Blauwassertour 2009 – Teil 27

Siebenundzwanzigster Teil unserer Reise von Galapagos über den Pazifik zu den Marquesas vom 8. bis 30. April 2009.

Mittwoch, 8. April 2009: San Cristobal/Galapagos – Tag 1 auf dem Pazifik 79,1 sm

Hätte ich geahnt, dass man als Blauwassersegler immer so früh aufstehen muss… Heute sind wir bereits wieder um 6 Uhr auf den Beinen, frühstücken schnell eine Kleinigkeit und machen uns um 7 Uhr mit dem Wassertaxi auf den Weg an Land. Im Taxi treffen wir auf Teresa und gehen gemeinsam zum Markt. Dort erstehen wir das nötige Obst und Gemüse für die nächsten Wochen. Leider ist die Auswahl heute deutlich schlechter als samstags und so müssen wir auch noch einmal zum Supermarkt „Dos Hermanos“, um die restlichen Sachen dort zu kaufen. Mit einem Taxi geht es zurück zum Hafen und weiter aufs Schiff. Zurück an Bord wird das erstandene Obst und Gemüse gründlich mit Desinfektionsmittel gewaschen, damit wir uns keine unliebsamen Gäste damit einfangen. Dann wird alles ordentlich getrocknet, weg gestaut und Hello World reiseklar gemacht. Gegen 10 Uhr geht es dann noch einmal an Land. Wir treffen erneut auf Teresa, diesmal in Begleitung von Rob und verabschieden uns für die nächsten Wochen voneinander. Rob schenkt und noch zwei selbst gefertigte Fischköder, damit wir auf dem Pazifik auch was zu Futtern bekommen. Wir schauen schließlich noch einmal kurz bei Shark Sky vorbei und verabschieden uns dort von Tina und Manolo. Hoffentlich klappt es mit dem TO-Stützpunkt für die Beiden. Dann geht es noch einmal zum letzten Emailcheck ins Internetcafé. Zu dumm nur, dass die Verbindung dort heute mal wieder nur im Schneckentempo funktioniert. So müssen Antworten und ein paar andere Dinge leider unterbleiben. Wir kehren an Bord von Hello World zurück und bekommen, kurz bevor es los geht, noch Besuch von Jürgen von der „Monet“. Diese deutsche Yacht liegt seit gestern direkt vor uns und kennt uns bereits aus dem Pacific Island Net. Jürgen holt sich noch ein paar Tipps für Galapagos von uns und wünscht uns eine gute Reise. Um 12.10 Uhr geht dann endlich der Anker auf. Wir motoren aus der Wreck Bay hinaus und setzen optimistisch das Großsegel. Doch mit dem Wind ist das mal wieder so eine Sache. Er weht nur mit 1-2 Beaufort, was deutlich zu wenig zum Segeln für uns ist. Also motoren wir bei niedriger Drehzahl und erreichen trotzdem 7 kn Geschwindigkeit über Grund. Dank dem Humboldtstrom werden wir deutlich voran gepuscht. Axel gibt Rasmus und Neptun traditionell einen guten Schluck aus der Rumbuddel und bitten ihn ehrfürchtig um guten Wind und eine ruhige Überfahrt. Mal schauen, ob es diesmal besser wirkt, als auf der Atlantiküberquerung. Wir ziehen mal wieder die Angel hinter uns her und just als eine Schule Delfine in Sicht kommt, schlägt sie an und die Leine rauscht mit einer rasenden Geschwindigkeit aus. Da muss etwas Großes angebissen haben. Zu groß, wie sich herausstellt, denn unsere Bremse kann die Leine nicht annähernd vom Abspulen abhalten. Schließlich sehen wir, wie ein ziemlich großer, haiartiger Fisch in die Luft springt und sich so von der Angelleine befreit. Wir kurbeln die Leine wieder ein und sind einigermaßen erstaunt, dass unser Köder noch dran ist. Puh, da haben wir noch einmal Glück gehabt. Nach dieser Aufregung beobachten wir erst einmal die Delfine. Sie springen wie immer akrobatisch aus dem Wasser und spielen um unseren Bug. Diesmal haben wir es mit einer Grupper Großer Tümmler (Bottlenose Dolphin) zu tun. Sie schnattern dabei mit zirpenden Geräuschen und unterhalten sich anscheinend über uns. Wir unterhalten uns auch, nämlich um 16.45 Uhr mit „Carina“ und „Yohelah“ auf dem Funk. Die Beiden sind auch heute gestartet, liegen jedoch schon deutlich hinter uns zurück. Wiedersehen werden wir sie hoffentlich in ein paar Wochen dann auf den Marquesas. Anschließend nehmen wir wie auf See gewohnt am Pacific Passage und am Pacific Island Net teil. Heute sind jedoch recht schlechte Funkbedingungen und es rauscht ziemlich im Äther. Anschließend essen wir zum Abendbrot gebratene Hähnchenschenkel und Brokkolisalat. Beides habe ich bereits morgens vor der Abfahrt zubereitet, so dass ich jetzt umso weniger Arbeit damit habe. Gegen 20.15 Uhr können wir dann doch endlich noch die Segel setzen und den Motor abstellen. Wir haben Isla Floreana erreicht und können hinter der Insel ein Stück südlicher fahren. Statt 254° liegen nun 230° und der Wind kommt etwas vorlicher ein. Außerdem hat er auch noch ein wenig aufgefrischt, so dass wir anfangs mit schönen 6-7 kn segeln können. Im Laufe des Abends werden wir jedoch schließlich immer langsamer. Ich lege mich um 21 Uhr mal wieder hin, während Axel seine erste Wache schiebt. Gegen 22.30 Uhr hat der Wind dann wieder völlig abgeflaut, so dass wir die Genua bergen und wieder motoren müssen.

Ein „Muss“ vor langen Passage – der Opferschluck für Rasmus und Co.

Donnerstag, 9. April 2009: Tag 2 auf dem Pazifik 124,7 sm

Wie üblich gibt es um Mitternacht den ersten Wachwechsel. Der Wind hat erfreulicherweise wieder etwas zugenommen, so dass wir wieder Segel setzen können. Ach, welch herrliche Ruhe an Bord. Außerdem erhellt der dicke Vollmond das Meer taghell. Das ist sehr schön zum Eingewöhnen an die Nachttörns, auch wenn das wohl eher psychologische Gründe hat. Die Sicht auf andere Schiffe wird dadurch nämlich nicht unbedingt besser. Während ich so im Cockpit sitze und in die Gegend starre, stelle ich fest, dass unser Instrument im Cockpit doch tatsächlich 24 Uhr statt 00 Uhr anzeigt. Da muss Raymarine wohl einen kleinen Softwarefehler bei seinem Graphic Instrument haben. Ansonsten lerne ich mal wieder ein wenig Französisch und döse so vor mich hin. Um 3 Uhr darf dann Axel wieder ran und ich verkrümel mich in die Salonkoje. Allerdings werde ich eine halbe Stunde später vom Funk wieder aus der Koje geworfen. Die ecuadorianische Küstenwache von Isla Fernandina will wissen, wer wir sind und wohin wir wollen. Nachdem wir alle Fragen – natürlich in perfektem Spanisch – beantwortet haben, wünscht man uns gute Reise und wir dürfen unbelästigt weiterfahren. Ohne weitere Unterbrechungen schlafe ich bis 6 Uhr und dann darf Axel sich noch einmal hinlegen. Während die Sonne am Horizont aufgeht, schreibe ich ein wenig Logbuch und überprüfe unsere Wetterdaten. Anschließend wird Kaffee gekocht und das Frühstück bereitet. Der Wind wird mal wieder immer weniger und wir dümpeln schließlich nur noch mit 3,5 kn durch die Gegend. Dabei lässt ein recht anstrengender Schwell die Segel flappen und unter Deck muss man sich schon wieder ganz gut festhalten, um nicht durch die Gegend zu fliegen. Aber derzeit ist es immer noch besser als damals auf dem Atlantik. Beim Frühstücken können wir dann etwa eine halbe Meile neben uns einen großen Wal beobachten. Er macht sich einen Spaß daraus aus dem Wasser zu springen und fabriziert einen Bauchklatscher nach dem anderen. Bestimmt ist das mal wieder ein Buckelwal. Nach dem Frühstück gegen 8.30 Uhr ist dann erst einmal Abwaschen angesagt. Auf See versuchen wir das nur einmal am Tag zu machen, da wir ein wenig auf unseren Wasserverbrauch achten. Auch wenn wir einen Wassermacher haben, wollen wir ja nicht unnötig Energie dafür verbrauchen. Auch geduscht wird nicht jeden Tag, obwohl wir uns heute mal den Luxus leisten. Ansonsten kommt der gute, alte Waschlappen zum Einsatz. Nachdem auch dieser lästige Tagespunkt erledigt ist, setzen wir den Spinnaker und versuchen so das letzte aus dem wenigen Wind heraus zu holen. Als wir auch so nur noch 2 kn Fahrt machen, bei einem Knoten Schiebestrom wohlgemerkt, geben wir schließlich auf und bergen die Segel. Ab 12.15 Uhr wird somit wieder motort. Axel legt sich nachmittags ein wenig aufs Ohr, während ich draußen aufpasse. Immerhin ist auch hier auf dem weiten Ozean noch mit anderen Schiffen zu rechnen. Einen Thunfischfänger mitsamt Helikopter haben wir bereits passiert. Ich lese dabei Kathy Reichs „Deadly Decisions“, ansonsten ist nicht viel zu tun. Die Angel ist zwar draußen, doch bisher beißt kein Fisch. Wir passieren noch ein weiteres Thunfisch-Fangschiff und hoffen, dass wir nicht in deren Langleinen oder Netze geraten. Während ich um 17 Uhr mit dem Pacific Passage Net funke, stellt sich schließlich wieder ein wenig Wind ein, so dass wir schnell Segel setzen. Dabei gerät uns dummerweise die Angelleine um den Kiel und wie haben damit wohl einen ziemlich dicken Fisch gefangen. Kurzerhand kappen wir die Leine und binden den Rest an die Reling. Den Köder müssen wir dann bei Gelegenheit mal wieder einsammeln. Axel funkt anschließend mit Günter und dem Pacific Island Net und erfährt mal wieder die neusten Geschichten über Galapagos. Nur gut, dass wir uns damit nun nicht mehr herum ärgern müssen. Der Wind bleibt freundlicherweise stetig und wir kommen gut mit 5 bis 6 kn voran. Zum Abendessen gibt es dann Runzelkartoffeln mit Avocado Mojo. Leider stelle ich dabei fest, dass die frisch gekauften Kartoffeln ziemlich schlecht sind. Überall finden sich faule Kerne und schlechte Stellen, die von außen nicht zu sehen waren. So ein Mist! Verhungern müssen wir deswegen zwar nicht, denn es befinden sich zum Glück genügend Ausweichmöglichkeiten an Bord. Ärgerlich ist es aber trotzdem. Gegen 21 Uhr verschwinde ich dann mal wieder in der Salonkoje, allerdings bleibt mir auch heute wenig Schlaf vergönnt. Kaum eine Stunde später weckt mich Axel nämlich mit dem Ruf „Maus komm mal hoch, wir haben uns was eingefangen“. Und tatsächlich, hinter unserem Heck kann man deutlich eine dicke Leine schwimmen sehen. Unsere Geschwindigkeit ist dabei auf 2 kn runter gegangen und wir hängen wohl mal wieder in einer Langleine. Bei genauerer Betrachtung sehen wir hinter uns auch ein paar Fischer herum leuchten. Kurzerhand holt Axel die Leine am Heck mit dem Bootshaken hoch und ich kappe sie mit einem Messer. Mit einem lauten Zing verschwindet das eine Ende und das andere Ende zieht sich langsam vor unserem Kiel entlang nach achtern raus. Obwohl wir nun eigentlich wieder frei segeln können sollten, will Hello World nicht so recht voran. Ob da wohl noch irgendwas an uns dran hängt? Wir schalten mutig die Maschine an und motoren mit ein wenig Power gegen was-auch-immer an. Nach fünf Minuten checken wir, ob das Manöver was gebracht hat und siehe da, wir segeln wieder mit normalem Speed. Nach dieser Aufregung fällt es schwer wieder in den Schlaf zu finden und so bin ich ziemlich müde, als Axel mich um Mitternacht wieder weckt.

