, Kartoffelplätzchen und Schinkenröllchen. Eigentlich könnte man davon auch schon satt werden. Wir bestellen aber trotzdem noch einen Hauptgang und genießen Schweinelendchen (Axel) und Tintenfisch (Brit). Alles schmeckt wie gehabt sehr lecker und kostet erstaunlich wenig Geld. Zurück an Bord gibt es noch einen kleinen Absacker bevor wir mal wieder in unseren Kojen verschwinden.
Das Restaurant „Lord’s“ am Hafen von Quinta do Lorde
Freitag, 28. September 2007: Madeira 0 sm
Endlich, heute geht es zum Tauchen. Angesichts des glasklaren Wassers sind wir schon mächtig gespannt, was uns so unter Wasser erwartet. Nach dem Frühstück fahren wir schwer bepackt mit unseren Tauchsachen nach Canico. Bevor wir so richtig abtauchen können, bekommen wir aber erst einmal eine kleine Einweisung in die Tauchbasis. Rainer erklärt uns, wo wir unsere Sachen hinpacken können, wo es Tauchflaschen gibt, wo wir uns umziehen können usw. Außerdem werden unsere Tauchbrevets (also quasi unsere Tauchführerscheine) und unsere Gesundheitsbescheinigung gecheckt. Insgesamt macht die Tauchbasis damit auf jeden Fall einen sehr professionellen Eindruck. Muss sie wohl auch, denn immerhin ist sie inzwischen zum 4. Mal von den Lesern der Zeitschrift Tauchen zur besten Tauchbasis im Atlantik gewählt worden. Dann geht es endlich unter Wasser. Zusammen mit Rainer springen wir in die Wellen und tauchen ab. Die Sicht ist gigantisch und bereits auf den ersten Metern begrüßen uns zahlreiche bunte Fische. Die Papageifische und Lippfische sind sehr zutraulich und schwimmen einem mehr oder weniger direkt vor der Brille herum. Toll!!! Wir tauchen am so genannten Lavafinger entlang, begrüßen die Muräne „Esmeralda, die hier bereits seit 20 Jahren in einer Höhle wohnt und erfreuen uns an den vielen, prächtigen Fischschwärmen. Schließlich ist unsere Luft alle und wir müssen wieder auftauchen. Doch dieser erste Tauchgang macht Lust auf mehr. Wir beschließen am Sonntag erneut Tauchen zu gehen und melden uns auch direkt für einen Bootstauchgang im Unterwasser Nationalpark von Garajau am nächsten Dienstag an. Bevor wir gehen, lasse ich mir noch schnell den Weg zum nächsten größeren Supermarkt beschreiben. Man schickt uns zum Modelo Supermarkt in Cancela, den wir natürlich auch direkt im Anschluss aufsuchen. Hier besorgen wir uns alle möglichen Zutaten für eine leckere Fischsuppe, die wir am Abend für Tim und Steffi kochen wollen. Nachdem die Beiden die letzten Male immer so lecker für uns gekocht haben, sind wir jetzt mal wieder dran. So sitzen wir dann abends wieder gemeinsam bei uns im Salon, löffeln Fischsuppe und tauschen die jeweiligen Erlebnisse des Tages aus. Auch heute wird es nicht sehr spät bei uns, da wir vom Tauchen geschlaucht sind und Tim und Steffi sich von ihrer Inselrundtour erholen müssen.
Keulenanemone mit Putzergarnelen
Samstag, 29. September 2007: Madeira 0 sm
Gemeinsam mit Tim und Steffi besteigen wir am späten Vormittag unser Auto und fahren los zu einem Ausflug an die Nordküste. Zunächst geht es jedoch an der Südküste entlang bis nach Ribeira Brava. Während wir in Quinta do Lorde noch herrlichen Sonnenschein hatten, erwischt uns noch vor Funchal eine fette Wolke mit Regen und Nebel. Die Scheibenwischer unseres kleinen Chevy Matiz verweigern ihren Dienst und erst als Tim sie bei einem Tankstopp grundreinigt, lassen sie sich einigermaßen zu ihrer vorgesehenen Tätigkeit animieren. Da auf Madeira die Autos scheinbar keine Nebelschlussleuchte haben, fahren die Autos übrigens alle mit angeschalteten Warnblinkleuchten durch den Nebel. Bei einer Sicht von teilweise unter 50 m bringt das zwar auch nicht viel, aber wir schließen uns trotzdem vorsichtshalber mal dieser Sitte an. In Ribeira Brava biegen wir schließlich ins Landesinnere ab und durchqueren auf der ER104 die Insel von Süd nach Nord. Links und rechts von uns türmen sich dabei riesige Felsen und Gebirge auf. Man kommt sich ein wenig wie in den Alpen vor. Allerdings sind hier die Hänge bis in die Höhe hinauf grün und mit Pflanzen überwuchert. Die Vegetation finden wir insgesamt eher tropisch als europäisch. Überall stehen Bananenstauden, Palmen und die Bäume sehen aus, als kämen sie direkt aus dem nächsten Regenwald. Nach diversen Kurven, Steigungen und steilen Abhängen erreichen wir schließlich Sao Vicente auf der Nordseite. Von hier aus geht es wieder auf eine Schnellstraße, eine so genannte Rapida. Der Vorteil gegenüber den alten Küstenstraßen besteht darin, dass man recht schnell von A nach B kommt und dabei nicht zwanzigtausend Kurven passieren muss. Der Nachteil ist, dass man dabei kaum etwas von seiner Umgebung zu sehen bekommt, da ein Großteil der Strecke durch Tunnel führt. Da ein Großteil der alten Küstenstraße aber sowieso wegen Steinschlaggefahr gesperrt ist, bleibt uns eigentlich aber auch keine andere Wahl, als die Rapida zu nehmen. Schließlich erreichen wir unser heutiges Tagesziel Porto Moniz. Wir haben gehört, dass es hier einige „Naturbadebecken“ geben soll und haben am Morgen ziemlich euphorisch unsere Badesachen eingepackt. Die Realität, die uns in Porto Moniz erwartet, ist allerdings eher niederschmetternd. Erstens sind die „natürlichen“ Becken gar nicht so natürlich, da das Wasser von einer dicken Betonwand zwischen den Felsen gehalten wird. Zweitens ist das Wasser in den Becken zwar relativ klar, aber leider sieht man so auch schnell den darin herumtreibenden Müll und einige tote Fische. Schade, also wird es mit dem Baden wohl heute nichts. Im offenen Meer