Nachdem wir in Brest angekommen sind, heißt es geduldig zu sein. Wir warten! Nicht nur auf den richtigen Wind, sondern auch auf das richtige Wellenbild. Passender Wind in der Biskaya für mindestens drei Tage und möglichst wenig Schwell. Der kann nämlich, wie wir bereits bei der Überfahrt von L‘Aberwrach nach Brest festgestellt haben, durchaus aus einer gänzlich anderen Richtung kommen und in der Höhe überhaupt nicht zum vorhandenen Wind passen. Bedingt wird dies durch Windsysteme im Nordatlantik, die ihre 3-4 m Wellenberge dann in die Biskaya schicken. Wir möchten, auch wenn dass erst einmal unsinnig klingt, gerne über die Biskaya motorsegeln. Wir brauchen also leichte Winde mit 3 Windstärken und möglichst wenig Schwell mit maximal 1-2 m Höhe, gerne mit einer sehr niedrigen Frequenz.
Warum wir motorsegeln wollen?! Wegen den Orcas. Seit ein paar Jahren haben es sich die Orcas zwischen Gibraltar und der Biskaya leider zur Angewohnheit gemacht, Segelyachten anzugreifen und die Ruderblätter anzuknabber. Sie tun dies natürlich nicht böswillig oder so, aber sie können natürlich damit trotzdem für viel Ärger und im Zweifelsfall auch einen Seenotfall sorgen. Das Verhalten der Orcas wird wissenschaftlich gut untersucht und es gibt entsprechende Verhaltensregeln die empfohlen werden. In den letzten Wochen haben wir die entsprechenden Plattformen beobachtet, sind verschiedenen WhatsApp, Telegram und Facebook Gruppen beigetreten und haben uns unsere Meinung gebildet. Eine Zero-Risk-Strategie gibt es für die Biskaya eigentlich nicht. Die Empfehlung in Tiefen < 20 m zu Segeln, lässt sich aufgrund des Schwells und des Küstenverlaufs nicht sicher einhalten, da es zwar dort keine Orcas, aber dafür andere Gefahren gibt. Die Biskaya auszusegeln entfällt damit leider auch als Plan, da wir damit definitiv durch diverse Orca-Gewässer müssten. Der direkte Weg birgt ebenfalls das Risiko angegriffen zu werden, aber aus unserer Sicht doch ein etwas geringeres Risiko. Orcas jagen in einem Tiefenschema von 25-350 m Tiefe. Flachere und tiefere Gebiete sind damit relativ sicher. Aber halt nur relativ, da in Gebieten mit 1000 m Tiefe natürlich auch ein Orca zwischen 25 und 350 m schwimmen und jagen kann. Gegenden, in denen viel Fisch, insbesondere Thunfisch zu erwarten ist, sind zu vermeiden. Viel Thun = hohes Orca-Risiko. Der Thunfisch scheint sich dabei gerne an steilen Unterwasserhängen oder Unterwasserbergen aufzuhalten. Diese gilt es also ebenfalls damit zu meiden. Mit Blick auf Wetterbedingungen, Schwelleinflüssen, Unterwasserformationen etc. scheint uns die direkte Strecke von Brest nach a Coruña tatsächlich der sicherste Weg zu sein. Wir sind größtenteils in sehr tiefen Bereiche. > 500 m unterwegs, wir passieren den Unterwasserhang, der quer durch die Biskaya läuft relativ schnell und wir befinden und in der Nähe der kommerziellen Schifffahrtsrouten, d.h. haben auch in der Mitte der Biskaya die Möglcihkeit Hilfe anzufragen. Um das Risiko weiter zu minimieren wollen wir zusätzlich motoren, da erstens Motoryachten deutlich seltener angegriffen werden und zweitens man bei einem Angriff schneller die Flucht ergreifen soll, was aktuelle die empfohlene Strategie bei Orca-Angriffe. ist. Viel zu bedenken und so ganz wohl ist uns bei der Passage nicht! Ansonsten beginnt unser erster Tag in Brest recht ereignislos. Es regnet und weht, kein Wetter für große Ausflüge. Ich verbringe den Tag mit Heißlüfter in meinem kleinen Büro. Axel räumt dies und jenes auf und geht einkaufen. Abends gönnen wir uns eine leckere Pizza im Il Castello am Hafen und verbringen den restlichen Abend wie gewohnt im Cockpit.