Üben für Französisch Polynesien

Freitag, 10. April 2009: Tag 3 auf dem Pazifik 131,3 sm

Damit ich im Cockpit nicht aus Versehen einschlafen, höre ich mir heute mal während meiner Wache ziemlich laute Rockmusik auf unserem MP3-Player an. Das wirkt und ich beobachte wach und aufmerksam das Wasser um uns herum. Allerdings zeigt sich nicht ein weiteres Schiff und wir bleiben zum Glück auch nirgendwo mehr dran hängen. So kann ich Axel um 3 Uhr wieder wecken und nun endlich ein paar Stunden am Stück schlafen. Pünktlich um 6 Uhr wache ich wieder auf und löse Axel ab, der wie gewöhnlich noch für ein paar Stunden in die Koje verschwindet. Ich lausche mal wieder ein paar Lektionen Französisch und lerne so langsam die neue Sprache. Um 8 Uhr horchen wir dann mal wieder ins Panama Pacific Net rein und geben auch dort unsere Position an. Auch „Yohelah“ und „Carina“ melden sich, so dass wir wieder genau wissen, wo sich die Beiden gerade befinden. Der Abstand wird leider immer größer, doch dafür nähern wir uns langsam aber sicher den ersten Vorläufern. Mal schauen, wann wir den ersten überholen. Wir frühstücken gegen 9 Uhr im Cockpit und anschließend mache ich mich ein wenig an die Küchenarbeit. Ich bereite zunächst eine leckere Spicy Peanut Sauce, die es abends mit Reisnudeln geben soll. Bis dahin verschwindet sie erst einmal im Kühlschrank. Da Ostern ist, mache ich auf Wunsch des Skippers außerdem auch ein wenig Eierlikör. Das dazu passende Eis wartet bereits im Tiefkühler. Damit nicht genug. Fürs Mittagessen wird aus den gestern übrig gebliebenen Kartoffeln ein Salat zubereitet. Außerdem verwandle ich einen unserer Weißkohle in einen Kolumbianischen Krautsalat. Der hält sich über lange Zeit auch ohne Kühlung und kann so immer bei Gelegenheit geknabbert werden. Während ich eine Portion Eierlikör noch mit etwas Maracujasaft verfeinere, rauscht endlich mal wieder unsere Angel aus. Wir bremsen das Boot ab indem wir in den Wind gehen und die Genua bergen. Dann wird der Fisch langsam aber stetig heran gekurbelt. Das lässt er anfangs auch noch recht kampflos mit sich machen, doch als wir ihn in Schiffsnähe haben, fängt er wie wilde an zu reißen. Unsere Angel biegt sich beängstigend und Axel versucht den Fisch Stück für Stück heran zu holen. Wir sehen einen riesigen leuchtendblauen Körper unter Wasser in die Tiefe streben und freuen uns schon auf leckeren Mahi Mahi zum Abendessen. Doch da haben wir die Rechnung wohl ohne den Fisch gemacht. Der reißt sich nämlich plötzlich los und verschwindet mitsamt unserem Köder in die Tiefen des Ozeans. Mist, wenigstens den Köder hätte er ja dran lassen können. Wir bestücken die Angel neu und hoffen auf weitere Bisse. Da wir von Rob vor der Abreise noch zwei Köder geschenkt bekommen haben, brauchen wir uns im Moment auch noch keine Gedanken über eventuellen Ködermangel zu machen. Aber wenn wir die Dinger weiterhin so schnell verschleißen, könnte es bis zu den Marquesas doch eng werden. Bevor ich das Chaos in der Kombüse beseitige, verarbeite ich schließlich unser frisch gekauftes Basilikums noch schnell zu einer Paste. Die wird im Kühlschrank aufbewahrt und kann bei Bedarf über Tomate mit Mozzarella oder irgendwelche Nudeln gegeben werden. Zum Mittagessen gibt es dann Würstchen mit Kartoffelsalat, ein großer Glücksmoment für Axel. Anschließend schreibe ich mal wieder ein wenig Logbuch, während Axel sich über Geschäftsmöglichkeiten im Weltall informiert („Space“ von Lou Dobbs). Auch ich lehne mich irgendwann im Cockpit zurück und fange mal wieder ein neues Buch an („Mord im Dunkeln“ von Dan Turèll). Da sich eine weitere unserer Großsegellatten versucht ihren Weg aus der Lattentasche zu bahnen, gibt es auch mal wieder ein wenig Arbeit an Deck. Axel näht die Tasche kurzerhand bei gesetztem Segel zu, wie wir dies schon auf Galapagos mit einer anderen Tasche gemacht haben. Schließlich wollen wir nicht unsere Latten auf dem Grund des Pazifiks verteilen. Gegen 15.45 Uhr verlässt uns leider mal wieder der Wind und wir entscheiden uns statt zu dümpeln mal wieder die Dieselgenua anzuwerfen. Wir lassen uns davon jedoch nicht die gute Laune verderben und genießen erst einmal ein leckeres Schoko-Vanille-Eis mit Eierlikör. Natürlich nur ein ganz kleiner Schuss. So vergeht der Nachmittag ziemlich schnell und schon ist es wieder Zeit zum Funken. Auch die Yachten vor und hinter uns haben scheinbar keinen Wind und so motort die Flotte geschlossen gen Südwesten. Zum Abendessen gibt es dann Nudeln mit der vorbereiteten Erdnusssauce. Einfach, aber lecker. Anschließend ist dann leider mal wieder Großputz in der Küche angesagt. Wie gerne hätte ich doch jetzt meinen lieben Geschirrspüler von zu Hause wieder. Um kurz nach halb Neun hat der Wind dann mal wieder ein wenig auf segelbare Ausmaße zugenommen. So setzen wir also die Segel und wunderbare Ruhe kehrt an Bord ein. Bis 21 Uhr sitze ich dann noch mit Axel im Cockpit, bevor ich mich mal wieder zur Nachruhe in den Salon begeben darf.

Kleine Glücksmomente, es gibt Frankfurter Würstchen mit Kartoffelsalat

Samstag, 11. April 2009: Tag 4 auf dem Pazifik 133,4 sm

Als ich um Mitternacht von alleine aufwache, dümpelt Hello World mit gerade einmal 2,9 kn und schlagenden Segeln über den Pazifik. Axel wollte mich nicht wecken und hat den Motor deshalb nicht angeworfen. Das holen wir nun allerdings nach, denn in dem Tempo dauert es wohl noch Wochen, bis wir in eine windreichere Zone gelangen. Zu allem Übel kommt auch noch eine freche Regenwand daher. Durch eine kleine Kursänderung gelingt es mir jedoch dem ersten Schauer zu entkommen. Wie gut, dass man den Regen auf dem Radar so schön sehen kann. Um 1 Uhr nimmt der Wind mal wieder zu und wir setzen mal wieder Segel. Allerdings nur um eine halbe Stunde später wieder den Motor anzustellen. War wohl nur von den Wolken angetäuscht. Und wie könnte es anders sein, fängt es eine Stunde später dann doch noch an zu Regnen. Zum Glück währt das Schauspiel jedoch nur kurz und ich sitze den Rest meiner Wache im Trockenen. Um 3 Uhr übernimmt Axel wieder und ich verhole mich in die Koje. Beim Brummen des Motors lässt es sich hervorragend schlafen. Aber ich konnte auch schon immer besonders gut in Zügen, Autos oder Flugzeugen schlafen. Das Brummen hat einfach so etwas angenehm monotones an sich. Pünktlich um 6 Uhr wache ich wieder auf und löse Axel von seiner Wache ab. Der Himmel zeigt sich wolkig und grau, kein wirklich netter Anblick am Morgen. Während sich Axel noch für ein paar Stündchen zur Ruhe legt, beobachte ich, wie der Wind langsam wieder mehr wird. Ob man noch mal einen Segelversuch wagen sollte? Aber dann würde Axel schon wieder unsanft aus dem Schlaf geholt werden. Also warte ich damit, bis Axel von alleine wach wird und wir setzen gemeinsam die Segel. Anfangs mit 3,5 kn, wenig später jedoch mit 4,5 kn geht es in Richtung Südwesten. Einzig komisch daran ist, dass der Wind inzwischen aus Südsüdost kommt und wir daher am Wind segeln müssen. Nun denn, immerhin brummt der Motor nicht und bei dem leichten Lüftchen hält es sich mit der Schräglage auch in Grenzen. Wir melden uns kurz beim Panama Pacific Net und erfahren die Positionen einiger Segler um uns herum. „Carina“ und „Yohelah“ bleiben immer weiter zurück und ein paar der vor uns gestarteten Yachten haben wir inzwischen auch bereits eingeholt. Scheinbar haben wir es mit dem Wind gar nicht so schlecht getroffen. Gegen 9 Uhr frühstücken wir, heute zur Abwechslung mal Spiegelei auf Toast. Den Vormittag verdösen wir bzw. lesen in unseren Büchern. „Mord im Dunkeln“ erweist sich als etwas langatmig und nicht gerade actionreich und Axel hat sich heute mal „Nacht über den Wassern“ von Ken Follett geschnappt. Hello World zieht derweil ihren Kurs durch die See und bringt uns mit 3,5 bis 4,5 kn weiter in Richtung Marquesas. Mittags gibt es ein wenig von dem gestern bereitete Krautsalat, dann wird weiter gelesen und gedöst. Was will man auch sonst machen. Das graue Wetter verleitet jedenfalls nicht zu irgendwelchen Aktionen an Bord. Nicht mal die Angel macht den Anschein, als ob sie große Lust hätte irgendetwas zu fangen. Vielleicht sind wir für die schnellen Mahi Mahis oder Thunfische aber auch einfach zu langsam. Der Himmel wird immer grauer und gegen 14 Uhr fängt es gar an zu Regnen. Wir nutzen jeden kleinen Windhauch und setzen Segel, doch meist reicht es nur für kurze Zeit zum Segeln. Während wir mal wieder mit 3-4 kn durch die immer aufgewühltere See pflügen, erweist sich dann unsere Theorie bezüglich des Mahi Mahis für untauglich. Die Angel schlägt unvermutet an und wir können uns einen kleinen Fisch an Bord holen. Scheinbar handelt es sich diesmal um ein recht junges Exemplar, der mit einer Gruppe anderer Jugendlicher unterwegs ist. Auf jeden Fall können wir um unseren Mahi noch etwa zehn weitere Fische der gleichen Größe entdecken. Der Fisch wird schnell ausgenommen und der Regen hilft anschließend das Deck sauber zu waschen. Dann funke ich mit „Carina“ und „Yohelah“, bevor es mit dem Pacific Passage Net weiter geht. Wir haben inzwischen auch unsere schwedischen Freunde von „Hokus Pokus“ und „Panacea“ überholt. Als nächstes nehmen wir uns die australische Yacht „Reality“ vor. Scheinbar haben wir es auch noch ganz gut mit dem Wind erwischt, denn viele Yachten vermelden keinen oder kaum Wind. Axel funkt anschließend mit Günter, bevor wir es uns mit einem leckeren Weißkohleintopf im Cockpit gemütlich machen. Eigentlich handelt es sich dabei um Kohlrouladen, nur ohne das Hack in die Kohlblätter einzuwickeln. Wie immer sehr lecker und genau das Richtige für das eklige Wetter. Wenig später fängt es dann auch wieder richtig an zu schütten. Nach dem Regenschauer ist der Wind völlig weg und wir motoren in die Nacht hinein. Ich gehe um 21 Uhr auf Matratzenhorchstation, während Axel es sich im Nassen gemütlich macht.

Schietwetter auf dem Pazifik

Sonntag, 12. April 2009: Tag 5 auf dem Pazifik 176,9 sm

Der Wind hat wieder zugenommen, als ich um Mitternacht ins Cockpit geklettert komme. Also setzen wir Segel und versuchen mal wieder unser Glück. Bei Ost 3-4 und später sogar Südost 5 geht es rasant durch die Nacht. Wir erreichen endlich mal wieder ordentliche Geschwindigkeiten von 8 kn. Nur der Regen ist etwas lästig. Nach dem üblichen Wachwechseln um 3 und um 6 Uhr gibt es gegen 9 Uhr ein schönes Ostersonntagsfrühstück. Natürlich mit Ei, allerdings ohne die traditionelle Sucherei nach Schokoladeneiern. Die haben wir nämlich leider nirgendwo in Panama oder Ecuador finden können. Schade eigentlich. Für Axel gibt es aber trotzdem ein Ostergeschenk, nämlich ein tolles Schweizer Messer. Eigentlich sollte es das erst zum Geburtstag geben, aber ich kann natürlich mal wieder nicht so lange warten. Der Regen nimmt erfreulicherweise beständig ab, während der Wind konstant bleibt. Hello World saust weiterhin mit ordentlicher Geschwindigkeit durch den Pazifik. Wäre ja klasse, wenn das mit dem Speed so bleiben würde. Dann könnten wir bereits in 14 Tagen auf den Marquesas sein. Aber das ist wohl zuviel geträumt. Wir vertrödeln den Tag wie gewohnt mit Lesen, Herumdösen und Essen. Der Himmel bleibt weiterhin grau und ein Blick auf den Wetterbericht zeigt, dass wir wohl auch noch mit ein wenig Regen rechnen müssen. Wir versuchen unseren Kurs ein wenig zu ändern, damit wir nicht völlig ins Zentrum der Squalls fahren. Mal schauen, ob sich die Taktik auswirkt. Scheinbar haben wir Glück mit unserer Entscheidung, denn der Wind bleibt konstant und wir bekommen kein Tröpfchen Regen mehr ab. Um kurz vor 16 Uhr beschließen wir dann die Gelegenheit zu nutzen und setzen direkten Kurs auf die Marquesas ab. Wir baumen die Genua an Backbord aus und hoffen, dass der Südostpassat durchhält. Beim täglichen Funkgespräch mit „Carina“ und „Yohelah“ erfahre ich, dass die Beiden inzwischen ebenfalls im Regen angekommen sind. Während Carina mit Squalls und bis zu 35 kn Wind zu kämpfen hat, dümpelt Yohelah etwas weiter südlich bei Regen mit 2,2 kn durch die See. Anschließend moderiere ich mal wieder das Pacific Passage Net. Der Empfang ist heute ganz gut und so kann ich ganze 21 Yachten aufnehmen. Zwei davon sind jedoch so schlecht zu verstehen, dass ich ihre Position nicht mitbekomme. Wie es ausschaut, haben wir inzwischen auch „Reality“ überholt. Als Nächstes kommt jetzt das litauische Schiff „Ravaine II“ an die Reihe. Die liegen 100 sm vor uns, so dass wir uns dafür ein wenig anstrengen müssen. Da sonntags kein Günter Netztag ist, gibt es im Anschluss direkt Abendessen. Da wir nirgendwo Lamm bekommen konnten, gibt es zum Ostersonntag Mahi Mahi mit Guacamole und Toastecken mit Knoblauchöl. Sehr lecker und ganz bestimmt eines Feiertags würdig. Danach ist jedoch mal wieder Großkampf in der Spüle angesagt. Ich schrubbe mich durchs dreckige Geschirr, während Axel im Cockpit aufpasst. Hat der es gut! Dann wird noch schnell der Eintrag fürs Online-Logbuch verschickt und schon sitze auch ich wieder im Cockpit. Wir reffen die Genua ein Stück weg, damit wir in der Nacht nicht irgendwelche unliebsamen Überraschungen erleben. Sicher ist sicher. Und Hello World läuft auch so noch mit knapp 8 kn weiter. Um 21 Uhr verschwinde ich dann mal wieder in der Koje. Axel lehnt sich mit einer Decke und dem MP3-Player im Cockpit zurück und passt auf, dass wir keine anderen Schiffe rammen. Immerhin zwei Frachter konnten wir heute auf unserem AIS beobachten und ein paar Yachten treiben sich hier ja auch noch rum.