ist Baden nämlich heute auch nicht angeraten. Die gelbe Flagge hängt am Strand aus, die einem doch sehr nahe legt, nicht Schwimmen zu gehen. Und auch die Brecher an den Felsen machen auf uns keinen allzu sicheren Eindruck. Stattdessen steuern wir das nächst beste Restaurant an und machen erstmal einen kleinen Mittagsstopp. Zwar kommt das Ambiente eher den zahlreichen, hier ebenfalls abgestiegenen Bustouristen im Alter von 70 bis Scheintod entgegen, doch das Essen ist durchaus genießbar und auch nicht zu teuer. Gut gesättigt machen wir uns schließlich auf die Weiterfahrt. Tapfer kämpft sich unser kleiner Chevy die Serpentinen hinauf, während wir mit zahlreichen Aahs und Oohs die Aussicht auf das Meer bestaunen. Schließlich haben wir in kürzester Zeit ca. 800 Höhenmeter überwunden und der Chevy bekommt auf einer Art Hochplateau eine kurze Verschnaufpause. Unser Fahrer Axel dagegen allerdings nicht. Mit der Ankunft in der Höhe sind wir auch gleichzeitig wieder in den Wolken gelandet. Innerhalb kürzester Zeit fahren wir durch pottendichten Nebel und können so nur einen Teil der atemberaubenden Landschaft erspähen. Links und rechts der Straße blühen Hortensien, Hibiskus und hunderte andere Pflanzen, die man bei uns in Deutschland nur mit Mühe im Garten zum Blühen bekommt. Wie muss es hier erst im Frühling aussehen?! Wohlbehalten erreichen wir bei Raposeira schließlich wieder die Schnellstraße der Südküste und flüchten uns vor dem Nebel in den nächst besten Tunnel. Je weiter wir abwärts fahren, desto mehr verzieht sich der Nebel und schließlich fahren wir wieder durch den Sonnenschein. Schon erstaunlich, wie sich das Wetter hier mit jedem Höhenmeter ändert. Wir erreichen schließlich Funchal, wo wir unser Auto wieder im altbekannten Parkhaus abstellen. In Funchal bummeln wir zunächst ein wenig durch die Gassen, bevor wir uns auf den Weg zu einem der zahlreichen Madeiraweinkeller machen. Da wir schon in Porto eine Portweinprobe gemeinsam genossen haben, wollen wir uns auf Madeira natürlich auch das lokale Pendant einmal anschauen. Leider zeigt sich bei der Ankunft am Weinkeller, was uns schon anhand der leeren Straßen und geschlossenen Geschäfte, hätte auffallen müssen. Wir kommen leider außerhalb der Geschäftszeit und müssen auf eine Madeiraweinprobe wohl oder übel verzichten. Etwas enttäuscht machen wir kehrt und fahren auf dem Heimweg noch einmal beim Modelo Supermarkt in Cancela vorbei. Hier erstehen wir neben ein paar Lebensmitteln auch diverse Flaschen Madeira. So eine Weinprobe kann man ja schließlich auch an Bord machen, oder? Zurück im Hafen hat Tim dann die Idee, doch auch gleich noch ein paar andere Crews zur Madeiraprobe einzuladen. So sitzen wir am Abend schließlich mit zig Leuten aus Deutschland, Schweden, Dänemark und Belgien gemeinsam im Salon von Hello World und testen uns durch die verschiedenen Madeiras. Jeder unserer Gäste hat eine Kleinigkeit zu Essen mitgebracht und ich verlese ein paar Informationen aus dem Internet über Madeirasorten, -herstellung und -lagerung. Insgesamt wird es mal wieder ein saunetter Abend. Für uns hat der Tag außerdem noch ein Gutes parat. Als wir von unserem Ausflug zurück an Bord kommen, bringt uns Hafenmeister Bruno unser sehnsüchtig erwartetes Paket mit den Ersatzteilen für unseren Baumbeschlag vorbei. Dank Carsten Burfeind von Hahnfeld Masten in Bremen können wir nun bald wieder unsere Einrollleine mit einem stabilen Beschlag am Baum befestigen. Die passenden Nieten hat er zum Glück auch gleich mitgeliefert. Fehlt nur noch die passende Nietzange. Unsere ist nämlich leider etwas zu klein. Aber da werden wir wohl auch noch irgendwie dran kommen können.
„Natürliches“ Schwimmbad in Porto Moniz
Sonntag, 30. September 2007: Madeira 0 sm
Super, die Sonne scheint und im Hafen herrscht völlige Flaute. Da freuen wir uns doch, dass heute mal wieder Tauchen bei uns auf dem Programm steht. Entsprechend frohgemut setzen wir uns nach einem ordentlichen Frühstück (Merke: Hungriger Magen taucht nicht gerne) in unseren treuen Chevy und machen uns auf den Weg nach Canico. Doch, oh je, bereits nach dem drittn Tunnel fängt es an zu Regnen und der Blick aufs Meer lässt Schlimmes vermuten. In Canico angekommen herrscht Ekelwetter und der Ozean brandet mächtig an die Steine. Die gelbe „Geh-nicht-Schwimmen“-Flagge ist gesetzt und mit dem Tauchen wird’s wohl heute erst mal nix. Naja, dann halt morgen. Wir setzen uns wieder in unser Auto, brausen zurück nach Quinta do Lorde, wo natürlich immer noch die Sonne scheint, und tauschen unser Tauchengeh-Outfit gegen zünftiges Wanderoutfit aus. Wenn wir nicht Tauchen gehen können, dann fahren wir halt in die Berge und gehen Wandern. Ja, so manch einer wird jetzt vielleicht aufhorchen. Wandern?! Brit und Axel!? Ja, ja, bekanntlich gehören wir eher nicht zu den Wandersleuten. Aber im Laufe der letzten Wochen und Monate haben wir herausgefunden, dass man manche Ecken einfach am Besten zu Fuß entdeckt. So eine richtige Leidenschaft haben wir allerdings immer noch nicht fürs Laufen entdeckt. Aber das kann ja vielleicht noch werden. Mit Rucksack, Notproviant, Wasser, Taschenlampe und Regenjacke bepackt, steigen wir also wieder ins Auto. Zunächst fahren wir zum höchsten Punkt der Insel, dem Pico do Areeiro. Dabei geht es teilweise über abenteuerliche Nebenstraßen mit Steigungen, die eine Achterbahn im Vergnügungspark leicht erblassen lassen. Unser Chevy quält sich im ersten Gang hinauf und ich stehe Heidenängste aus, dass wir bloß nicht hinten