Es wird frisch! Nachts wird es richtig frisch! Am Morgen zeigt unser Thermometer nur 13° C. Zeit, die Heizung anzuwerfen. Während Deutschland immer noch hochsommerliche Temperaturen verzeichnet, sind wir irgendwie falsch abgebogen. Wir wollten doch wärmere Gefilde und nicht frösteln! Immerhin, die Sonne scheint und heizt unseren Wintergarten schnell auf. Den Rest übernimmt die Heizung. Während ich nach dem Frühstück ins Büro verschwinde, kann Axel den Tag ruhig angehen lassen. Nebenbei läuft mal wieder die Waschmaschine. Bordalltag halt. Zur Mittagspause satteln wir die Räder und fahren in die andere Marina, die Marina du Moulin. Dort gibt es einige Schiffsausrüster und wir bekommen heiß ersehnte Materialien für die nächsten Bootsprojekte. Axel will unsere Warmwasserleitung zur Dusche modifizieren. Da der Warmwasserboiler im Backbordrumpf achtern verbaut ist, braucht es nämlich eine gefühlte Ewigkeit, bis das warme Wasser im Steuerbord vorne in der Dusche ankommt. Es wird extrem viel Wasser verplempert! Soll natürlich nicht und daher möchte Axel das kalte Wasser umleiten und wieder in den Tank füllen. Außerdem können wir endlich eine Fernbedienung für unseren Autopiloten bestellen. Man kann den Autopiloten zwar auch per App über das Smartphone bedienen, aber das erscheint uns aus verschiedenen Gründen nicht optimal. Am Ende ist ein Smartphone nicht so robust wie eine Fernbedienung und auch im Ersatz deutlich teurer. Davon abgesehen brauche ich mein iPhone und iPad definitiv zum Arbeiten. Wäre blöd, wenn sie durch einen Wasserschaden kaputt gehen würden. Zurück an Bord bleibt nur eine kurze Verschnaufpause. Um 15 Uhr wird Axel zu Shoppen abgeholt. Der örtliche Carrefour bietet nämlich einen kostenlosen Fahrservice zum Einkaufen an, den wir angesichts des hügeligen Weges zum nächsten Supermarkt gerne nutzen. Ich verschwinde derweil wieder im Büro und tauche erst wieder auf, als Axel voll beladen am Tor zum Steg steht. Proviant für die nächsten Tage und für die Biskayaüberquerung wandern an Bord. Insbesondere froh sind wir, dass wir die schweren Dinge, wie Getränke und Katzenfutter nicht per Rucksack oder Hackenporsche transportieren müssen. Aber auch die leichten, aber sperrigen Toilettenpapierpackungen sind so viel einfacher nachgebunkert. Zum Feierabend genießen wir heute mal einen schönen Aperol Spritz im Frontcockpit. Im Anschluss gibt es gegrillten Lachs auf asiatischem Gemüse und einen netten Abend im Wintergarten. Wetter für die Biskaya-Überquerung gibt es nach wie vor erst einmal nicht. Aber in Brest können wir es definitiv auch noch ein paar Tage aushalten!
Für heute haben wir – schlau wie wir sind (denken wir) – den Timer für die Heizung gestellt. Feiner Gedanke, funktioniert aber dummerweise nicht. Die Heizung springt kurz an und geht sofort wieder aus. Mist! Also doch frösteln beim Aufstehen. Leichtes tröpfeln vom Regen an Deck und ein grauer Himmel beim Blick nach draußen machen es auch nicht besser. Nichtmal Lucky zeigt sich wie sonst fröhlich miauend in Erwartung seines Frühstücks. Der Wetterbericht aus dem Radion von NRD2 passt leider auch so gar nicht. Sonne und 30 Grad? Weit und breit nicht in Sicht. Während Axel halb verschlafen und im Bademantel versucht die Heizung in Gang zu bringen, trinke ich erst einmal einen leckeren Kaffee. Lucky taucht dann doch noch auf und schließlich gibt es für uns alle Frühstück im Cockpit. Immerhin, das Ei gelingt perfekt und schmeckt. So langsam wird die Welt wieder positiver. Axel deckt den Fehler der Heizung auf und es wird warm an Bord. Ich begebe mich ein wenig ins Büro und mittags gibt es Jacobsmuscheln mit Reis. Dann kommt doch noch die Sonne und am Nachmittag kommt unser Freund Jens mit der Marieke in Brest an. Geht doch! Abend gibt es leckeren Brokkoli-Salat und anschließend einen Rundgang durch den Hafen. Just another day in paradise…