Vorbereitung aufs Pacific Island Net

Montag, 13. April 2009: Tag 6 auf dem Pazifik 178,0 sm

Unsere Wachen verlaufen erfreulicherweise ereignislos und ruhig. Hello World sprintet weiter in Richtung Marquesas und lässt sich von nichts dabei stören. Ich reffe um 7 Uhr die Genua aus und wir werden noch ein wenig schneller. Auch wenn viele Leute behaupten, dass Langstrecken das Schönste überhaupt sind, können wir dem nicht wirklich zustimmen. Wir sind wirklich lieber irgendwo angekommen und amüsieren uns dort. Lernen Land und Leute kennen, statt wochenlang nur Wasser zu sehen. Für uns ist definitiv nicht der Weg das Ziel und so freuen wir uns mit jedem Zehntelknoten, dass wir es so schneller ans Ziel schaffen. Natürlich rechnen wir bei der Reiseplanung immer sehr konservativ mit einer langen Zeit und schlechten Etmalen (zurückgelegte Strecke innerhalb von 24 Stunden). Aber sobald wir auch nur ein wenig schneller als geplant sind, beginnt schon das Hoffen auf eine baldige Ankunft. Immer wieder wird geprüft, was der GPS als ETA, also Estimated Time of Arrival angibt. Leider variiert das je nach Geschwindigkeit derzeit zwischen dem 25. April und dem 5. Mai. Zu groß ist die Strecke, die noch vor uns liegt, als dass sich eine einigermaßen verlässliche Angabe machen ließe. Wie üblich Frühstücken wir gegen 9 Uhr im Cockpit und müssen aufpassen, dass uns nicht das Nutella vom Toast rutscht. Mit dem Wind sind nämlich auch mal wieder die Wellen gekommen und Hello World rollt ziemlich in einer recht konfusen See. Es ist aber allemal noch nicht so schlimm, wie über den Atlantik. Wir dösen und lesen während des Vormittags und essen mittags ein leckeres Thunfischsandwich. Dann springt mal wieder unsere Angel an und wir sehen noch ein paar Mal einen riesigen Schwertfisch mit unserem Köder durch die Luft springen. Spektakulär, aber natürlich viel zu viel für unsere Angel. Die Leine gibt irgendwann den Freiheitsbemühungen des Schwertfischs nach und reißt ab. Schon wieder ein Köder weniger. Unsere erfolgreichen blauen Dorado-Catcher sind damit leider alle verbraucht. Als Nächstes setzen wir einen weiß-roten Cedar-Plug ein, der auch bereits nach einer Stunde einen Fisch anbeißen lässt. Vermutlich ein Barrakuda hat diesmal zugebissen und müht sich jetzt sich wieder zu befreien. Dabei bekommt er unvermutet Unterstützung von unserem Außenborderpropeller, der nämlich beim Herankurbeln unsere Angelleine einfach durchtrennt. Der Barrakuda verschwindet mitsamt Köder und unsere Angelleine schnellt nach oben und verfängt sich im Windgenerator. Doppelter Mist! Ich stoppe den Windgenerator, bevor der die gesamte Leine von der Angel wickelt und Axel gelingt es anschließend die Leine wieder aus dem Generator zu entwirren. Optimistisch wie wir sind, hängen wir einen neuen Köder an die Angel und hoffen auf erneutes Glück. Irgendwann muss ja mal was passendes anbeißen. Und tatsächlich, wenig später hat auch auf unseren nun verwendeten orange-grünen Tintenfischköder ein Fisch angebissen. Doch scheinbar ist es uns heute nicht vergönnt Fisch zum Abendessen zu bekommen. Auch der dritte Fisch reißt sich los, lässt uns jedoch freundlicherweise unseren Köder an der Leine. So vergeht der Nachmittag erstaunlich kurzweilig mit Angeln und wir funken mal wieder mit „Carina“ und „Yohela“. Die haben inzwischen auch Wind bekommen und sind uns nun hart auf den Fersen. Anschließend geht es mit dem Pacific Passage Net weiter. Aus den Positionsmeldungen der anderen Yachten erfahren wir, dass wir uns inzwischen mächtig an „Ravaine II“ angenähert haben. Nun sind uns allerdings erst einmal die Gegner ausgegangen. Das nächste Schiff ist „Anemos“, die sind jedoch knapp 900 sm von uns entfernt sind. Das dürfte wohl knapp werden mit dem Überholen. Wir essen schnell einen leckeren Salat, bevor auch Axel mit Günters Pacific Island Netz funken darf. Hello World pflügt derweil munter durch den Pazifik. Im Laufe des Tages ist sie immer schneller geworden und wir sind mit 7,5 bis 8,5 kn unterwegs. Bis 21 Uhr sitzen Axel und ich dann gemeinsam im Cockpit, kuscheln und tratschen, bevor wir mal wieder mit unserem üblichen Wachrhythmus starten.

Kritischer Blick nach oben – sehen Rigg und Segel noch gut aus?

Dienstag, 14. April 2009: Tag 7 auf dem Pazifik 192,6 sm

Während meiner heutigen Hundewache (so wird die Wache zwischen 0 und 3 Uhr traditionell genannt) stelle ich heute mal wieder die Bordzeit um. Nun liegen wir sieben Stunden hinter UTC oder ganze neun Stunden hinter MESZ. Das Schiff läuft gut und die Nachtwachen verlaufen so ziemlich ereignislos. Gegen 8 Uhr finden wir uns mal wieder im Cockpit zum Frühstück zusammen. Während Axel der frischen Ananas den Garaus macht, mümmel ich mal wieder ein wenig Müsli in mich hinein. Nach dem schönen Sonnenschein von gestern, herrscht heute mal wieder eine ziemlich dichte Bewölkung. Einerseits ist das zwar ganz angenehm, weil nicht so warm und sonnenbrandverdächtig, andererseits aber auch wieder mal ein ziemlich hässliches, deprimierendes Grau. Während wir schon überlegen, wann wir denn eigentlich mal wieder unseren Spinnaker setzen können, nimmt der Wind plötzlich wieder ordentlich zu. Kaum versehen wir uns und schon saust Hello World wieder mit 9,5 kn durch den Ozean. Also doch kein Spinnaker heute. Dafür reffen wir die Genua und das Groß lieber wieder ein Stück weg. Der Speed bleibt und zum Wind kommt auch noch Regen hinzu. Muss das eigentlich sein? Auch die zweite Überlegung, ob wir bei der Geschwindigkeit nicht lieber die Angel einholen sollen, wird durch das Ausrauschen der Angelleine abgekürzt. Da hat wohl mal wieder was angebissen. Allerdings ist es gar nicht so einfach das Schiff zum langsamer Fahren zu überreden. Weniger als 4,5 kn ist selbst unter gerefftem Groß und geborgener Genua nicht drin. Der gefangene Fisch ist außerdem mal wieder scheinbar ein wahrer Prachtbursche. Er ist so groß und kräftig, dass er mühelos unsere Angelleine abspult, obwohl die Bremse belegt ist und Axel versucht die Leine mit zwei behandschuhten Händen festzuhalten. Keine Chance. Am Ende hat der Fisch innerhalb von fünf Minuten die 200 m Leine abgespult und der Knoten am Ende knallt laut weg, Adieu Köder, Goodbye Leine. Mist! Wir setzen wieder die Genua und stellen die Segel ein, damit es weiter in Rauschefahrt über den Pazifik gehen kann. Ich checke lieber noch mal in unserer Angelkiste, wie viele verbleibende Köder wir eigentlich noch haben. Zum Glück finden sich noch ein paar und auch noch ein paar hundert Meter Leine. Für heute bleibt die Angel jedoch erst einmal im Trockenen. Gegen 10 Uhr nimmt der Wind wieder ein wenig ab und wir können wieder Vollzeug fahren. Der Wetterbericht zeigt, dass wir für die nächsten Tage mit schönem Segelwind rechnen können. Allerdings auch mit lästigem Schwell von 2-3 m Höhe. Außerdem gibt es zum ersten Mal in unserem Seglerleben eine Vulkanwarnung in unserem Wetterbericht. Auf der Isla Fernandina ist der Vulkan ausgebrochen und verteilt munter seine Asche. Schade, dass hätten wir ja schon gerne mal von See aus gesehen. Allerdings hätten wir wohl weniger gerne die Asche bei uns an Deck gehabt. Auf jeden Fall wird gewarnt nicht zu nahe dort lang zu fahren, weil die Sicht ziemlich eingeschränkt ist. Der Tag vergeht wie so oft mit Herumdösen und Lesen. Dabei werden wir allerdings ziemlich vom heftigen Regen gestört. Insgesamt ist es dadurch kein wirklich spaßiger Tag auf See. Auch das Funken am Nachmittag macht heute nicht wirklich Spaß. Wir können „Carina“ kaum und „Yohelah“ gar nicht hören. Auch der Check-in in das Pazifik Passage Net unterbleibt aufgrund der miesen Funkbedingungen. Das Einzige was ich verstehe, ist die Position von „Ravaine II“, die wir anscheinend inzwischen überholt haben. Mit Günter klappt es da schon etwas besser. Abends bleibt die Küche kalt und es gibt nur ein wenig Krautsalat. Bei dem herrschenden Geschaukle ist es einfach zu mühselig zu kochen. Wenigstens lässt gegen Abend der Regen nach und wir brauchen nicht mehr mit Regenzeug im Cockpit sitzen. Doch der Wind bleibt weiterhin stark und sorgt für kühle Temperaturen. Da kommen nach langer Zeit sogar mal wieder die lange Segelhose und die Fleecejacke raus! Wir nehmen schließlich kurz vor Dunkelheit die Genua weg und reffen das Groß noch ein Stück weiter für die Nacht. So werden wir zwar einen halben Knoten langsamer, aber es segelt und schläft sich vor allen Dingen ein wenig angenehmer.

Mittwoch, 15. April 2009: Tag 8 auf dem Pazifik 206,0 sm

Der Wind hat sich während Nacht zum Glück wieder etwas beruhigt und ist nicht mehr ganz so böig. So verlaufen unsere Nachtwachen entsprechend ruhig und wir sind morgens einigermaßen ausgeruht. Zum Frühstück gibt es heute mal Omelett mit Tomate, Speck, Frühlingszwiebel und Käse. Sehr lecker und genau das Richtige an einem schönen Morgen auf See. Wir setzen wieder die Genua und reffen das Groß ein Stück aus. Hello World rast nur so, was das Zeug hält. Fast immer sehen wir die 9 auf unserer Logge und selbst eine 10 zeigt sich ab und an mal. Das Geschaukle hält sich dabei heute auch einigermaßen in Grenzen und die Sonne wärmt uns auch ein wenig. Nach dem Frühstück schreibe ich mal wieder Logbuch und ein paar Emails. Ansonsten ist mal wieder Lesen angesagt. Ich habe mich derweil von Vince Flynn und „Die Entscheidung“ auf David L. Lindsay und „Abgründig“ durchgearbeitet, während Axel noch immer in der „Nacht über den Wassern“ weilt. Bei einem geschätzten „Verbrauch“ von einem Buch alle zwei Tage, müssen wir eine ganz schön umfangreiche Bibliothek mit uns führen. Zum Glück gibt es jedoch immer die Möglichkeit mit anderen Seglern Bücher zu Tauschen, so dass man nie lange ohne Nachschub ist. Im Laufe des Tages steigert sich unsere Bootsgeschwindigkeit doch tatsächlich trotz des leicht nachlassenden Windes. Grund dafür ist wohl der Südäquatorialstrom, der uns mit bis zu 2 kn in die richtige Richtung puscht. Sehr angenehm, vor allem weil unser Ankunftszeitpunkt auf den Marquesas dadurch deutlich nach vorne rutscht. Mittags gibt es eine kleine Käseplatte mit Crackern. Ist zwar nicht die gesündeste Ernährung, aber dafür halt schnell gemacht. So richtig zum Kochen verleitet uns der herrschende Schwell und Seegang nämlich immer noch nicht. Wir üblich vertrödeln wir auch den Nachmittag mit Lesen, Dösen und Emails schreiben. Dann ist es auch schon wieder Zeit für die alltäglichen Funkrunden. Zuerst funke ich mit „Carina“ und „Yohelah“. Die Funkverbindung ist heute super gut und ich kann mich mit Leslie und Rob unterhalten, als ob sie direkt neben mir stehen würden. Dann geht es weiter mit dem Pacific Passage Net. Ich mache ein paar Relays und erfahre, dass sich ein weiterer Schwung Yachten heute auf den Weg in Richtung Marquesas aufgemacht hat. Außerdem meldet sich eine Yacht, die wir wohl ohne es zu wissen in der Nacht recht nah passiert haben müssen. Vor uns tun sich dafür leider keine neuen „Gegner“ auf, die wir überholen könnten. „Anemos“ ist einfach zu weit weg für uns. Denen müssten wir jeden Tag etwa 100 Seemeilen abnehmen. Nicht wirklich wahrscheinlich, dass wir so etwas schaffen könnten. Nachdem auch Axel sich eine Weile mit Günter unterhalten hat, gibt es abends griechische Leckereien. Ich habe Tzaziki gemacht und dazu gibt es Toast und gefüllte Weinblätter. Auf Sirtaki und Ouzo verzichten wir dagegen lieber, auch wenn unser Käpt’n Blaubär beides eigentlich in unserem abendlichen Bordentertainmentprogramm festgehalten hat. Gegen 21 Uhr verschwinde ich daher mal wieder in der Koje, während Axel es sich im feucht-kalten Cockpit gemütlich macht.