über kippen. Je weiter wir uns die Berge hinauf schrauben, desto schlechter wird allerdings auch mal wieder das Wetter. So viel also zum Mikroklima Madeira. Innerhalb kürzester Zeit stecken wir mal wieder mitten in den Wolken und haben eine Sicht von nicht einmal 50 Metern. Tapfer fahren wir trotzdem weiter. Man weiß ja nie, ob man nicht irgendwann oberhalb der Wolken wieder hinaus kommt. Schließlich erreichen wir jedoch den Parkplatz am Pico do Areeiro und haben immer noch Null Sicht. Tja, hilft nix, da müssen wir wohl den Berg wieder hinunter, ohne einen spektakulären Blick auf Madeira und das Meer ergattert zu haben. Wir beschließen in Richtung Santana und Sao Jorge an der Nordküste zu fahren. Und natürlich, je tiefer man kommt, desto besser wird das Wetter auch wieder. Hinter Santana biegen wir noch einmal von der Küstenstraße in Richtung Berge ab. Wir wollen mal schauen, ob man nicht in etwas geringerer Höhe eine kleine Wanderung machen kann. Ausgeguckt haben wir uns den Wanderweg von Queimadas nach Caldeirao Verde. Dieser führt fast die gesamte Zeit an einem Levada, dem uralten Bewässerungssystem Madeiras entlang. Die Levadas wurden bereits vor langer, langer Zeit angelegt, um den üppigen Wassermengen aus den Quellen der Berggipfe Herr zu werden und für die Bewässerung der Felder an den Hängen und Tälern zu nutzen. Insgesamt gibt es auf Madeira ca. 1.400 km Levadas an denen entlang man eine teilweise sehr unberührte Natur entdecken kann. In Queimadas angekommen, zeigt sich das Wetter von einer eher neutralen Seite. Wolken und Sonne wechseln sich ab. Wir entschließen uns trotzdem los zu wandern und sind schnell startklar. Entlang gut ausgeschilderter Pfade und immer neben dem leise gurgelnden Levada geht es durch urwaldähnlichen Wald. Links neben uns befindet sich eine bemooste Felswand, aus der das Wasser nur so herauszuströmen scheint. Rechts von uns geht es steil bergab. Zum Glück sehen wir angesichts des Nebels und der Wolken nicht, wie tief es da eigentlich hinab geht. Nach einer Weile fängt Axel allerdings trotz der schönen Natur um uns herum an zu murren. Ihm ist es zu langweilig. Mir eigentlich auch, obwohl ich die reine Luft und die – ich weiß es nicht anders zu beschreiben – Grünheit um uns herum eigentlich sehr genieße. Aber wir sind halt doch noch nicht so recht Wanderleute geworden. So drehen wir nach ca. 2,5 km wieder um und kehren zu unserem Auto zurück. Vielleicht ist Axel aber auch deswegen so unruhig, weil er unbedingt sein Buch zu Ende lesen will? Seit Tagen verbringt er eigentlich schon jede freie Sekunde mit „Der Schwarm“ (Danke an dieser Stelle noch mal an Thomas und Simone!). So auch heute. Kaum sind wir zurück an Bord, liegt Axel mit dem Buch bewaffnet im Cockpit und ist nicht mehr ansprechbar. Und ich kann mich darüber nicht einmal beschweren. Sonst bin ich es nämlich, die mit den Augen an den Buchstaben eines Buches hängt. Hauptsache Axel ist bald fertig damit! Erstens kann man dann mal wieder mit ihm reden und zweitens kann ich das Buch dann auch endlich haben 😉 So verbringen wir den Rest des Tages also mit Lesen im Cockpit und lassen uns dabei die Sonne (ja, die Sonne) auf den Bauch scheinen. Abends bleibt die Küche kalt und wir machen uns nur ein paar belegte Brote zum Abendessen. Schließlich will man seine Bücher (bei mir ist es übrigens „Totenmontag“ von Kathy Reichs) nicht allzu lange alleine liegen lassen.
Blick auf Madeira
Montag, 1. Oktober 2007: Madeira 0 sm
Oh je, wir müssen uns mal wieder Verabschieden. Eine der lästigsten Sachen beim Blauwassersegeln ist, dass man sich ständig von neuen, aber nicht desto weniger guten, Freunden verabschieden muss. So haben Tim und Steffi beschlossen, sich heute auf den Weg nach Gomera zu begeben. Schade, schade, wir hätten gerne noch den einen oder anderen Abend mit den Beiden verbracht. So dauert es wohl eine kleine Weile, bis wir uns irgendwo auf den Kanaren wieder sehen werden. Während Tim und Steffi mit ihrer Apelia weiter nach Süden segeln, starten wir einen erneuten Versuch Tauchen zu gehen. Heute haben wir auch mehr Glück dabei. Die Sonne scheint auch in Canico und das Meer hat sich wieder beruhigt. Vorher machen wir allerdings noch einen kurzen Stopp in Machico. Der Hafenmeister hat uns zwei Läden beschrieben, in denen wir eventuell die benötigte Nietenzange für die Befestigung der Halterung an unserem Baum bekommen könnten. Die Umfrage im Hafen hatte leider ergeben, dass keiner auf den anderen Schiffen über ein entsprechendes Werkzeug verfügt. Der erste Laden bringt leider nicht den gewünschten Erfolg. Zwar gibt es zwei verschiedene Nietzangen, doch beide sind deutlich zu klein für unsere Zwecke. Im zweiten Laden scheinen wir auch erst kein Glück zu haben. Die gleichen kleinen Nietzangen, wie im ersten Laden. Doch beim Stöbern zwischen den – nett formuliert – leicht angestaubten Werkzeugen, entdecke ich doch tatsächlich gleich zwei geeignete Nietzangen. Die Verpackung stammt zwar augenscheinlich aus den Siebziger Jahren und auch die Staubschicht ist entsprechend dick, doch was macht das schon. Die Nieten passen in die Zange und wir können endlich unsere neue Halterung anbringen. Weiter geht es schließlich zur Tauchbasis. In Canico angekommen, steigen Axel und ich schließlich frohgemut in unsere Tauchsachen und springen in das erfrischende Nass. Zum ersten Mal in unserer Tauchkarriere sind wir heute „alleine“ unterwegs. Ganz ohne Tauchführer oder andere Leute aus einer Tauchgruppe. Nur Axel und ich! Endlich