Endlich Wochenende! Frühmorgens werden wir von dem benachbarten Tauchboot geweckt, die rappelnd dutzende Tauchflaschen über den Steg karren. Kaum ist alles vor dem Boot aufgereiht, fängt es prasselnd an zu regnen. Bei uns springt die Heizung heute ohne zu mucken an und wir sind froh, dass wir weder Tauchen, noch Segeln müssen, sondern gut gewärmt und trocken im Salon frühstücken können. Axel hat nachgelesen, dass die Heizung ruhig nach Einbau erst mal zwei Stunden laufen soll. Da müssen wir dann heute wohl mal durch. Gegen 10 Uhr kommt Jens vorbei und holt Axel zum Basteln ab. Er hat Probleme mit seinem Landstrom und möchte dies natürlich gerne so schnell wie möglich reparieren. Bei Elektro ist Axel in seinem Element, also erst einmal glücklich beschäftigt. Das Problem ist dann auch schnell gefunden und behoben, so dass Axel und ich uns auf Landgang begeben können. Beim gestrigen Radfahren war mir nämlich ein Laden aufgefallen, der durchaus vielversprechend aussah. Und dem statten wir heute einen Besuch ab. Roi de Bretagne bietet so ziemlich alles, was das Feinschmeckerherz begehrt. Von Pasteten, über Öle, Gewürze, Spirituosen, Wein & Champagener – selten haben wir eine solch umfangreiche Auswahl gesehen. Natürlich wandert das eine oder andere Stück in unseren Einkaufskorb. Die zahlreichen supernetten Dekoartikel müssen wir leider links liegen lassen. Kein Platz an Bord! Hätten wir die Mühle noch, wären wir hier sicherlich deutlich schwerer bepackt rausgegangen. Zurück an Bord hat sich das Wetter zum Glück wieder deutlich verbessert und Axel macht sich mit Jens gemeinsam per Fahrrad auf den Weg zum Schiffsausrüster. Unsere Fernbedienung für den Autopiloten ist da und kann abgeholt werden. Ich schnappe mir derweil den Hochdruckreiniger und kärchere endlich einmal das gesamte Boot von oben bis unten ordentlich ab. Erschreckend, was da für ein Dreck runterkommt! Am Ende blitzt und blinkt La Ola in strahlendhellem Weiß und man braucht eine Sonnenbrille, um nicht geblendet zu werden. Abends genießen wir heute mal mit Jens zusammen Burger vom Bordgrill und selbstgemachten Pommes von Jens. Sehr lecker! Der Abend vergeht wie gewohnt im Fluge.
Der Sonntag bringt Wetter zum Abgewöhnen. Regen, Wind, grau und kalt. Da klingt der Wetterbericht von NDR2 für Norddeutschland irgendwie zynisch – sommerlich und schön soll es sein. Aber wir sind ja freiwillig hier und machen daher das Beste draus. Schön ausschlafen, Heizung an, warm Duschen und Frühstück mit Ei. Geht doch! Waschmaschine an und Geschirr abwaschen. Dann nur noch mal eben die Fernbedienung für den Autopiloten angeschlossen. Mal eben?! Diese Redewendung sollte an Bord gestrichen werden!!! Mal eben geht nämlich meistens schief. Axel verbindet die Antenne von der Fernbedienung mit unserem Navi-System und dann geht gar nichts mehr. Kein GPS, kein Ruderlagengeber, nix. Wildes Gefluche folgt und die hektische Suche nach dem Fehler. Zum Glück findet Axel schnell heraus, dass der Plotter alle Quellen „vergessen“ hat und muss diese nur neu hinterlegen. Schon funktionert es wieder. Nochmal Glück gehabt. Zum Mittag genehmigen wir uns ein wenig Baguette mit Thunfisch und Sardinen aus der Dose. Auch mal lecker. Dann wird geruht, gelesen und Seewetter geschaut. Das richtige Wetterfenster taucht leider immer noch nicht auf. Im Nordatlantik weht es mächtig und über der Biskaya drehen die Winde munter hin und her, mal mehr, mal weniger stark. Dabei variiert die Vorhersage zwischen den einzelnen Modellen recht stark. Vielleicht also doch die Biskaya aussegeln? Wir wissen es einfach nicht. Aber Geduld ist irgendwie immer noch nicht so unser Ding. Uns so wechselt unsere Gemütslage bzw. die Törnplanung mehrfach täglich. Als es am Nachmittag ein wenig aufklart, machen wir einen kleinen Spaziergang zum Ende der Außenmole und lassen uns den kräftigen Wind um die Nasen blasen. Zurück an Bord geht es geruhsam weiter und abends kochen wir ein leckeres Chili con Carne und schauen nach langer Zeit mal wieder einen Film. Den hätten wir uns allerdings auch sparen können. King Kong war einfach nur schlecht gemacht…
Die neue Woche startet erneut grau. Aber immerhin ist es wieder ein wenig wärmer geworden und es regnet nicht. Also raus aus den Federn und losgelegt. Bei so viel Enthusiasmus am Montagmorgen lässt sich auch die Sonne nicht lumpen und schaut durch die Wolken hindurch auf uns runter. Wobei, außer Kaffeetrinken im Cockpit haben wir ja noch gar nicht viel gemacht. Während ich irgendwann ins Büro verschwinde, vertreibt sich Axel heute den Tag mit Bootsprojekten. Mehr oder minder langweiliger Bordalltag also. Nach Feierabend machen wir uns gemeinsam auf den Weg in die Innenstadt und gehen bei Carrefour City ein paar Kleinigkeiten einkaufen. Zum Abendessen kommt Jens von der Marieke vorbei, ausgerüstet mit Patatas Bravas, die wir um Avocado-Mojo, Falafel und Raita ergänzen. Später stößt noch Andreas vom Katamaran Rosa zu uns und wir verbringen einen unterhaltsamen Abend miteinander.