Hello World rauscht über den Pazifik

Donnerstag, 16. April 2009: Tag 9 auf dem Pazifik 195,5 sm

Eigentlich hätte die Nacht schön ruhig verlaufen können. Hello World rauscht ruhig unter gerefften Segeln dahin und der Mond bescheint die See noch schön hell. Doch gegen 1.15 Uhr entscheidet sich unser Autopilot uns mal wieder einen Streich zu spielen. Er geht einfach sang und klanglos in den Standby Modus und lässt Hello World in den Wind schießen. Bei ausgebaumter Genua und Wind mit 20 kn nicht gerade ein Spaß. Bevor ich reagieren kann, steht die Genua auch schon back und das Groß schlägt wie wild hin und her. Zum Glück gelingt es mir Hello World wieder auf Kurs zu bringen, ohne dass etwas dabei kaputt geht. Auf diese Weise haben wir immerhin schon zwei Mal unsere Spinnakerbeschlag eingebüßt. Warum der Autopilot einfach in den Standby Modus geht, werden wir wohl nie erfahren. Alles, was auszutauschen geht, haben wir inzwischen ausgetauscht. Und trotzdem passiert es nach tausenden Meilen einfach mal eben wieder. Komische Sache. Vorsichtshalber bergen wir die Genua schließlich lieber und hoffen, dass der Autopilot von nun an genug Mucken gemacht hat. Der Rest der Nacht verläuft ruhig und wir sind am Morgen bereit für neue Schandtaten. Zum Frühstück gibt es heute mal Pfannkuchen. Danach wird wie üblich gelesen und gedöst. Mittags geht es dann kulinarisch mit Käsehäppchen weiter, abgelöst am Nachmittag durch ein leckeres Eis (Erdbeer, Vanille und Schokolade) mit Schokosauce. Abends erwartet uns dann eine große Enttäuschung. Das aufgetaute Gulasch entpuppt sich doch tatsächlich als Chili con Carne. Macht aber eigentlich nichts, denn es schmeckt natürlich genauso gut. Hello World saust während der ganzen Zeit munter durchs Wasser. Wir funken abends wie üblich, erfahren aber auch nichts Neues von unseren Mitreisenden. Keine neuen Gegner haben sich vor uns aufgetan. Das nächste Schiff ist immer noch Anemos, an die wir uns langsam rantasten. Es sind aber immer noch über 800 sm Abstand, die wir wohl nicht in der verbleibenden Zeit mehr aufholen können. Abends reffen wir die Segel wieder ein kleines Stückchen weg. Erstaunlicherweise wird nachts nämlich der Wind immer stärker. Außerdem sieht man die fiesen Squalls schlechter kommen. Ich gehe schließlich um 21 Uhr wie gewohnt in die Koje, während Axel die erste Wache hält.

Purer Luxus – Eis mitten auf dem Pazifik

Freitag, 17. April 2009: Tag 10 auf dem Pazifik 178,1 sm

Zum Glück verlaufen unsere heutigen Wachen mal wieder ohne jegliche Vorkommnisse. Seit dem Vorfall mit dem Autopiloten verzichte ich jedoch auf die kurzweilige Unterhaltung vom MP3-Player. Ich will lieber schnell reagieren können, sobald ich höre, dass der Autopilot nicht mehr arbeitet. So ist es etwas langweilig und ich döse die meiste Zeit vor mich hin. Morgens gibt es heute erst spät Frühstück, da Axel es bis 9 Uhr in der Koje aushält. Heute gibt es mal wieder Brot bzw. Müsli und aus irgendeinem Grunde ein Frühstücksei. Anschließend begebe ich mich in die Küche und bereite Teig für Pita Brot zu. Der landet nach dem Kneten erst einmal im Kühlschrank, denn er soll erst morgen zum Einsatz kommen. Anschließend wird noch ein wenig frisches Baguette gebacken. So vergeht der Vormittag recht schnell und das Baguette ist gerade rechtzeitig zum Bergfest fertig. Wir haben die Hälfte von 3.150 Seemeilen heute hinter uns gebracht und gönnen uns zur Feier des Tages ein kühles Weizenbier. Dazu gibt es Baguette und den letzten Salat. Während wir noch mit Kauen beschäftigt sind, sehen wir erst auf dem AIS, dann auch in Natura einen Frachter am Horizont. Er passiert uns in nicht einmal 10 sm Entfernung und befindet sich auf dem Weg nach Chile. Schon spannend, wenn man merkt dass man doch nicht ganz alleine auf dem Ozean unterwegs ist. Den Nachmittag verbringen wir mit dösen und lesen, bis es mal wieder Zeit zum Funken ist. Ich unterhalte mich kurz mit „Carina“ und „Yohelah“, dann geht es mit dem Pacific Passage Net weiter. Es sind leider immer noch keine weiteren Yachten zum Überholen in Sicht. Anschließend quatscht Axel mit Günter und erfährt, dass sich auch unsere Freunde von „Kestrel“ inzwischen auf den Weg gemacht haben. Sie fahren allerdings nicht wie wir zu den Marquesas, sondern wollen die weiter südlich gelegenen Gambiers anlaufen. Anschließend bereite ich mal wieder ein leckeres Abendessen zu. Heute gibt es Wiener Schnitzel mit Pommes. Das ist zwar ganz schön aufwendig an Bord zuzubereiten, aber auch ganz schön lecker. Ein Teil des Schnitzelbratens wird auch mal wieder zum Trocknen vorbereitet. So sollten wir bei Ankunft auf den Marquesas einen schönen Schinken haben. Das Wetter zeigt sich heute übrigens den ganzen Tag sehr schön. Wir haben strahlenden Sonnenschein und kaum eine Wolke. Dafür hat jedoch auch der Wind ordentlich nachgelassen, so dass wir heute wohl nicht wieder so ein gutes Etmal wie die letzten beiden Tage fahren werden. Egal, Hauptsache es geht voran. Nach dem Abendessen sitzen wir wie üblich noch zusammen im Cockpit, bevor ich gegen 21 Uhr mal wieder schlafen gehen darf. Die wachfreie Zeit wird bei uns übrigens „Schnorche“ genannt. Im Gegensatz zur „Wache“, wo man ja wach sein soll, darf man dabei nämlich ausgiebig Schnorchen.

Bergfest – das muss gefeiert werden

Samstag, 18. April 2009: Tag 11 auf dem Pazifik 184,2 sm

Auch heute haben wir mal wieder eine ruhige Nacht. Es passiert absolut nichts aufregendes. Nur der gute Mond geht leider immer später auf und macht sich ganz schön dünne. Morgens gegen 9 Uhr gibt es dann mal wieder Frühstück. Ach wie gut schmeckt doch so eine Tasse Kaffee nach einer nächtlichen Wache auf See! Den Vormittag verbringen wir wie üblich mit Lesen, Dösen und am Laptop. Schließlich wollen Emails geschrieben, Logbuchseiten aktualisiert und Blogeinträge vorbereitet werden. Mittags probiere ich dann meinen gestern zubereiteten Pita-Teig aus. Ich walze zunächst einen Fladen aus und backe ihn dann in der Pfanne. Dabei bepinsele ich ihn mit ein wenig Knoblauchöl und reiche das ganze dann schließlich zum Test ins Cockpit. Lecker! Der Nachmittag verläuft ähnlich wie der Vormittag. Das Wetter ist erfreulich sonnig und schön und Hello World frisst Meilen auf dem Weg zu den Marquesas. Nachmittags nehmen wir mal wieder an den üblichen Funkrunden, bevor wir zwecks Energiegewinnung unseren Generator für ein Stündchen einschalten. Normalerweise nimmt man das leise Gebrumme des Generators kaum war und braucht sich nur über die vollen Batterien zu freuen. Doch heute mufft es erst ein wenig komisch, dann kommen plötzlich schwarze Qualmwolken aus dem Auspuff. Auch du Schreck! Axel öffnet sofort den Motorraum und sieht überall nur Qualm. Natürlich stellen wir sofort den Generator wieder aus, um Schlimmeres zu verhindern. Was kann da nur wieder passiert sein? Wenn der Generator kaputt ginge, wäre das schon ziemlich schlecht. Strom können wir zwar auch mit der Hauptmaschine erzeugen, aber das dauert deutlich länger und verbraucht mehr Diesel. Axel guckt sich das Ganze in Ruhe an und entfernt nach ein paar Minuten den Luftfilter. Der ist völlig verrußt und dreckig, obwohl er beim letzten Ölwechsel und Check auf Galapagos noch total sauber war. Ansonsten können wir am Generator keinen weiteren Defekt finden und so schalten wir ihn nach einer halben Stunde Sucherei schließlich wieder an. Erstaunlicherweise läuft der Generator ohne Mucken und stößt auch keinen Qualm mehr aus. Komisch, was hatte er bloß? Wir grübeln und versuchen Ursachen auszuschließen. In der Generatorkapsel steht auch ein wenig Wasser. Ob er irgendwie ein blockiertes Abgassystem hatte? Ist irgendwie Kühlwasser und Abgas zurück gedrückt worden? Wenn ja haben wir wohl Glück gehabt, dass scheinbar nichts weiter dabei kaputt gegangen ist. Sobald wir auf den Marquesas sind, müssen wir uns unser Abgassystem wohl einmal genauer anschauen. Bis dahin sind wir froh, dass der Generator weiterhin funktioniert und keinen ernsten Schaden hat. Nach dem Schock essen wir dann erst einmal zu Abend. Aus dem Pita-Teig bereite ich Rollos mit Schafskäse, die ich ebenfalls in der Pfanne brate. Sehr lecker! Wer hätte gedacht, dass ich auf hoher See noch mal meine Experimentküche aufmache? Im Laufe des Abends lässt der Wind immer weiter nach, während die relativ hohen Wellen zurück bleiben. Hello World fängt dabei böse an hin und her zu schaukeln. Die Segel schlagen in jeder Welle und wir kommen nur noch mit 5-6 kn voran. Ich verkrieche mit um 21 Uhr in die Koje, kann jedoch aufgrund des Lärms und der Schaukelei nicht wirklich schlafen.

Sonntag, 19. April 2009: Tag 12 auf dem Pazifik 183,4 sm

Völlig gerädert übernehme ich um Mitternacht die Wache. Irgendwie schafft Axel es immer besser als ich einzuschlafen und so wecke ich ihn gegen 1.30 Uhr aus einer Tiefschlafphase. Das Schlagen der Segel ist immer schlimmer geworden, also will ich ein Stückchen von Groß und Genua weg reffen, damit die Lieken nicht so belastet werden. Außerdem probieren wir es mal mit einer Halse, doch auch auf dem anderen Bug wird es nicht besser. Die See ist so chaotisch, dass wir auch unseren Sollkurs nicht mehr halten können. Wir können entweder 245 oder 295 Grad fahren. Sollkurs wäre 260 Grad, aber das ist trotz des Ostwindes nicht möglich. Statt wieder schlafen zu gehen, schickt Axel mich ins Bett und übernimmt verfrüht seine Wache. Ich löse ihn dafür bereits um 4.30 Uhr ab. Irgendwie ist unser Wachwechsel etwas durcheinander geraten. Zur guter Letzt bekomme um 6.30 Uhr dann auch noch einen ordentlichen Regenschauer ab. Machen wir das Ganze hier wirklich freiwillig? Manchmal fragt man sich schon, ob Ostseesegeln nicht auch reichen würde. Erfreulicherweise bessern sich nach dem Regenschauer jedoch Wind und Wetter wieder etwas. Der Wind nimmt wieder zu und die Wellen lassen sich somit besser aussegeln. Das elendige Geklapper hört auch endlich auf und wir können in Ruhe Baguette und Brötchen frühstücken. Anschließend versuchen wir abwechselnd etwas Schlaf nachzuholen. Mittags bereite ich aus meinem restlichen Pitateig eine Pizza in der Pfanne zu. Das geht erstaunlich gut. Die Pizza wird sehr knusprig und ist innerhalb kürzester Zeit auf dem Tisch. Hello World fährt mit dem besseren Wind nun auch wieder ordentliche Geschwindigkeiten. Während ich im Cockpit sitze und lese, säubert Axel den Generator vom Russ und checkt noch einmal alles durch. Anschließend schnappt er sich die Bedienungsanleitung und findet heraus, dass genau die aufgetretenen Symptome anfallen, wenn der Motor aus irgendeinem Grunde in die falsche Richtung dreht. Dann werden Abgase eingesogen und durch den Luftfilter hinaus geblasen. So scheint es sich in unserem Fall wohl zugetragen zu haben. Den Grund für dieses Verhalten wissen wir natürlich immer noch nicht. Also schreiben wir einfach mal eine Email an Fischer Panda, um ein wenig Ursachenforschung zu betreiben. Nachmittags heißt es dann mal wieder Antreten zur fröhlichen Funkrunde. Wie jeden Sonntag bin ich mal wieder Net Controller und darf insgesamt die Positionen von 19 Yachten aufnehmen. Zum Abendessen gibt es aufgrund des opulenten Mittagessens schließlich nur noch ein wenig Käse und Brot. Ich schreibe anschließend noch ein wenig Logbuch, bevor es gegen 21 Uhr in die Koje geht. Zwei Stunden später werde ich von Axel geweckt, der unser stabilisiertes Fernglas im Schrank sucht. Er hat ein Licht am Horizont entdeckt und will nun wissen, wer sich mit uns auf dem Ozean herum treibt. Gemeinsam stellen wir fest, dass es sich wohl um einen Fischer auf Gegenkurs handelt. Die müssen ja ganz schön weit raus, um Fisch zu fangen. Nachdem wir den Fischer passiert haben, lege ich mich noch einmal kurz hin, bevor ich schließlich gegen Mitternacht wieder raus muss.