können wir uns so auch einmal ganz auf das konzentrieren, was uns unter Wasser am meisten interessiert. Während Axel von Fisch zu Fisch schwimmt und jede Menge Fotos schießt, kann ich mich in Ruhe darauf konzentrieren meine Tarierung zu optimieren und zu Atmen. Es ist nämlich am Anfang gar nicht so einfach völlig schwerelos im Wasser zu schwimmen. Eine optimale Tarierung, also das Gleichgewicht zwischen mitgenommenem Blei und eingefüllter Luft im Tauchjacket, ist gar nicht so leicht zu erreichen. Insbesondere, wenn man jedes Mal an einem unterschiedlichen Ort taucht und die Tauchsachen noch sehr neu sind. Der Ort wirkt sich insofern aus, als dass der Salzgehalt und damit der Auftrieb an jedem Ort unterschiedlich ist. Und der neue Tauchanzug hat einfach mehr Auftrieb, als ein Alter, bei welchem schon einige Luftbläschen im Neopren in der Tiefe geplatzt sind und daher weniger Auftrieb verursachen. Auf jeden Fall genießen wir Beiden den Tauchgang sehr und lassen uns wieder von dem glasklaren Wasser und den vielen bunten Fischen begeistern. Da das Wetter so schön sonnig ist, beschließen wir nach dem Tauchen noch einen kurzen Ausflug nach Funchal zu machen. Direkt neben „unserem“ Parkhaus startet nämlich eine Seilbahn, die – laut Prospekt – einen besonders schönen Ausblick auf Funchal und das Meer ermöglicht. Davon wollen wir uns natürlich selber überzeugen und so erstehen wir zwei Hin- und Rückfahrttickets. Wir können auch direkt in die nächste Gondel einsteigen, allzu viel Andrang herrscht hier heute wohl nicht. Gemütlich lassen wir uns so innerhalb von 15 Minuten etwa 560 m höher befördern. An der Haltestelle Monte angekommen, gönnen wir uns erstmal einen kleinen Mittagssnack, bevor wir uns den tropischen Garten von Monte Palace anschauen. Neben der typischen Vegetation von Madeira findet man hier auch einen japanischen Garten mit hübschen Teichen und im Freien wachsenden Orchideen. Nachdem wir eine Stunde durch die Rabatten gewandert sind, nehmen wir schließlich wieder die Seilbahn zurück nach Funchal. Mit dem Auto geht es dann wieder in die Quinta do Lorde Marina, wo Axel noch schnell die neue Halterung für den Umlenkblock am Baum anbringt. Abends gehen wir mal wieder in unser Stammrestaurant am Hafen und genießen heute leckersten Reis mit Seeteufel und Garnelen. Zurück an Bord wird noch ein wenig gelesen, bevor wir schließlich ziemlich müde in unsere Kojen sinken.
Im tropischen Garten von Palace Monte
Dienstag, 2. Oktober 2007: Madeira 0 sm
Der Wecker klingelt! Das hatten wir ja lange nicht. Doch heute müssen wir mal früh aufstehen, um pünktlich um 9.15 Uhr in Canico zu sein. Wir haben uns für einen Bootstauchgang im Unterwasser Naturpark von Garajau angemeldet und sind schon mächtig gespannt, was uns dort erwartet. An der Tauchbasis bereiten wir auf den Tauchgang vor und steigen schließlich voll ausgerüstet in das Boot der Tauchbasis. Innerhalb von 5 Minuten haben wir unseren Tauchplatz erreicht und können ins Wasser. Beim Abtauchen an der Boje plagt mit mal wieder mein rechtes Ohr. Es will und will einfach keinen Druckausgleich über sich ergehen lassen. Immer wieder tauche ich ein Stückchen wieder auf, puste in meine Nase, wackle mit dem Kiefer und Schlucke. Alle drei Methoden sind für den Druckausgleich bewährt, wirken bei mir heute jedoch nur schleppend. Viel zu lange dauert es für mich, bis ich schließlich bei den anderen am Boden angekommen bin. Das ist nicht gut für meine Nerven und ich verbrauche viel zu viel Luft dabei. Doch als ich erst mal unten bin, kann ich den Tauchgang auch völlig entspannt genießen. Als erstes Highlight schwimmt ein zitronengelber Zackenbarsch herbei. Er ist gelinde gesagt riesig und verursacht ein wahres Blitzlichtgewitter unter Wasser. Zum ersten Mal wurde er 1991 hier gesichtet und findet sich jeweils im Frühjahr und Herbst an dieser Stelle ein. Er gehört damit zu dem ersten beobachteten Fisch, der ähnlich einem Vogel ein festgelegtes Wanderverhalten an den Tag legt. Der Zacki hört übrigens auf den passenden Namen Limao und wird von ganzen Massen an anderen Fischen umschwirrt. Wahnsinn, man kommt sich vor wie im Aquarium. Gleich ein paar Meter weiter kommt schon der nächste Riesenzackenbarsch ums Eck geschwommen. Die Tiere sind an Taucher gewohnt und lassen sich durch uns überhaupt nicht stören. Noch ein paar Meter weiter warten bunte Fischschwärme auf uns. Die Sicht unter Wasser ist auch hier wieder unbeschreiblich. Während wir an der Algarve ja gerade einmal unseren Vordermann noch sehen konnten, kann man hier mindestens 25 m weit in die Ferne schauen. Schließlich heißt es wieder auftauchen, denn die Luft ist mal wieder alle. Wir fahren mit dem Boot zurück zur Basis und Essen dort eine Kleinigkeit im Restaurant. Während ich mich wegen meiner Ohrenprobleme entschließe keinen zweiten Bootstauchgang zu machen, klettert Axel anschließend wieder in seine Tauchsachen und fährt mit dem Boot zum so genannten T-Riff. Auch hier erwarten ihn wieder massenhaft Fische. Vor allem Muränen lassen sich hier gut und besonders zahlreich beobachten. Währenddessen lasse ich mir schön auf einer Sonnenliege die Sonne auf den Bauch scheinen. Ist ein bisschen ein Gefühl wie Urlaub. Schließlich kommt Axel vom Tauchgang zurück und wir fahren wieder zu unserem Schiff nach Quinta do Lorde. Den Rest des Tages verbringen wir mit Entspannen und Ausruhen. Abends gibt es noch ein leckeres Gericht aus dem Wok und wir gehen früh in unsere Kojen. Tauchen schlaucht doch irgendwie ganz schön.