Das Wetter will nicht so wirklich besser werden. Auch heute startete es wieder grau und bleibt leider auch so. Kein Problem, ich habe zahlreiche Termine zu absolvieren und sitze daher die meiste Zeit des Tages unter Deck. Axel vertreibt sich die Zeit im Salon und geht am Nachmittag mal wieder zum Großeinkauf per Carrefour-Taxi unsere Bordvorräte aufstocken. Der Wetterbericht für die Biskaya verspricht auch nicht viel Besserung. Es wird wohl noch ein paar Tage bei Brest bleiben. Hinzu kommt die Nachricht, dass eine 40 Fuß Segelyacht gerade auf dem Weg von Brest nach A Coruna von Orcas angegriffen wurde. Zum Glück ohne großen Schaden, aber trotzdem finden wir die Nachricht nicht sehr beruhigend. Am Abend probieren wir heue mal Galettes selber zu kochen und finden durchaus Gefallen daran. Jens bekommt ebenfalls einen Happen ab und wir schnacken mal wieder die üblichen Themen durch, bis es Zeit wird in die Kojen zu gehen.
Der nächste Morgen beginnt etwas freundlicher, wenn auch weiterhin recht frisch. Nur gut, dass wir die Heizung eingebaut haben. Die bollert morgens automatisch los und lediglich Lucky kann sich mit dem Gebrumme und warmen Gepuste noch nich so wirklich anfreunden. Ich begebe mich auch heute wieder ins Büro und kann ordentlich was wegarbeiten. Schlechtes Wetter hat auf jeden Fall auch positive Seiten im Hinblick auf den Arbeitseinsatz. Immerhin lässt sich so der Segelspaß ganz gut finanzieren. Axel ist derweil an Bord und im Hafen umtriebig und verbessert weitere Kleinigkeiten auf La Ola. Das Mittagsessen fällt heute mal aus, dafür kommt am Abend Besuch aus Deutschland an Bord. Bernd und Susanne sind mit dem Kreuzfahrtschiff Vasco da Gama heute früh in Brest eingelaufen und schaffen es kurz bei uns vorbei zu schauen, bevor es am Abend für sie weitergeht. So erfahren wir mal wieder Neuigkeiten aus der Heimat und freuen uns, dass es mit dem Treffen geklappt hat.
Irgendwie geht es nicht so recht voran! Das Wetter kann sich nicht entscheiden und wir sind ebensowenig entscheidungsfreudig. So kann es nicht weitergehen. Statt auf perfektes Wetter zu warten, wollen wir nicht weiter untätig rumsitzen. Also beschließen wir, die Zeit lieber zu genießen und einfach die nähere Umgebung zu erkunden. Als ersten Stopp haben wir uns Morgat rausgesucht. Dort sind wir bei unserer damaligen Tour über den Landweg gewesen und haben eine Grottentour gemacht. Wir haben den Ort uín guter Erinnerung und die Marina hat einen Platz für uns frei oder wir Ankern mal wieder. Allerdings geht es erst morgen los, denn heute regnet es mal wieder. Und bei Regen legen wir nicht ab. Punkt! Zum Glück gibt es aber auch heute die eine oder andere Regenpause und wir können einen kurzen Ausflug in die City machen. Zurück an Bord widme ich mich ein wenig der Büroarbeit. Axel macht Siesta und räumt auf. Abends gehen wir mal wieder an Land zum Essen. Im Le Crabe Marteau hat man sich auf Krebs, Hummer und Languste spezialisiert und wir sind glücklich mit einer Auswahl an Austern, Krebs und Langoustinos. Leckere Saucen und frische Kartoffeln als Beilage ergänzen das fulminate Mahl. Satt und zufrieden geht es an Bord zurück, wo es im geheizten Salon noch einen Absacker gibt, bevor es mal wieder in die Kojen geht.