Pizza Wunderbar

Montag, 20. April 2009: Tag 13 auf dem Pazifik 189,5 sm

Der Rest der Nacht verläuft ruhig und ohne weitere Begegnungen. Hello World läuft wie auf Schienen. Sie lässt sich auch von den höher werdenden Wellen nicht stören. Der Wetterbericht hatte uns bereits Wellen mit bis zu 3,7 m Höhe angekündigt. Allerdings sind diese nicht sehr steil und kommen eher gemütlich daher. So hebt und senkt sich Hello World einfach immer mal um ein paar Meter. Ansonsten stellen wir in der Nacht mal wieder die Uhrzeit um. Nun sind wir ganze 8 Stunden hinter UTC und 10 Stunden hinter MESZ. Wenn wir gerade Frühstücken, wird in Deutschland schon fast das Abendessen eingenommen. Kurz vom Frühstück kommt dann nach langer Zeit mal wieder Besuch in Form einer Schule Delfine. Diesmal handelt es sich um ca. 100 Schlankdelfine (Pantropic Spotted Dolphins), die eine Weile um unseren Bug spielen, bevor sie wieder in den Weiten des Ozeans verschwinden. Die Hochseeart des Schlankdelfins ist übrigens etwas kleiner als ihre küstennahe lebenden Artverwandten. Wir schätzen die Tiere jedenfalls auf eine Größe deutlich unter zwei Metern. Es ist auf jeden Fall immer wieder schön, wenn man mitten auf See auf Leben trifft. Axel hat unerfreulicherweise ein wenig Probleme mit seinem Darm und daher gibt es für ihn heute ausnahmsweise mal Tee zum Frühstück. Außerdem bekommt er sicherheitshalber ein paar Antibiotika verpasst. Das Darmproblem ist leider altbekannt und tritt in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder auf. Um zu verhindern, dass es sich zu einem größeren Problem ausweitet, gehen wir lieber mit drastischen Mitteln vor. Ich darf mir dagegen endlich den in Galapagos gekauften Kaffee aufmachen. Der ist sehr lecker und schmeckt irgendwie ganz anders als der Kaffee aus Panama oder dem Hochland von Ecuador. Irgendwie samtiger, dabei sehr kräftig aber nicht zu stark. Galapagoskaffee wird überall auf den Galapagos Inseln und in Ecuador für viel Geld an Touristen verkauft. Für 250 g bezahlt man satte 10 bis 15 US-$. Wir haben in Galapagos jedoch erfreulicherweise ein Geschäft entdeckt, in dem es den Kaffee lose und mit einem Preis von 3,50 US-$ pro Pfund deutlich günstiger zu kaufen gibt. Der Vormittag verläuft wie immer ruhig, wir dösen und lesen so vor uns hin. Viel ist auch wirklich nicht zu machen. Die Segelstellung haben wir schon seit Tagen nicht mehr verändert. Axel bringt schließlich eine Handleine mit Köder aus. Bei der Geschwindigkeit von 8 kn wollen wir unsere Angel nicht ausbringen. Da würde eh wieder nur ein Fisch anbeißen, den wir dann nicht rein bekommen. Stattdessen nehmen wir eine dicke Leine mit Köder dran. Die können wir im Zweifelsfall auch bei voller Fahrt über die Winsch einholen. Allerdings beißt den ganzen Tag nicht ein Fisch darauf an, so dass wir uns zum Abendessen doch ein Stück Mahi Mahi aus der Tiefkühlbox holen müssen. Nachmittags funken wir wie üblich. Leider ist das Pacific Passage Net heute kaum zu hören. Wahrscheinlich sind wir inzwischen einfach zu weit weg. Günter hat dagegen eine kräftige Anlage und so können wir ihn gut aufnehmen. Heute gibt es übrigens mal wieder was zu Feiern. Wir haben 2/3 der Strecke hinter uns gebracht und weniger als 1.000 Seemeilen liegen noch vor uns. Es wird doch! Abends bereiten wir uns dann den Mahi Mahi mit Kartoffelpüree. Eigentlich sollte es auch noch eine leckere Maracujasauce dazu geben, doch die Sauce schwappt in einer Welle aus der Schüssel und verteilt sich in der Küche. Schade, wäre bestimmt lecker gewesen. Anschließend sitzen Axel und ich bis 21 Uhr gemeinsam im Cockpit und unterhalten uns mal wieder über Gott und die Welt. Über unseren Freund Wolfgang, der bald Opa wird und mit ziemlichen Schäden am Rigg in Sydney sitzt. Über Eva und Daniel, die sich mit ihrem Stahlkasko ein ganz schönes Abenteuer aufgehalst haben. Über Judith und Sönke, die mit geringen Mitteln ihren Plan ans andere Ende der Welt zu segeln so hervorragend umgesetzt haben und jetzt einfach weiter segeln. Über unsere neuen amerikanischen Freunde. Über das Wetter. Über gutes Essen und das es dazu bald auch mal wieder ein gutes Glas Wein geben kann. Über Langstreckensegelei und die damit verbundene Müdigkeit und Langeweile. Welches Buch als nächstes gelesen werden soll und ob der Wind wohl bis zu den Marquesas durchhält. Auch wenn wir nun schon fast 14 Tage nur uns selbst als Gesellschaft haben, wird es uns zum Glück miteinander nicht langweilig. Ich haue mich um 21 Uhr mal wieder aufs Ohr, während Axel wie gewohnt die erste Wache übernimmt. Viel Schlaf bekomme ich mal wieder nicht, denn kaum dass ich in der Koje liege, lässt der Wind nach und Hello World fängt in der übrig gebliebenen See mal wieder hemmungslos an zu Schaukeln. Die Segel klappern und scheppern und ich werde in meiner Koje hin und her geschupst.

Gesellschaft auf offener See

Dienstag, 21. April 2009: Tag 14 auf dem Pazifik 172,3 sm

Ziemlich müde trete ich um Mitternacht meine Wache an. Der leichte Wind und die blöde See sind weiterhin geblieben und so knallen alle paar Minuten Groß und Genua durch die Gegend. Außerdem fahren wir inzwischen mit 235° viel zu hoch. Eigentlich müssten wir 270° fahren, damit wir auf den Marquesas landen. Der Speed ist auch auf 6,5 kn runter und so ist die Nacht heute ziemlich deprimierend. Ich bin jedenfalls mächtig froh als Axel mich um 3 Uhr ablöst und falle trotz Lärm und Getöse in einen tiefen Schlaf. Um 6 Uhr darf ich pünktlich zum Sonnenaufgang wieder ins Cockpit. Die See hat sich freundlicherweise etwas beruhigt und in den nächsten Stunden dreht auch der Wind wieder einigermaßen auf SSE. So können wir zwar nicht genau, aber zu mindestens doch annähernd auf unser Ziel zuhalten. Wir haben uns inzwischen übrigens entschieden als erste Insel Fatu Hiva anzulaufen. Eigentlich müssten wir erst nach Hiva Oa zum Einklarieren, doch angeblich wird das auf Fatu Hiva erst ab Mai kontrolliert. Da Fatu Hiva sehr schön sein soll und von Hiva Oa aus gesehen gegen den Wind liegt, bietet es sich eigentlich an erst dort Halt zu machen. Sobald jedoch das Zollboot dort vor Anker liegt, ist dies nicht mehr ohne Bestrafung möglich. Wir vertrödeln den Tag mal wieder mit Lesen und Schlafen. Leider dreht der Wind im Laufe des Tages wieder zurück und wir fahren wieder in die falsche Richtung. Nach Tagen mit immer über 7 kn Speed sind wir nun auch wieder nur mit 6,5 kn unterwegs. Das kommt einem ganz schön langsam vor. Wir versuchen daher den Spi zu setzen, um ein wenig schneller zu werden. Das klappt allerdings nicht ganz so wie geplant, da wir die Schot mit unserer Reling vertüdeln. Da sich das Wirrwarr nicht ohne weiteres Lösen lässt, müssen wir den Spinnaker wieder bergen bzw. den Bergeschlauch über das Segel ziehen. Dabei bleibt dann dummerweise ein Haken an unserem Fallschirm hängen und reißt einen der Befestigungspunkte ab. Mist! Nach diesem vollen Misserfolg lassen wir es daher lieber für heute mit dem Spisegeln sein. Die See ist auch immer noch reichlich unruhig und so schlug der Spi ganz schön wilde hin und her. Wie üblich funken wir nachmittags mit Pacific Passage Net. Dabei haben wir nach langer Zeit mal wieder Kontakt mit Rob und Marjo von „Taremaro“. Die Beiden sind derzeit auf den Tuamotus und wir freuen uns unsere Freunde aus Bahia de Caraquez mal wieder zu hören. Anschließend relaxen wir noch ein wenig im Cockpit. Abends um 18 Uhr geht es dann mit Günters Pacific Island Net weiter. Seit gestern findet das Netz zwei Stunden später als gewöhnlich statt. Günter kommt damit den immer weiter nach Westen segelnden Yachten entgegen, da ansonsten der Zeitunterschied immer größer wird. Wir haben heute ausnahmsweise mal keine Lust zu kochen und so bleibt die Küche kalt. Lediglich ein paar Cracker mit Käse gibt es. Fehlt eigentlich nur das leckere Glas Wein dazu. Aber auf See gibt es bei uns halt prinzipiell nichts Alkoholisches. Tut der Leber ja auch mal ganz gut. Freundlicherweise nimmt abends der Wind wieder ein wenig zu und wir können etwas besser unser Ziel ansteuern. Immerhin 255-260° schaffen wir und sind auch wieder mit 7-8 kn unterwegs. Ich verabschiede mit um 21 Uhr mal wieder in die Koje, während Axel wachsam im Cockpit sitzen bleibt.

Mühsam, aber zwecklos – Versuch den Spinnaker zu setzen

Mittwoch, 22. April 2009: Tag 15 auf dem Pazifik 189,4 sm

Der Wind hält die Nacht über durch und so gestalten sich unsere Wachen und Schnorchen erfreulich ereignislos und ruhig. Gegen 4 Uhr werden die Wellen zwar etwas höher, doch das stört Hello World zum Glück wenig. Zum Frühstück gibt es neben Spiegelei auch einen kleinen Regenschauer, der unser Deck mal wieder von der lästigen Salzkruste befreit. Während ich mich anschließend unter Deck verziehe und an unserem Logbuch arbeite, bleibt Axel im inzwischen wieder sonnigen Cockpit und liest. Gegen Mittag begebe ich mich dann mal wieder in unsere Kombüse. Auf Wunsch des Skippers entsteht dort noch ein wenig Baguette für die nächsten Tage. Ich würde eigentlich auch gerne mal wieder Bagel machen, doch dafür schwankt es mir zu sehr. Schließlich will ich ja nicht riskieren, dass mir die Bagel mitten bei Kochen/Backen abhauen. Der Nachmittag verläuft ruhig, nur unterbrochen durch die tägliche Funkroutine. Allerdings sind sowohl das Pacific Passage Net als auch Günter heute nur sehr verrauscht zu hören. Abends gibt es ein wenig Thunfisch-Mais-Palmherzen Salat mit frischem Baguette dazu. Alles im allen ein ruhiger Tag. Die Marquesas rücken immer näher und nur der Kurs stimmt mal wieder nicht. Da müssen wir wohl an einem der nächsten Tage mal eine Halse fahren. Ich schlüpfe wie gewohnt um 21 Uhr in die Koje und Axel macht es sich mit dem MP3-Player im Cockpit gemütlich.

Wache?!

Donnerstag, 23. April 2009: Tag 16 auf dem Pazifik 167,4 sm

Wenn doch nur jede Nacht so ruhig verlaufen würde. Trotz der lästigen Wachen sind wir Beide am Morgen gut ausgeschlafen und genießen ein leckeres Frühstück im sonnigen Cockpit. Es gibt Frühstücksei, Baguette und Lachs. Was will man mehr, so mitten auf dem Pazifik? Anschließend bringen wir nach mehr als zwei Wochen segeln auf Steuerbordbug Hello World auf neuen Kurs und halsen auf Backbordbug. Dabei fällt unser Blick auch kurz aufs Heck und wir stellen fest, dass wir schon eine erstaunlich große Entenmuschelkolonie mit uns führen. Wie schaffen die Biester es nur sich bei den Geschwindigkeiten an einen glatt Rumpf zu heften? Schon irgendwie faszinierend. Aber natürlich auch lästig, denn die Viecher müssen auf jeden Fall schnellstmöglich abgekratzt werden. Hoffentlich haben sie sich auf unser Heck beschränkt. Wer weiß, wie ansonsten unser Rumpf aussieht. Ansonsten verbringen wir den Tag wie üblich mit Dösen, Lesen und Essen. Viel anderes gibt es auch wirklich nicht zu tun, oder es fehlt uns einfach die Muße dazu. So langsam wird es uns hier auf See ein wenig langweilig. Immer nur Lesen ist ja auch nix. Gerne würden wir ja mal wieder ein wenig durch die Gegend laufen, exotische Gerüche einatmen, Menschen sehen und wilde Tiere beobachten. Man glaubt auch nicht, wie sehr man sich auf ein Steak vom Grill, gute Gespräche mit Freunden oder auch mal wieder ein Glas Wein im Cockpit freut. Ganz davon abgesehen, dass es auch mal schön wäre mehr als drei Stunden am Stück schlafen zu können. Aber es ist ja hoffentlich nicht mehr lang. Und eigentlich sollten wir uns nun auch wirklich nicht beschweren. Wir sind ja eigentlich flott unterwegs und schaffen die Passage voraussichtlich in unter zwanzig Tagen. In den Cruising Guides und Handbüchern wird dagegen eine „normale Dauer“ von etwa dreißig bis vierzig Tagen angegeben. Puh, da sind wir doch froh, dass wir so ein schnelles Schiff haben. Besser schnell ankommen und dann die neue Gegend genießen, als zu lange auf dem Ozean rumzusegeln. Wie gewohnt funken wir nachmittags mal wieder ein wenig durch die Gegend. Leider können wir vom Pacific Passage Net nur noch sehr wenig verstehen, weil wir anscheinend zu weit weg von den anderen Yachten sind. Mit Günter klappt es dagegen wie gewohnt gut und so erfahren wir, dass unsere Freunde von der „Anemos“ heute wohl auf den Marquesas angekommen sein sollen. Abends gibt es heute dann endlich mal das Gulasch, welches wir eigentlich schon vor ein paar Tagen genießen wollten. Da es aus der Tiefkühlbox kommt und nur aufgewärmt werden muss, geht die Kocherei heute entsprechend schnell. Der Abwasch bleibt dafür heute mal stehen, denn mich plagen kräftige Kopfschmerzen. Axel schickt mich daher bereits um 19 Uhr in die Koje, damit ich pünktlich zu meiner Wache hoffentlich wieder fit bin.