Riesenzackenbarsch „Limao“
Mittwoch, 3. Oktober 2007: Madeira 0 sm
Feiertag! Da gibt’s doch glatt mal ein Ei außer der Reihe zum Frühstück. Der tägliche Blick in den Wetterbericht bringt uns dann zu einer Entscheidung, was die Weiterfahrt nach Lanzarote angeht. Zwar ist für die nächsten Tage Schwachwind angesagt, doch danach dreht der Wind in eine völlig falsche Richtung und nimmt dabei auch noch unschön zu. Wenn wir das aussitzen würden, kämen wir womöglich erst am 10. Oktober hier weg. Das wäre uns allerdings ziemlich unrecht, da wir uns eigentlich ab dem 9. Oktober mit Axels Eltern auf Lanzarote treffen wollen. Da hilft wohl nur Motor an und durch. Auch wenn wir das nicht gerne machen, entschließen wir uns am nächsten Tag abzureisen und zu den Kanaren zu segeln. Dafür müssen wir allerdings noch ein paar Vorbereitungen treffen. Als Erstes fahren wir noch einmal zur Tauchbasis, sammeln unsere Sachen ein und bezahlen unsere Tauchgänge. Als nächstes wird noch einmal der Modelo Supermarkt geplündert und Proviant für die nächsten Tage eingekauft. Schließlich ist auch noch Bootspflege angesagt. Ein paar Kleinigkeiten müssen noch repariert werden. So hatte sich der Herd bei der Überfahrt hierher ein wenig losgearbeitet. Zum Glück muss nur eine Schraube angezogen werden und die Sache ist schnell erledigt. Etwas länger dauert es unsere Logge wieder gängig zu machen. Sie ist vollständig mit kleinen Muscheln bewachsen und muss erstmal ordentlich geschrubbt werden. Mal sehen, ob sie jetzt wieder unsere Geschwindigkeit durchs Wasser anzeigt. Schließlich geben wir auch unseren treuen Chevy wieder ab. Hoffentlich bekommt er erstmal ein paar Tage Ruhepause und einen guten Schluck Öl, bevor er zum nächsten Einsatz weiter muss. Als letzte Tat checken wir noch bei Catiá im Marinaoffice aus, bezahlen unsere Rechnung und bedanken uns noch einmal für die Freundlichkeit und den Service, der uns hier entgegen gebracht wurde. In keiner anderen Marina wurden wir bisher so sehr umsorgt, wie hier. Kaum stand man mit seinen Einkäufen auf dem Parkplatz kam auch schon einer der Hafenmeister mit seinem Golfwägelchen und fuhr einen zum Steg. Kaum ging man den Steg entlang, schallte einem auch schon ein „Good morning, my friend“ von selbigen entgegen. Und kaum hatte man auch nur einen fragenden Blick im Gesicht kam auch schon jemand und fragte, ob man einem helfen könnte. Da könnte sich so manch andere Marina ein riesiges Stück Freundlichkeit von abschneiden. Dass wir zudem gerade einmal 322 Euro Liegegebühr für neun Tage Aufenthalt bezahlen müssen, macht das Ganze noch perfekter. In Lagos hätten wir für das gleiche Geld gerade einmal drei Tage lang bleiben dürfen. Schließlich sind wir quasi Abreisefertig und verbringen den Abend entspannt mit Lesen und Logbuchschreiben im Salon. Unser Abendessen verdient übrigens eigentlich heute keine Erwähnung. Geben sollte es Lachskoteletts mit Spaghetti, aber der Lachs erwies sich als dermaßen fettig, dass daraus schließlich nur Spaghetti mit Knoblauchöl und Parmesan wurden. Da wären wir wohl mal besser bei den einheimischen Fischprodukten geblieben.
Donnerstag, 4. Oktober 2007: Madeira 0 sm
Ja, da ist sie wieder, die Sache mit dem Wetter. Waren wir gestern noch bereit nach Lanzarote durch die Flaute zu motoren, hat sich die Sache heute schon wieder ein wenig geändert. Nun soll ab Samstag doch ein schöner Nordwind vorherrschen, der uns komfortabel zu den Kanaren bringen könnte. Das kann sich natürlich bis Samstag auch wieder ändern. Doch wir haben heute beim Frühstück beschlossen, dem Wetter noch ein bis zwei Tage Chance auf mehr Wind zu geben und noch ein wenig auf Madeira zu bleiben. Die Aussicht zwei Tage durch zu motoren, ist einfach zu schrecklich. So können wir noch einmal einen Ausflug auf die kleine Halbinsel beim Hafen machen, ein wenig Schnorcheln gehen oder mal wieder die Kajaks schwimmen lassen. Mit dem ersten Punkt fangen wir dann auch direkt einmal an. Wir ziehen die leichte Wanderkleidung an, bepacken den Rucksack mit etwas zu Trinken und ein wenig Notproviant und machen uns auf den Weg zur Nordostspitze von Madeira. Obwohl noch früh am Tage, brennt die Sonne schon sengend vom Himmel. Da wird der Weg bergauf zur ganz schön schweißtreibenden Angelegenheit. Nachdem wir über die Straße den Ausgangspunkt zum Wanderweg Nr. 8 erreicht haben, geht es über einen gut gepflegten Wanderweg weiter. Im Vergleich zu unserer Wanderung entlang des Levadas, wo neben uns alles grünte und blühte, befinden wir uns hier in einer anderen Welt. Die Landschaft ist karg, felsig und nur stellenweise mit verdorrtem Gras bewuchert. An manchen Stellen kämpft sich das eine oder andere Gewächs durch den harten Untergrund. Und überall entlang des Weges wimmelt und wuselt es vor Eidechsen. Die kleinen Viecher sind ganz schön zutraulich und krabbeln einem munter über die Füße, sobald man nur ein klein wenig Stehen bleibt. Wahrscheinlich motiviert dieser Umstand die meisten Wanderer schnell weiter zu laufen. Manche unserer Wanderkameraden hetzten geradezu durchs Gelände. Bei dem Tempo sieht man ja gar nichts von seiner Umgebung. Wir gehen es etwas geruhsamer an, freunden uns mit den Eidechsen an und genießen an jeder Ecke den Ausblick. Dieser ist nämlich echt spektakulär. Links blickt man auf die schroffe Nordküste von Madeire, wo sich der Atlantik mächtig an den Felsen bricht. Rechts dagegen kann man in das glasklare Wasser der Baía da Abra schauen. Am Horizont sieht man im Norden Porto Santo, im Süden heben sich die Islas Desertas aus dem Ozean. Und hinter uns? Tja, da ziehen mal wieder dicke Regenwolken auf. Nach ca. 3 km machen wir uns daher wieder auf den Rückweg. An die Regenjacke hatten wir nämlich heute ausnahmsweise mal nicht gedacht. Doch wir haben Glück und erreichen Hello World trockenen Fußes. Erst als wir wohlbehalten unter unserem Bimini im Cockpit sitzen, fängt es ein wenig an zu Tröpfeln. Den Nachmittag verbringen wir geruhsam an Bord. So eine Wanderung ist ja auch ganz schön anstrengend. Da muss man sich erstmal wieder von erholen. Abends bereitet Axel leckeren Salat mit Hähnchenbrustfilet. Ein Glas Wein dazu, das Leben kann so schön sein!