Schönstes Passatsegeln

Freitag, 24. April 2009: Tag 17 auf dem Pazifik 177,4 sm

Das frühe Schlafengehen hat geholfen und so kann ich um Mitternacht fit meine Wache antreten. Viel passiert während der Nacht nicht, außer dass wir ziemlich von den quer laufenden Wellen hin und her geschüttelt werden. Aber an die Rollerei hat man sich inzwischen auch gewöhnt, so dass man das Ganze nicht mehr so schlimm wie am Anfang empfindet. Gegen 9 Uhr gibt es mal wieder Frühstück im Cockpit und wir reffen die Segel ein wenig aus. Für die Nacht rollen wir sie nämlich immer ein kleines Stück ein. So sind die Schiffsbewegungen nicht allzu heftig und wir schonen vor allen Dingen auch die Segel. So ganz trauen wir unseren Nähfertigkeiten nämlich doch nicht. Wird Zeit, dass wir die Dinger mal bei einem professionellen Segelmacher zum Überholen abgeben können. So eine 3000-Seemeilen-Strecke geht doch ganz schön aufs Material. Immerhin haben sich dabei aber unsere Schwimmnudel-Salingsschoner bewährt. Die Segellatten haben ganz schön tiefe Eindrücke in dem Schaumstoffmaterial hinterlassen und hätten sich ohne die Schwimmnudeln wohl schon durch die Lattentaschen durchgearbeitet. Allerdings hätten wir nicht nur die unteren beiden Salinge ummanteln, sondern auch noch die oberste Saling damit verkleiden sollen. Aber hinterher weiß man ja bekanntlich eh immer alles besser. Mittags bereiten wir uns heute mal die Reste vom gestrigen Gulasch. Schön mit ein paar Nudeln gestreckt, damit es auch für alle reicht. Dann widmen wir uns mal wieder unseren Büchern. Neben den üblichen Krimis (Axel „Schule des Schweigens“ von Jeffrey Deaver, ich „Das Buch der Toten“ von Jonathan Kellerman) werden dabei auch immer wieder unsere Cruising Guides und der Lonely Planet Guide für „Tahiti & French Polynesia“ hervorgeholt. Schließlich heißt es sich so langsam mit dem kommenden Landprogramm zu beschäftigen. Freundlicherweise bekommen wir dafür auch jede Menge Tipps von anderen Seglern. So wissen wir, dass wir auf Fatu Hiva unbedingt eine Wanderung zu einem etwa 60 m hohen Wasserfall machen müssen. Auch ein Besuch der Kirche wird unbedingt angeraten. Nicht unbedingt aus religiösen Gründen, sondern vielmehr wegen dem wunderschönen Gesang der polynesischen Kirchengemeinde. Exotische Namen wie Baie Hana moe noa, Tahuata, Hiva Oa oder Nuku Hiva schwirren uns durch die Köpfe. Und in Gedanken sehen wir uns schon vor den traumhaftesten Kulissen vor Anker liegen. Nachmittags funken wir dann mal wieder ein wenig. Während es im Pacific Passage Net nicht viel neues zu berichten gibt, hören wir bei Günter, dass unsere Freunde von der „Anemos“ vor Fatu Hiva vor Anker liegen. Na, da können wir uns ja auf ein Wiedersehen freuen. Außerdem schnackt Axel eine Weile mit Isolde von „Kestrel“ und erfährt, dass die Beiden ein paar Probleme mit dem Autopiloten hatten. Die Kohlebürsten waren fast vollständig weg gearbeitet. Als ob das ein gutes Stichwort wäre, meldet sich auch unser Autopilot mal wieder zu Wort. Stopdrive, Piep Piep und schon schießt Hello World in den Wind. Hmm, das kommt uns doch irgendwie bekannt vor. Hatten wir so was nicht schon mal mitten auf dem Atlantik? Damals hat es uns eine schlaflose Nacht gekostet den Motor vom Autopiloten auszutauschen. Doch diesmal sind wir natürlich schlauer und haben vor allem mehr Ersatzteile dabei. So dauert es nur eine Viertelstunde bis wir die völlig abgenutzten Kohlebürsten des Elektromotors gegen neue Exemplare ausgetauscht haben und unser Autopilot wieder funktioniert. Scheinbar muss man die Kohlebürsten einfach alle 6000 bis 8000 Seemeilen mal austauschen. Wäre nur schön, wenn so etwas auch mal in den Gebrauchsanweisungen drin stehen würde. Die Kohlebürsten hatten wir im letzten Jahr nur unter großem Aufwand überhaupt als Ersatzteil bekommen. Anfangs hieß es beim Hersteller sogar, dass unser Autopilotenmotor gar nicht über Kohlebürsten verfügen würden. Na egal, zum Glück haben wir die Dinger an Bord und brauchen so nicht den ganzen Motor auszutauschen. Nachdem wir das Problem somit erst einmal behoben haben, lehnen wir uns beruhigt zurück und genießen erst einmal ein wenig Käse, Salami und Oliven zum Abendessen. Der restliche Abend verläuft ruhig und ich verhole mich um 21 Uhr wie üblich in meine Koje. Anderthalb Stunden später werde ich dann allerdings wieder von Axel geweckt. Der Wind hat blöde gedreht und die Wellen werden immer unschöner. So halsen wir fix auf den anderen Buch und fahren nun wieder etwas ruhiger durch die Nacht. Den direkten Kurs auf Fatu Hiva können wir dabei allerdings auch wieder nicht anlegen. Es scheint so, als ob wir uns die letzten Meilen hart vor dem Wind erkreuzen müssten.

Links die abgenutzte Kohlebürste, rechts das neue Ersatzteil

Samstag, 25. April 2009: Tag 18 auf dem Pazifik 163,7 sm

Axel lässt mich freundlicherweise eine halbe Stunde länger schlafen und so trete ich erst um 00.30 Uhr meine Wache an. Hello World läuft ruhig ihre Bahn und ich lehne mich geruhsam im Cockpit zurück. Alle Viertelstunde einmal rundum blicken, dann wieder ein wenig sinnieren oder dösen. Das geht bis genau 2.45 Uhr gut, bis nämlich der Autopilot sich mit einem zweiten Fehler bemerkbar macht. Sang- und klanglos geht er einfach in den Standby Modus über und Hello World schießt in den Wind. Ich merke das Ganze zum Glück rechtzeitig und kann Hello World wieder auf Kurs bringen, bevor die ausgebaumte Genua back steht und der Spinnakerbaum eventuell zu viel Druck bekommt. Warum der Autopilot das macht? Keine Ahnung! Wer weiß, vielleicht will er uns ja einfach nur ärgern. Da wir bisher bei diesen Manövern keine weiteren Schäden produziert haben, fahren wir halt einfach mit einem etwas wachsameren Blick auf den Autopiloten weiter. Auf Fatu Hiva werden wir das Ganze dann wohl noch einmal etwas genauer betrachten. Der Rest der Nacht verläuft ansonsten ruhig und wir schleppen uns bei nachlassendem Wind durch den Ozean. Warum kommen einem die letzten Meilen eigentlich immer am längsten vor?! Obwohl man merkt bereits seit ein paar Tagen, dass wir uns Land nähern. Statt der üblichen Hochseevögel, wie Seeschwalben und Möven, sehen wir nun auch immer wieder mal ein Maskentölpel. Die haben wir seitdem wir ein paar hundert Seemeilen von den Galapagos Inseln entfernt waren, nicht mehr gesehen. Nach dem Frühstück wird mal wieder gelesen und Logbuch geschrieben. Ob wohl demnächst auch mal wieder ein paar Delfine vorbei kommen? Der Rest des Tages verläuft ruhig, bis auf ein paar gelegentliche Halsen. Irgendwie dreht der Wind immer genau in dem Moment, wenn wir gerade darauf hoffen nun endlich Fatu Hiva direkt anlaufen zu können. So segeln wir zwar munter durch den Ozean, kommen jedoch nur im Schneckentempo voran. Na ja, irgendwann werden wir wohl da sein. Obwohl, vielleicht haben wir uns ja auch völlig verfahren. So genau weiß man das ja nie, bevor nicht die Insel auch in Sicht kommt, oder? Abends genehmigen wir uns bei weiter nachlassendem Wind ein wenig Möhreneintopf. Die Segel fangen in den Wellen mächtig an zu schlagen und wir werfen so manch sorgenvollen Blick ins Rigg und die Segel. Das Material wird doch ganz schönen Belastungen ausgesetzt! Meine wachfreie Zeit verläuft entsprechend unruhig. Der Lärm hindert am Einschlafen und gehalst werden muss außerdem. Als wir schließlich nur noch mit 2,5 kn durch die Gegend dümpeln, hat Axel die Nase voll und schaltet gegen 23 Uhr den Motor an. Da haben wir nun wirklich keinen Bock drauf. Ich verschwinde noch mal kurz in die Koje und lasse mich vom Brummen einlullen.

So fängt fast jeder Tag auf dem Pazifik an

Sonntag, 26. April 2009: Tag 19 auf dem Pazifik – Fatu Hiva 94,7 sm

Bei ruhiger See übernehme ich um Mitternacht die Wache und lasse Hello World weiter Richtung Fatu Hiva brummen. Dabei wird heute mal wieder die Zeit umgestellt. Ganze 1 1/2 Stunden müssen wir diesmal die Uhr verstellen. So ist es statt Mitternacht plötzlich erst 22.30 Uhr. Gegen 0.30 Uhr neuer Zeit habe ich dann schließlich das Gefühl, dass der Wind wieder mehr geworden ist. Also wecke ich Axel und wir setzen mal wieder Segel. Mit immerhin 4-5 kn geht es anschließend voran, und wir können endlich auf die Südspitze von Fatu Hiva zuhalten. Die restlichen Wachen vergehen ereignislos und ich kann um 7.30 Uhr zum ersten Mal nach achtzehn Tagen Land am Horizont ausmachen. Mein Ruf „Land in Sicht“ weckt natürlich Axel, der sich das Ganze auch erst einmal begucken muss. Ganz schön groß, die Insel! Immerhin kann man sie auch 30 Meilen Entfernung schon ziemlich deutlich sehen. Allerdings dauert es noch eine ganze Weile, bis wir die Insel dann auch vom Nahen betrachten können. Der Wind bleibt uns bis zum Cap Teae erhalten und mitten im schönsten Surf beißt bei 8,5 kn Geschwindigkeit natürlich mal wieder ein Fisch an. Wie zuvor bei solchen Geschwindigkeiten, scheint der Fisch jedoch viel zu groß für unsere Angelausrüstung zu sein und so kann er sich nach wenigen Minuten wieder los reißen. Natürlich nicht ohne unseren Angelköder. Diesmal hat er einfach den Haken vom Vorfach aufgebogen. Tja, nun müssen wir definitiv irgendwo versuchen neue Köder nachzukaufen. Wir bergen im Windschatten von Fatu Hiva schließlich die Segel und motoren das kurze Stück bis zur Baie Hanavave. Dabei kommen wir auch am zweiten Ankerplatz der Insel Omoa vorbei. Der sieht allerdings gar nicht so paradiesisch aus. Scheinbar wird gerade an einem neuen Wellenbrecher gearbeitet, denn überall liegen große Betonblöcke herum und stehen Baufahrzeuge in der Gegend. Am Strand steht außerdem eine mächtige Brandung, so dass ein Anlanden dort wohl ziemlich schwierig sein dürfte. Wir fahren einfach weiter und bekommen noch ein wenig Begleitung von einem einzelnen Großen Tümmler. Er tummelt sich ein wenig am Bug und scheint uns den Weg in die Hanavave Bucht zu zeigen. Schöner Empfang! Weniger schön sind die plötzlich einsetzenden Fallböen, die uns plötzlich um die Ohren pfeifen. Mit satten 30-35 kn donnern sie aus den hohen Gipfeln auf uns herab. Aber dafür sind die Marquesas dummerweise bekannt und so treffen sie uns nicht unvorbereitet. Wir erreichen schließlich die Baie Hanavave, die auch unter dem Namen Baie des Vierges bekannt ist. Angeblich hieß die Bucht bei Ankunft der ersten europäischen Eroberer noch Baie des Verges, also Phallus-Bucht. Dies haben die Missionare dann aber doch lieber schnell in Jungfrauenbucht geändert. Ersterer Name scheint dabei durchaus richtiger zu sein, denn links und rechts der Bucht erheben sich große, phallusartige Steinsäulen. Eine Jungfrau ist hingegen weit und breit nicht zu entdecken. In der Bucht entdecken wir schon eine beachtliche Menge Yachten vor Anker. Unter anderem liegen dort unsere Freunde von der „Anemos“, „Chinook II“ und „Happy Spirits“. Wir kurven ein paar Mal durchs Ankerfeld bevor wir den Anker schließlich ein Stück neben „Anemos“ fallen lassen. Erfreulicherweise scheinen wir auf Anhieb guten Ankergrund entdeckt zu haben, den unser guter Bügelanker beißt sich richtig schön in den Grund ein. Das ist auch gut so, denn weiterhin heult der Wind uns gewaltig um die Ohren. Kaum vor Anker kommen dann auch schon die ersten Einheimischen vorbei. Zwei stämmige Polynesier und ein leicht pummeliges Mädchen fragen uns in einem Gemisch aus Englisch und Französisch nach Leinen und Zigaretten. Mit einem Stück Leine können wir dienen, Zigaretten haben wir nicht an Bord. Man verspricht am nächsten Tag mit Früchten zum Tausch wieder zu kommen und klappert schon das nächste Boot ab. Wir räumen erst einmal ein wenig das Schiff auf und gönnen uns dann den wohlverdienten Ankommenssekt. Wir haben es geschafft! Nach nur 18 Tagen, 4 Stunden und 10 Minuten haben wir das Paradies am anderen Ende des Ozeans erreicht. Ganze 3.117,6 Seemeilen haben wir dabei zurück gelegt, unsere bisher längste am Stück gesegelte Strecke. Und Hello World hat sich dabei wunderbar gezeigt. Nicht nur, dass wir viel schneller als gedacht gesegelt sind. Nein, wir hatten es auch noch komfortabel und sicher dabei. Unsere Sunbeam ist einfach das perfekte Langfahrtschiff! Auch wenn es manchmal Probleme mit irgendwelchen Zubehörteilen gibt (bei welchem Schiffstyp gibt es die eigentlich nicht?) würden wir uns kein anderes Schiff für diese Weltumsegelung wünschen. Davon abgesehen freuen wir uns natürlich auch über all die Komplimente und neidischen Blicke anderer Segler. Bisher hat uns jedenfalls auf jedem Ankerplatz noch jemand nach unserem tollen Schiff gefragt. Nach knapp drei Wochen ohne alkoholische Getränke schlägt der Sekt schnell an und wir sind innerhalb von einem Glas schön lustig angetüdelt. Also verschieben wie die Dinghy-Erkundungsfahrt lieber ein klein wenig nach hinten und ruhen uns lieber erst ein Weilchen aus. Gar keine schlechte Idee, denn im Laufe des Nachmittags lässt auch der Wind ein wenig nach. Als wir gegen 16 Uhr schließlich unser Dinghy klar machen, brauchen wir uns daher nicht mehr durch die lästigen Schaumkronen zu wühlen. Als erstes fahren wir bei Frank, Tanja, Joshua und Vincent von „Anemos“ vorbei. Die Vier sind bereits seit zwei Tagen hier und können uns so schon einmal die ersten Tipps geben. Zur Axels großer Freude bekommen wir außerdem ein frisch gebackenes Brot geschenkt. Weiter geht es zu Andy und Kathy von „Chinook II“ und John und Andy von „Happy Spirits“. Wir werden zu unserer tollen Überfahrtszeit beglückwünscht und gefragt, warum unser Rumpf eigentlich so wenig Bewuchs hat. Ihre Boote wären völlig mit grünen Algen bewuchert gewesen. Hmm, davon haben wir nun wirklich kaum etwas am Rumpf. Auch die Entenmuscheln halten sich in Grenzen. Lediglich am Heck sieht es etwas bewuchert aus. Vielleicht waren wir ja einfach zu schnell? Schließlich geht es wieder zu Hello World zurück, wo wir uns ein wahres Festessen zur Ankunft bereiten. Es gibt Hummer satt vom Grill. Mmmhhh, lecker!!! Alt werden wir heute allerdings nicht. Ich schlafe bereits kurz nach dem Essen im Cockpit ein und Axel hat alle Mühe mich in die richtige Koje zu verfrachten. So liegen wir also bereits vor 20 Uhr in unseren Kojen und freuen uns auf acht bis zehn Stunden Schlaf am Stück.