Freitag, 5. Oktober 2007: Madeira 0 sm
War das Leben gestern noch so schön, sieht es heute gar nicht mehr so rosig aus. War es gestern noch das Wetter, was uns auf Madeira festhielt, ist es heute etwas anderes. Axel ist krank und liegt mit Fieber flach. Bereits in Deutschland hatte er früher ein paar Mal Probleme mit einer Entzündung im Darm. Die hat er nun leider wieder. Warum gerade jetzt? Keine Ahnung! Auf jeden Fall bekommt er jetzt erst einmal ordentlich Antibiotika und Paracetamol. Mit dem Segeln wird es deswegen in den nächsten Tagen auf jeden Fall erstmal nichts. Erst muss Axel wieder völlig in Ordnung sein. Während Axel unter Deck flach liegt, sitze ich bei schönstem Sonnenschein im Cockpit und bearbeite mal wieder meinen Laptop. Zwischendurch ab und zu mal Fieber messen und beruhigende Worte sprechen. So kann man den Tag auch schnell rum kriegen. Abends gibt es ein schonendes Nudelsüppchen und dann geht es auch schon früh ins Bett.
Samstag, 6. Oktober 2007: Madeira 0 sm
Nur gut, dass wir heute nicht ablegen müssen. Es regnet! Der Himmel ist grau und ein kalter Wind weht ins Cockpit. Muss das denn sein? Während Axel immer noch im Bett liegt, sitze ich wieder vor meinem Laptop. Immerhin ist das Fieber ein wenig runter gegangen und Axel fühlt sich etwas besser. Aber Schontag ist heute und morgen wohl auf jeden Fall noch angesagt. Am Nachmittag klopft es plötzlich ans Schiff. Hafenmeister Bruno bittet uns, doch mal bei Catiá im Office vorbei zu schauen. Schnell mache ich mich auf den Weg dorthin. Haben wir wohl irgendwas vergessen zu erzählen? Hätten wir noch mal Pässe und Papiere vorzeigen müssen, nachdem wir ja schon ausgecheckt haben? Nein, nein, man hat sich nur schon Sorgen um uns gemacht! Wenn Schiffe auschecken und dann plötzlich nicht abfahren, ist meistens einer krank an Bord, erklärt mir Catiá. Außerdem erzählt sie mir, dass es in Machico ein so genanntes Health Center gibt, wo die Ärzte auch Englisch sprechen. Die Behandlung sei umsonst. Ich solle nicht zögern und sie, die Hafenmeister oder den Nightguard um Hilfe zu bitten. So schlimm ist es aber zum Glück im Moment noch nicht. Aber es ist schon gut zu wissen, an wen man sich im Zweifelsfall wenden kann.
Sonntag, 7. Oktober 2007: Madeira 0 sm
Noch ein weiterer Tag Erholung für Axel. Immerhin nimmt er so langsam wieder etwas Nahrung zu sich und das Fieber ist auch fast weg. Der Wetterbericht verspricht ab Dienstag Nordwind und wir hoffen, dass bis dahin nicht wieder irgendetwas dazwischen kommt. Ansonsten verbringen wir den Tag wie gehabt mit Lesen, Dösen und – in meinem Fall – Staubsaugen. Muss wohl auch mal wieder sein. Eine Waschmaschine wäre auch mal wieder dringend nötig, aber angesichts der Preise hier in der Marina (8 Euro für eine Maschine) warten wir lieber noch ein wenig damit. Nachmittags kommen Rudolf und Gabriele von der Segelyacht Sunway kurz vorbei und fragen, ob es Axel besser geht und ob sie uns irgendwie helfen können. Vielleicht würden wir ja morgen gerne mit zum Einkaufen fahren? Würden wir gerne! Denn unsere sorgsam eingekauften Vorräte sind inzwischen ziemlich weg geschmolzen. Für die Überfahrt nach Lanzarote fehlen so grundlegende Dinge wie Brot und Brötchen. Auch ein wenig frisches Obst und Gemüse könnte nicht schaden. So verabreden wir uns schnell für den nächsten Vormittag, lehnen aber die Einladung auf ein Glas Wein doch lieber noch ab.
Montag, 8. Oktober 2007: Madeira 0 sm
Wie vereinbart, geht es heute Vormittag zum Shoppen in Richtung Funchal. Da Rudolf und Gabriele „nur“ einen Zweisitzer gemietet haben, müssen die Männer leider zu Hause bleiben. Der Zweisitzer ist einer von meinen geliebten Smarties und Gabriele und ich düsen munter damit los. Es scheint allerdings zunächst gar nicht so einfach, dass Madeira Shopping Center zu finden. Ein paar Versuche brauchen wir, aber dann haben wir es schließlich gefunden. Neben einem schönen Modelo Supermarkt gibt es auch einige Boutiquen und Shops. Wir machen uns getrennt auf die Suche und arbeiten jeder unseren Einkaufszettel ab. Mit schwer beladenen Einkaufswagen treffen wir uns schließlich in einem kleinen Café wieder. Schnell noch einen Espresso und dann wird der Smart erstmal richtig voll gestopft. Zum Glück passen unsere Einkäufe auch alle in den Kofferraum und wir machen uns auf den Rückweg nach Quinta do Lorde. Aber auch das ist nicht ganz einfach. An den wichtigen Ecken fehlen einfach die Hinweisschilder zur Schnellstraße. So kurven wir noch ein paar Straßen durch die Gegend, bis wir schließlich die richtige Auffahrt gefunden haben. Zurück in der Marina schleppen wir die Sachen zu unseren Schiffen und verabreden uns für den heutigen Abend auf ein Glas Wein. Axel ist soweit wieder fit und kann endlich wieder unter Leute gehen. Nachdem die Einkäufe im Bauch des Schiffes verschwunden sind, bereite ich noch ein wenig Proviant für die nächsten Tage vor. Nach einem Tipp von Gabriele koche ich eine große Portion Reis, die man auf See in so ziemlich jedes Gericht verwandeln kann. Ein Teil davon wandert direkt mit gebratenem Hähnchengeschnetzelten zusammen und leider, leider auch direkt weiter in meinen Magen. War einfach zu lecker! Wenigstens eine kleine Portion kann ich aber vor mir retten und im Kühlschrank verstauen. Schließlich machen uns Axel und ich mal wieder auf den Weg zu Catiá ins Office und bezahlen die Hafengebühr für die letzten Tage. Sie wünscht uns „mal wieder“ alles Gute und stattet uns noch mit dem neusten Wetterbericht aus. Nun müssen wir eigentlich nur noch los fahren. Abends gehen wir noch wie verabredet auf ein Glas Wein zu Rudolf und Gabriele rüber. Sie sind mit Ihrem Katamaran „Sunway“ ebenfalls auf Langfahrt unterwegs und wollen in den nächsten Tagen ebenfalls zu den Kanaren aufbrechen. Der Abend ist wie immer nett, jedoch heute mal nicht allzu lang. Immerhin müssen wir ja morgen mal wieder früh raus aus den Federn.
Dienstag, 9. Oktober 2007: Madeira – Atlantik 122,7 sm
Der Wecker klingelt um 7.30 Uhr. Schnell noch ein wenig frühstücken und schon sind wir abreiseklar. Zwar hatte Catiá uns gebeten, dass wir uns beim Ablegen von den Hafenmeistern helfen lassen, doch die haben leider erst um 9 Uhr Arbeitsbeginn. Zu spät für uns, denn da sind unsere Leinen schon los. Gabriele und Rudolf reichen sie uns an und winken uns zum Abschied. Wir sind gespannt, wann wir die Beiden wieder sehen. Im Rückwärtsgang geht es die schmale Hafenausfahrt hinaus. Dann richten wir den Bug auf die Islas Desertas und entscheiden uns die Inseln an Backbord zu lassen. Der Wind weht mit 4 bis 5 Beaufort aus Nordnordost und Hello World schießt nach dem Segelsetzen regelrecht auf Lanzarote zu. Doch zunächst passieren wir die karge Schönheit der Islas Desertas. Kein Grün scheint hier zu wachsen. Dafür soll es ein paar einzigartige Tierarten hier geben, wie zum Beispiel eine Spinne in Tarantelgröße. Da müssen wir vielleicht gar nicht anlegen! Können wir aber auch nicht, da uns die passende Genehmigung fehlt. Wollen wir aber auch nicht, da der Wind einfach viel zu gut ist. Wir rauschen durch das tiefblaue Wasser, dass es eine Freude ist. Mit 8 bis 9 Knoten kommt Lanzarote in Riesenschritten näher. Auf unserem Seekartenplotter entdecken wir zu unserem Erstaunen eine Stelle mit einer Tiefe von 35.664.000 m. Nicht schlecht! Da kommt man ja locker auf der anderen Seite wieder raus. Vielleicht sollten Judith und Sönke von der Hippopotamus hier mal vorbei schauen. Die wollen ja nach Neuseeland und könnten das Loch ja ggf. als Abkürzung nehmen. Der Tag vergeht ohne weitere Vorkommnisse. Zwar nimmt der Wind auf 6 Beaufort zu, doch Hello World quittiert das nur mit noch höherer Geschwindigkeit. Wenn das so weiter geht, sind wir womöglich morgen Nachmittag schon auf Lanzarote. Nicht auszudenken, wenn wir nur mit einer Nacht auf See auskommen würden. Aber der Wetterbericht lässt Böses vermuten. Er spricht von schwachen, umlaufenden Winden für den morgigen Tag. Aber vielleicht haben wir ja Glück und der Wind hält etwas länger durch, als angesagt. Den Tag verbringen wir ganz geruhsam, sitzen im Cockpit, starren den Wellen hinterher, lassen die Gedanken fliegen und lesen ein wenig. Axel liegt ein wenig unter Deck und holt sich schon mal ein paar Stunden Schlaf auf Vorrat. Mittags gibt es ganz gesund und super lecker Apfel-Möhren-Salat. Noch ist bei uns Schonkost angesagt. Wir wollen ja nicht, dass Axel mitten auf hoher See noch einmal einen Rückfall erleidet. Um uns herum ist derweil nichts als Wasser. Mal wieder keine anderen Schiffe, Yachten oder Delfine weit und breit zu sehen. Nach einem schönen Sonnenuntergang gegen 20.30 Uhr umfängt uns tiefschwarze Nacht. Es ist immer wieder ein wenig gewöhnungsbedürftig, so völlig ohne etwas zu sehen in die Dunkelheit zu fahren. Heute haben wir nicht mal das Glück, dass der Mond die Umgebung ein wenig erhält. Er ist schlicht und einfach nicht da. Dafür zeigen sich aber um so mehr Sterne am Himmel. Und auch sie erleuchten das Meer ganz gewaltig. Ich glaube nirgendwo kann man so viele Sterne sehen, wie mitten auf dem weiten Ozean. An Land ist einfach zu viel Licht von den Städten vorhanden, als dass man jeden noch so entfernten Stern sehen könnte. Bis 21 Uhr harre ich im Cockpit aus und werfe alle 10 bis 15 Minuten einen Rundumblick, damit wir auch ja keine anderen Schiffe übersehen. Doch, wie auch tagsüber, zeigt sich keine noch so winzige Positionsleuchte am Horizont. Schließlich ist Axel mit seiner ersten Wache dran und ich versuche unter Deck ein wenig Schlaf zu bekommen. Das ist leider mal wieder einfacher gesagt, als getan. Ersten ist 21 Uhr nun wirklich nicht meine normale Bettgehzeit und Zweitens schaukelt Hello World natürlich mal wieder ziemlich. Zur Abwechslung probiere ich heute einmal aus im Salon zu schlafen. Da wir auf Steuerbordbug segeln, kann ich mich auf dem Salonsofa gut breit machen. Doch so richtig will der Schlaf nicht kommen. In den Schränken klappert das Geschirr, in der Bordbar klirren die Flaschen und alle paar Minuten flappt das Großsegel gegen die Wanten. An die Trommelcombo im Heck, die uns an so manchen Nächten im Hafen begleitet, habe ich mich ja inzwischen gewöhnt. Aber heute spielt ein völlig anderes Orchester. Da muss man sich wohl auch erst einmal reinhören. Ein paar der Musiker werde ich aber auf jeden Fall vor der nächsten Nachtfahrt noch einen Maulkorb in Form von Geschirrtüchern und Haushaltspapier verpassen.
Helgoland am Horizont? Nein, Isla Deserta!