Traumhafter Ankerplatz in der Baie Hanavave

Montag, 27. April 2009: Baie Hanavave/Fatu Hiva 0 sm

Pünktlich um kurz vor 6 Uhr wache ich auf und will meine Wache antreten. Aber, Moment mal? Ich muss ja gar keine Wache mehr gehen! Nun ja, wenn ich schon mal wach bin, kann ich ja auch gleich auf bleiben. So sitze ich wenig später am Laptop und schreibe Logbuch. Außerdem wird die gute Canon klar gemacht, damit sie für den späteren Landausflug einsatzbereit ist. Abgewaschen muss auch noch werden und so ist es schnell 9 Uhr und auch Axel endlich wach. Wir frühstücken schön im Cockpit und genießen den Ausblick auf das satte Grün der Insel. Irgendwie kommt einem die Farbe Grün nach drei Wochen auf See doch irgendwie intensiver vor. Sie hat in dem blauen Einerlei einfach völlig gefehlt. Gegen 10.30 Uhr geht es dann mit dem Dinghy erstmalig an Land. Hinter einem kleine Wellenbrecher finden wir eine hohe Betonpier und machen Bubbles an einem der wenigen Poller fest. Auch wenn es draußen am Ankerplatz recht ruhig wirkte, steht hier am Strand und in dem kleinen Hafenbecken ein ordentlicher Schwell. Etwas fünf bis sechs Aluminiumboote liegen hier vertäut und scheppern fröhlich gegen die Steine und die Pier. Na, wenn das man gut geht. Kurz nach uns treffen Frank und Tanja mit Joshua und Vincent ein. Mit den Vieren haben wir uns nämlich heute zum fröhlichen Landgang verabredet. Zunächst geht es die Hauptstraße des Dorfes entlang, dann biegen wir nach links in eine Nebenstraße. Nach etwa zweihundert Metern erreichen wir das Haus vom Polizeichef. Der ist auch da und empfängt uns barbäuchig und mit einer selbstgedrehten Zigarette im Mund. Ob wir schon in Hiva Oa gewesen wären zum Einklarieren fragt er uns. Nein, waren wir noch nicht. Daraufhin reicht er uns ein kleines Notizbüchlein und bittet uns Schiffsnamen, Crewnamen und Passnummern aufzuschreiben. Machen wir doch gerne. Dann fragt er uns, ob wir ihm nicht bei der Installation eines Verstärkers in seinem Auto helfen könnten. Wir brauchen erst einmal eine ganze Weile, bis wir die Anfrage übersetzt haben und schauen uns dann frohen Mutes sein Auto an. Erst sechs Monate sei es alt und so sieht es auch aus. Allerdings fehlt uns allen dann doch leider die Kenntnis den gewünschten Verstärker einzubauen. Na, erklärt der Gendarm, sollten wir doch vielleicht einfach ein wenig Rum bei ihm vorbei bringen, damit er vergessen könnte, dass wir noch nicht auf Hiva Oa zum Einklarieren waren. Schöne Sitten! Wir haben keinen Rum dabei und machen uns erst einmal auf unseren weiteren Weg. Erst geht es noch einmal zur Pier ans Wasser hinunter. Dort treffen wir auf die beiden französischen Crews von „Torgel“ und „Graine d‘ Etoile“. Gemeinsam laufen wir durch das Dorf und immer weiter den Berg hinauf. Schließlich endet die planierte Straße und macht einem Feldweg Platz. Auch den laufen wir munter weiter, bis wir schließlich einen Flusslauf erreichen. Den überqueren wir und kühlen uns dabei ein wenig die Füße ab. Weiter geht es einen kleinen Weg nach links entlang und durch dichten Dschungel. Der Weg wird immer schwieriger zu begehen und schließlich müssen wir über Stock und Stein krabbeln. Doch die Mühe lohnt, denn am Ende des Weges erwartet uns ein 61 m hoher Wasserfall. Schnell sind die Klamotten vom Leib gerissen und wir in den kühlen Fluten. Wir schwimmen durch das kleine Bassin und lassen uns am Wasserfall die Fluten auf den Kopf prasseln. Herrlich! Anschließend gibt es einen kleinen Snack und ein wenig zu Trinken, bevor wir uns wieder auf den Rückweg machen. Der geht, da abwärts, zum Glück ein wenig leichter und schneller. So sind wir gegen 14 Uhr wieder zurück im Dorf und besteigen zügig unsere Schlauchboote in Richtung Schiff. An Bord gibt es eine kleine Verschnaufpause bevor wir uns um 17 Uhr wieder in Richtung Land begeben. Gemeinsam mit Tanja und den Jungs geht es zu einem kleinen, blauen Haus in der Mitte des Dorfes. Dort hat Tanja bereits am Vortag ein paar tolle Holzskulpturen entdeckt, die wir uns natürlich jetzt auch anschauen müssen. Wir bekommen einige Schalen und Figuren gezeigt, doch das Angebot ist im Vergleich zum gestrigen Tag deutlich geringer. Scheinbar sind schon ein paar andere Segler hier eingefallen. Wir entscheiden uns für eine hübsche Schale in Schildkrötenform und fangen an zu handeln. Statt der 25.000 CFP (die hiesige Währung Franc cours pacifique) wollen wir nämlich heute mal ein Tauschgeschäft machen. Das soll hier auf Fatu Hiva gut gehen und so haben wir einen Rucksack voll Sachen dabei. Doch die Verhandlungen ziehen sich ganz schön in die Länge. Die Dame des Hauses kann sich einfach nicht entscheiden. T-Shirts und Lesebrillen scheinen nicht ihr Interesse zu finden. Dagegen sind die Kugelschreiber und Murmeln scheinbar der Renner. Am Ende bekommen wir die Schildkröte im Tausch gegen zwei Duzend Schreiber, eine Sonnenbrille, einen Lippenstift und zwei Packungen Glasmurmeln. Damit sind wir alle mehr als zufrieden. Auch zwei riesige Tikis (geschnitzte Götterfiguren) würden durchaus unser Interesse finden. Doch die sind uns mit einem Preis von jeweils 2.500.000 CFP deutlich zu teuer. Wie viele Kugelschreiber wir dafür wohl tauschen müssten? Nachdem die Verhandlungen abgeschlossen sind, geht es auch gleich weiter. Für den Abend haben wir uns für ein traditionelles polynesisches Essen angemeldet. Im Hinterhof eines Hauses warten schon fünf weitere Segler auf uns. Wenig später werden wir mit Poisson crú, Hähnchen in Kokosnusssauce, Kochbanane und Reis verköstigt. Die Gruppe ist mit drei Italienern (Paolo, Enrico und Adriano – Namen wie aus einem italienischen Schlager – von „Malaika 5“), zwei Amis (Roger und Tobé von „La Palapa“), sowie den Halbnorwegern (Tanja, Frank, Joshua und Vincent, na klar von „Anemos“) schön bunt gemischt und wir unterhalten uns alle prächtig. Zum Abschluss ersteigern wir noch einen schönen geschnitzten Rochen, verzichten diesmal jedoch auf den Tauschhandel und zahlen lieber bar in Euro. Gegen 20 Uhr geht es schließlich gut gesättigt zurück zur Pier. Dort erwarten uns zu unserem großen Erstauen wilde Trommelklänge. Das halbe Dorf hat sich hier versammelt und übt Tänze und Gesänge für ein Festival ein. Wir schauen und hören eine Weile zu und lassen uns von den exotischen Klängen und Lauten verzaubern. Irgendwann geht es dann zurück zu Hello World, wo wir noch einen kleinen Absacker im Cockpit einnehmen. Es dauert jedoch nicht allzu lange und uns fallen die Augen zu. So liegen wir auch heute bereits wieder gegen 21 Uhr in unseren Koje.

Naturdusche

Dienstag, 28. April 2009: Baie Hanavave/Fatu Hiva 0 sm

Uih, ein wenig Muskelkater spürt man schon beim Aufstehen. Vielleicht hätten wir bei der Pazifikpassage doch öfter mal auf dem Vorschiff joggen gehen sollen? Egal, heute haben wir kein festes Programm und können uns so ganz langsam und vorsichtig durchs Schiff bewegen. Der erste Weg führt natürlich mal wieder ins Cockpit zum Frühstücken. Dabei überlegen wir, was wir am Tag eigentlich so anstellen wollen. Auf jeden Fall steht Einkaufen und Früchte tauschen auf dem Programm. Zuerst fülle ich aber mal wieder unsere große Wäschewanne mit Wasser und weiche darin einen Schwung dunkler Wäsche ein. Dann geht es mit dem Dinghy an Land. Wir haben mal wieder ein paar Tauschwaren dabei und hoffen, dass wir dafür ein paar der leckeren, superdicken Pampelmusen bekommen können. Zunächst einmal halten wir jedoch im einzigen Laden des Dorfes an. Hier erstehen wir ein paar Eier, sowie leckere französische Leberpastete. Gegenüber des Ladens sehen wir dann einen kleinen Jungen mit Baguettes herum stehen. Wir fragen ihn, wo es die denn wohl gibt und werden weiter die Straße entlang und nach rechts verwiesen. Beim Postamt werden wir schließlich fündig. Dort hat ein Pick-Up Truck gehalten und verteilt dicke Baguettestangen an die Bevölkerung. Dummerweise scheinen die Baguettes jedoch bereits alle vorverteilt zu sein, so dass wir uns mit ein wenig Weißbrot begnügen müssen. Weiter geht es zurück zur Hauptstraße und in Richtung der erst Besten Pampelmusenbäume. Bevor wir uns vitamintechnisch versorgen können, werden wir jedoch von der Verkäuferin des Ladens angehalten. Ob wir Interesse an Tapas hätten? Klar, haben wir immer. Tapas sind aus Baumrinde hergestellte Stoffe, die kunstvoll bemalt werden. Fatu Hiva ist eine der letzten Inseln französisch Polynesiens, auf denen Tapas überhaupt noch hergestellt werden. Die Produktion ist nämlich einigermaßen aufwendig. Nachdem man die Rinde vom Baum geschabt hat, muss sie vier Tage lang weich geklopft werden. Dann wird sie gekämmt und gewässert, bis sich schließlich ein einheitliches Material ergibt. Die aufgemalten Bilder werden mit der gleichen Farbe aufgetragen, die auch für Tatoos verwendet wird. Wir entdecken ein wundervolles Exemplar mit Schildkrötenmotiv und bekommen außerdem noch weitere Kunstgegenstände gezeigt. So dürfen wir uns Ketten aus Muscheln und beschnitzten Knochen anschauen. Ein kleiner Tikianhänger aus geschnitztem Muschelmaterial gefällt uns besonders und so verhandeln wir schließlich über zwei weitere Mitbringsel. Bei 100 Euro werden wir uns handelseinig und fragen auch gleich noch nach Pampelmusen. Die würden wir bei ihrem Schwiegervater Daniel bekommen. Der ist auch gleichzeitig Eigentümer des Ladens und geht wenig später mit uns zu seinem Haus. Dort hängen die dicken Pampelmusen in Massen von den Bäumen und wir bekommen sechs Pampelmusen, die in Form und Größe jedoch eher an Melonen erinnern. Außerdem gibt es noch eine Handvoll Limetten dazu. Dann geht es mal wieder ans Handeln. Wir packen unseren Rucksack aus und die Augen von Daniel fangen an zu Leuchten. Scheinbar braucht er dringend eine Lesebrille und wir haben genau seine Sehstärke mit im Gepäck. Außerdem finden noch ein paar Kugelschreiber und Angelhaken sein Interesse. Damit hat er seiner Meinung nach anscheinend aber den besseren Schnitt bei dem Tausch gemacht, denn zusätzlich zu dem Obst bietet er uns nun noch ein Stück „Chevre“ an. Dabei zeigt er auf seinen Arm und macht Sägegeräusche. Ah ja, scheinbar sollen wir noch eine Ziegenkeule bekommen. Warum nicht? Wir willigen ein und bekommen wenig später ein großes Stück gefrorenes Fleisch in die Hand gedrückt. Oha, etwas kleiner hatten wir es uns schon vorgestellt. Da die Keule für uns viel zu viel ist, halten wir daher auf dem Rückweg erst einmal bei „Anemos“ an und besorgen uns Essunterstützung. Zurück an Bord gibt es dann erst einmal ein wenig Pampelmuse, frisches Brot und Pastete zur Stärkung. Dann wird nach einem Rezept für Ziegenkeule gesucht. Das erweist sich allerdings als nicht ganz einfach. Kein einziges Rezept befindet sich in meiner umfangreichen Datenbank. Da muss ich mir wohl was Eigenes einfallen lassen. Vielleicht irgendwie mediterran, mit Kräutern und Olivenöl? Oder tropisch, mit Zitrusfrüchten oder Kokosmilch? Oder auch eine Kombination aus beidem? Als Beilage bereite ich jedenfalls schon mal ein wenig Tzatziki. Gurken sind unser einziges verbliebenes Gemüse an Bord und bevor auch sie schlecht werden, müssen sie dringend verarbeitet werden. Allerdings geht dafür auch mein letzter Naturjoghurt drauf. Da Joghurt in der Südsee Mangelware ist, habe ich mir in Deutschland ein paar Pakete Joghurtstarter und ein Joghurtbereiter gekauft. Beides kommt nun erstmalig zum Einsatz. Ich koche einen Liter Milch, warte, dass er auf 42°C abkühlt und impfe die Milch dann mit einem Ferment. Nun muss das Ganze nur noch ein paar Stunden ruhen und in den Kühlschrank, dann sollte unser Bordjoghurt eigentlich fertig sein. Schauen wir mal, was daraus wird. Axel ist derweil draußen fleißig. Er macht sich mit dem Schrubber endlich daran die paar Entenmuscheln und den grünen Bart an unserem Heck zu beseitigen. Dabei findet er hübsch um unseren Kiel gewickelt auch den Angelköder, den wir am Anfang unserer Fahrt verloren hatten. Mit in dem Knäuel aus Angelhaken und Leine steckt allerdings auch eine etwa Wäscheleinendicke Schnur mit einem riesigen Haken dran. Da haben wir wohl auch ein Stück Langleine mit uns durch den Pazifik geschleppt. Was uns das wohl an Knoten Fahrt gekosten hat 😉 Gemeinsam bearbeiten wir im Anschluss unsere Wäsche weiter. Nachdem sie ordentlich eingeweicht worden ist, wringen wir sie aus, spülen sie im Anschluss mit Frischwasser durch und hängen sie auf dem Vorschiff zum Trocknen auf. Dann heißt es endlich „Ran an die Ziege“. Ich mixe eine leckere Sauce aus Zitronensaft, Orangensaft, Paprikapulver, zerstoßenem Koriander, Pfeffer, Honig und Olivenöl. Die Ziegenkeule befreie ich von Haut und Sehnen. Axel holt derweil die Säge raus und zerteilt die riesige Keule in zwei Teile. Irgendwie fehlt uns doch tatsächlich der entsprechend große Bräter an Bord. Ich reibe die Teile mit groben Meersalz und frisch gemahlenem Pfeffer ein und brate sie anschließend in Olivenöl in der Pfanne an. Dann wird das Ganze in eine Auflaufform gelegt und mit der Sauce übergossen. Die nächsten zwei Stunden schmurgelt unser Zicklein fröhlich im Ofen vor sich hin und wird dabei ab und zu mit Rotwein und Bratensauce bepinselt. Als Beilagen bereite ich schließlich noch grüne Bohnen und Bratkartoffeln. Klingt eigentlich wie ein verspätetes Ostermenü. Das Tzatziki bleibt dagegen lieber im Kühlschrank stehen und wird einfach am nächsten Tag gegessen. Um 19 Uhr kommen schließlich Tanja und Frank zum Abendessen vorbei. Die Jungs haben sie diesmal zu Hause gelassen. Wir schneiden erwartungsvoll die Ziegenkeule an und sind erfreulich überrascht über unser Kochergebnis. Die Ziege schmeckt zum Glück überhaupt nicht nach Ziege (also nicht recht streng) und wir schmausen die eine Hälfte der Keule in uns hinein. Zum Abschluss gibt es noch eine Portion Eis und wir lehnen uns alle gut gesättigt im Cockpit zurück. Unser heutiges Tauschgeschäft hat sich wirklich richtig gelohnt. Anfangs waren wir ja doch etwas skeptisch, da unsere einzige Ziegenerfahrung auf gegrillter Ziege in Afrika beruhte. Die war damals doch recht zäh und schmeckte so, wie Ziege riecht. Ziemlich streng und nicht wirklich genießbar. Nun müssen wir unser Urteil über Ziege wohl revidieren. Aber die Ziegen hier – wir können sie vom Ankerplatz aus über die Felsen klettern sehen – bekommen wohl auch etwas schmackhaftere Nahrung als ihre Verwandten in Afrika. Nachdem uns Tanja und Frank schließlich gegen 22 Uhr wieder verlassen, packen wir nur noch müde die Sachen weg und fallen recht schnell in unsere Kojen.

Lecker – die getauschte Ziegenkeule

Mittwoch, 29. April 2009: Baie Hanavave/Fatu Hiva 0 sm

Nach dem langen Abend schaffen wir es heute mal nicht vor 8 Uhr aus den Federn. Dann beginnt der Tag wie üblich mit einem leckeren Frühstück im Cockpit. Im Anschluss daran heißt es erst einmal den stehen gebliebenen Abwasch zu erledigen. Das nimmt doch eine ganze Weile in Anspruch. Man sollte so aufwendige Gerichte vielleicht doch lieber nur machen, wenn man einen Geschirrspüler in der Nähe hat. Während ich dann erneut die gestern nicht ganz trocken gewordene Wäsche aufhänge, macht Axel sich an eine Inspektion von Motor und Generator. Alles sieht zufriedenstellend aus und er kann sich wenig später um die Reparatur unseres Ofens begeben. Der kardanisch aufgehängte Herd wird je nach Belieben mit einem Stift fixiert oder schwingend eingestellt. Den Stift hatte ich am Anfang unserer Pazifiküberquerung beim Fixieren abgebrochen und Axel versucht ihn nun wieder zusammen zu kleben. Ich bearbeite in der Zwischenzeit unseren Herd mal wieder ordentlich mit Putzmittel. Nach einer halben Stunde glänzt er wieder wie neu, muss allerdings immer noch auf den Stift verzichten. Die Reparatur mit Epoxykleber hat nämlich leider nicht gehalten. Da müssen wir uns wohl noch was anderes einfallen lassen. Derart arbeitsam vergeht der Vormittag wie im Fluge und wir denken mal wieder hungrig über Mittagessen nach. Spontan backe ich ein paar Pita-Fladenbrote und serviere sie gefüllt mit Tatziki und in dünne Scheiben geschnittenem Ziegenfleisch. Gar nicht so übel. Den Nachmittag verbringen wir dann etwas geruhsamer mit Lesen im Cockpit. Man soll es mit der Arbeit ja auch nicht übertreiben. Ich fange mit „Der Dieb der süßen Dinge“ von Andrea Camilleri einen neuen Krimi an, während Axel mal wieder „French for Cruisers“ nach nützlichen französischen Phrasen durchpflügt. Zwischendurch räumen wir auch noch ein wenig unser Schiff auf, denn morgen soll es weiter in Richtung Hiva Oa gehen. Schließlich wollen wir es nicht übertreiben und endlich offiziell in Französisch Polynesien einklarieren. Außerdem soll es dort am Ankerplatz eine drahtlose Internetverbindung geben und wir sind natürlich einigermaßen daran interessiert mal wieder Emails abzuholen, unsere Webseite zu aktualisieren und im Internet zu surfen.

„Wenn bei Capri die rote Sonne…“ – ach nee, dass war wohl woanders…

Donnerstag, 30. April 2009: Baie Hanavave/Fatu Hiva – Atuona/Hiva Oa 45,6 sm

Heute heißt es mal wieder früh aufstehen. Wir kochen schnell Kaffee und klaren das Schiff auf, so dass bereits um 7.45 Uhr der Anker auf geht. Grund für die Hektik ist, dass wir möglichst zeitig in Hiva Oa sein wollen, damit wir dort eventuell noch einklarieren können. Unter Motor geht es zunächst aus der Bucht hinaus. Wenig später setzen wir Segel und freuen uns über den tollen Halbwinder. Allerdings nur für ganze 15 Minuten. Dann dreht der Wind in einem Squall dermaßen schnell, dass wir plötzlich mit back stehender Genua da stehen. Na, so was! Und dann pustet er auch gleich mit 25 kn los. Das ist ja gar nicht nett. Wir versuchen erst noch zu kreuzen, doch der Wind dreht wie er lustig ist und wir packen schließlich die Segel ein. Wenig später ist der Wind dann plötzlich ganz weg und wir motoren mal wieder über eine spiegelglatte See. Das sah im Wetterbericht eigentlich besser aus, aber wir sind es ja gewohnt bei guten Vorhersagen zu motoren. Trotz einem Biss gelingt es uns auf der Fahrt auch mal wieder nicht einen Fisch zu fangen. Dabei ist doch jetzt wieder unser guter blauer Doradocatcher im Einsatz. Dafür bekommen wir ein wenig Begleitung von Delfinen, die sich wieder sehr malerisch um unseren Bug drängeln. Gegen 14.45 Uhr erreichen wir schließlich die Baie Tahauku in der sich hinter einem Wellenbrecher der Hafen von Atuona befindet. Wir gehen in dem dichten Ankerfeld vor Anker und machen diesmal nicht nur unseren Bug- sondern auch den Heckanker klar. Die Bucht ist recht klein und es gibt zu wenig Raum für die Boote zum Schwingen. Ein paar bekannte Yachten sind natürlich auch wieder da. Bei Marianne von „Gallivant“ können wir uns direkt ein paar Tipps bezüglich Einkaufen und Einklarieren abholen. So ziehen wir wenig später erst mit dem Dinghy und dann weiter zu Fuß los. Wir laufen ein scheinbar endlos langes Stück an der Straße entlang und erreichen einer halben Stunde endlich das Örtchen Atuona. Atuona ist der Hauptort auf Hiva Oa und mit knapp 1.500 Einwohnern gar nicht so klein. Hier holen wir erst einmal ein wenig einheimisches Geld am Automaten. Dann geht es weiter zur Gendarmerie. Die haben zwar geöffnet, arbeiten aber heute nicht mehr! Wir sollen zum Check-in doch bitte am Montag wiederkommen. Morgen sei Feiertag und am Wochenende würde nicht gearbeitet. Wir dürfen natürlich trotzdem schon auf der Insel rum laufen, dass sei kein Problem. Man sieht das mit dem Einchecken hier scheinbar ziemlich locker. So laufen wir einfach weiter die Hauptstraße des Dorfes entlang und schauen in jeden Laden hinein. Dabei wandern dank des neu erstandenen Geldes gleich ein paar Lebensmittel in unseren Einkaufsbeutel. Vor allen Dingen ein wenig frisches Gemüse und Salat fehlen uns an Bord. Gegen 17 Uhr machen wir uns schließlich wieder auf den Rückweg zum Hafen. Der Weg ist erstaunlicherweise voll beladen nicht kürzer und wir sind froh, als uns auf halber Strecke ein Auto den Rest des Weges mitnimmt. Zurück an Bord wärmen wir uns dann nur ein wenig Hühnerfrikassee aus der Tiefkühlabteilung auf. Zum Kochen sind wir heute einfach zu kaputt. Anschließend sitzen wir wie immer noch eine Weile im Cockpit und freuen uns über die kühle Brise, die uns umweht. Da wir vor Heckanker liegen, kommt der Wind nicht wie üblich von vorne, sondern wird hier einmal direkt ins Cockpit geweht. Dabei bringt er einen angenehmen Blütenduft mit sich und ist außerdem erfrischend kühl. Er kommt wohl aus den relativ hohen Bergen herunter geweht. Gegen 21 Uhr fallen wir dann schließlich mal wieder hundemüde in unsere Kojen.

Vor Anker in der Baie Tahauku, dem Hafen von Atuona