Mittwoch, 10. Oktober 2007: Atlantik – Lanzarote 159,9 sm
Ohne geschlafen zu haben, übernehme ich um Mitternacht die Wache von Axel. Der legt sich nach Achtern in die Koje und scheint innerhalb von Minuten eingeschlafen zu sein. Beneidenswert! Ich döse derweil im Cockpit vor mich hin. Dabei habe ich eines unserer Bassetti-Plaids um mich gewickelt, ein zweites Plaid liegt auf der Winsch unter der Sprayhood. Ich bette meinen Kopf gegen die so gepolsterte Winsch, schließe die Augen und öffne sie nur gelegentlich um Kurs und Windrichtung zu überprüfen. Alle 10 bis 15 Minuten stehe ich auf, lehne mich erst nach Backbord um die Sprayhood herum, dann nach Steuerbord. Auch wenn bei jedem Kontrollblick nichts zu sehen ist als Sterne, Sterne und jede Menge Wasser, bleibe ich doch lieber bei dieser Routine. Als ich gegen 2.30 Uhr gerade wieder zu solch einem Kontrollgang aufbreche, gibt es an Backbord plötzlich einen gewaltigen Knall. Was war das? Haben wir etwas gerammt? In dem schummerigen Licht kann ich nichts erkennen. Ein Blick auf die Logge zeigt, dass Hello World nur kurz ein paar Zehntel Knoten langsamer wird und dann mit unverminderter Geschwindigkeit weiter segelt. Wir haben uns also immerhin nichts eingefangen. Doch was kann solch einen Knall verursacht haben. Ein Wal? Ein Baumstamm? Ein Container war es sicherlich nicht, der würde anders klingen. Vielleicht war es ja auch nur eine Welle? Auch wenn nichts weiter passiert zu sein scheint, wecke ich doch lieber Axel. Der checkt unter Wasser schnell alles auf einen eventuellen Wassereinbruch, kann aber nichts entdecken. Danach legt er sich noch einmal kurz aufs Ohr und ich versuche meine Nerven ein wenig zu beruhigen. Um 3 Uhr kann ich dann endlich wieder unter Deck verschwinden und versuche noch einmal im Salon etwas Schlaf zu erhaschen. Zum Glück gelingt mir das diesmal auch stellenweise und ich bin nicht mehr ganz so müde, als ich Axel um 6 Uhr wieder ablöse. Der berichtet von einer ruhigen Wache. Nicht zu sehen und keine weiteren Rammings. Na denn. Während sich die Sonne ab 7.30 Uhr über den Horizont quält und das Meer erst in dunkel-, dann in hellgrau und schließlich in das schöne dunkelblau färbt, beschließt der Wind heute einmal, sich hundertprozentig an den Wetterbericht zu halten. Er flaut ab. Hello World wird immer langsamer und fängt blöde an zu Schaukeln. Da die Wellen hier auf dem Atlantik recht hoch sind, fehlt uns in den Wellentälern der Wind und die Segel fangen an zu Schlagen. Ich versuche es mit Anluven, also den Wind vorlicher in die Segel zu bekommen, doch auch das hilft nicht. In jedem Wellental kommt der Baum über. Der Baum wird dabei zum Glück von unserem Bullenstander auf der richtigen Seite gehalten, aber das Großsegel kippt natürlich ebenfalls erst nach Backbord und dann gegen die Steuerbordsaling. Es rappelt und scheppert und man mag dieses Gegeige nicht wirklich seinem Material und sich selbst antun. So starten wir schließlich um kurz vor Neun den Motor und bergen die Segel. Blöde, denn die verbleibenden 3 Windstärken würden auf der Ostsee ja auf jeden Fall für herrliches Segeln reichen. Aber da hat man eben auch nicht diese Wellen und Dünung. Gegen Mittag starten wir einen leicht genervten Versuch, dem Gedröhne vom Motor mit Hilfe des Spinnakers zu entkommen. Für eine Weile geht das auch ganz gut, doch nach anderthalb Stunden hat der Wind so weit nachgelassen, dass auch der Spinnaker nur noch hin und her schlägt. Also wird wieder motort. Naja, immerhin können wir so konstante 7,5 kn fahren und haben eine erwartete Ankunftszeit auf Lanzarote von 21.30 Uhr. Zwar bedeutet das, dass wir den Hafen im Dunkeln ansteuern müssen. Doch immerhin bleibt uns so eine weitere Nacht auf See erspart. Nach einem weiteren ereignislosen Tag auf See, senkt sich um 20 Uhr wieder die Dunkelheit herab. Wir befinden uns nur noch wenige Meilen von Lanzarote entfernt, doch noch ist kein Stück der Insel zu sehen. Erst als es richtig dunkel ist, können wir endlich das Leuchtfeuer von Punta Pechiguera am Horizont ausmachen. Trotz modernster Elektronik und elektronischer Seekarte ist es doch immer wieder beruhigend, wenn man schließlich das richtige Leuchtfeuer am Horizont ausmachen kann und weiß, dass man sich nicht allzu grob vernavigiert hat. Schließlich kommen auch weitere Lichter auf der Insel zum Vorschein und so langsam können wir die dunklen Umrisse von Lanzarote auf der linken und Fuerteventura auf der rechten Seite erkennen. Nachdem wir den Leuchtturm passiert haben, wird es dann plötzlich hell erleuchtet. Die Lichter der Hotels und Restaurants von Playa Blanca und Rubicón erscheinen uns fast blendend hell. Es ist gar nicht so einfach in diesem Lichtermeer die richtigen Feuer der Hafeneinfahrt auszumachen. Doch der Plotter hilft dabei natürlich ungemein. Einzig ein paar blinkende Lichter direkt verunsichern uns ein wenig. Die dort befindlichen Tonne sind leider weder in unseren Papier- noch in unseren elektronischen Seekarten verzeichnet. Da machen wir doch lieber einen großen Bogen drum herum. Schließlich erreichen wir die Marina Rubicón ohne weitere Probleme und werden schon von der Mole aus mit einem großen Hallo begrüßt. Axels Eltern Acki und Roswitha sind bereits seit gestern auf Lanzarote und werden hier ein paar Tage mit uns verbringen. Wir haben sie natürlich informiert, wann wir ungefähr den Hafen erreichen und freuen uns nun die Beiden zu sehen. In der Marina angekommen, wenden wir uns zunächst nach links und machen am Rezeptionssteg fest. Unsere Leinen werden mal wieder von freundlichen Hafenmitarbeitern angenommen und im Nu ist Hello World ordentlich vertäut. Während Acki und Roswitha sich auf den Weg zu uns machen, klarieren wir erstmal das Schiff und lassen die Umgebung ein wenig auf uns wirken. Der erste Eindruck ist jedenfalls schon mal ganz gut. Alles scheint sauber und der Hafen vermittelt eine nette Atmosphäre. Schließlich kommen Acki und Roswitha bei uns an und wir feiern unser Treffen mit einem netten Glas Sekt unter Deck. Schön, die Beiden mal wieder zu sehen. Ein langer Abend wird es allerdings heute nicht mehr. Wir sind hundemüde und fallen, kurz nachdem sich Axels Eltern wieder ins Hotel verabschiedet haben, umgehend in unsere Betten.
Nach langer Zeit mal wieder ein Flaggenwechsel